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# taz.de -- Ukrainische Militärstrategie: Imageschaden auf der Krim
> Nach Angriffen erleidet Russland militärische Verluste und verliert an
> Ansehen. Bilder sollen beweisen, dass der Chef der Schwarzmeerflotte noch
> lebt.
Bild: Die Schwarzmeerflotte ist trotz der vermehrten ukrainischen Drohnenangrif…
Es sind vor allem strategische Infrastrukturen auf der Krim, auf die die
ukrainische Armee in den vergangenen Wochen gezielt hat: Flugplätze und
Schiffe, von denen aus die ukrainischen Getreidefrachter beschossen werden
– und [1][am Freitag dann das in Sewastopol gelegene Hauptquartier der
Schwarzmeerflotte], die zu den Seestreitkräften Russlands gehört. Dabei
soll auch der Flottenchef Viktor Sokolow getötet worden sein.
Laut Militärexperten wurden diese Angriffe durch die zunehmende Schwächung
des russischen Luftabwehrsystems möglich. Bereits im Sommer 2022 ließ die
Ukraine die ersten Drohnen über der 2014 von Russland annektierten
Halbinsel fliegen. Eine von ihnen landete auf dem Dach des Hauptquartiers
der Schwarzmeerflotte – damals noch ohne Sprengstoff an Bord. Es ist nur
eines von vielen Beispielen, die zeigen, dass der ukrainische Geheimdienst
in den vergangenen eineinhalb Jahren die Schwachstellen der russischen
Armee erkundet hat, um sich auf Angriffe vorzubereiten.
Ein weiterer Beleg dafür ist ein Video, das den Einschlag einer
ukrainischen Rakete am Kap Tarkhankut, im Nordwesten der Krim, zeigt. Das
Video wurde von einer Drohne aufgenommen, die das Gelände, auf dem ein
[2][S-400-Raketen-System] installiert ist, zuvor ausspioniert hatte. Im
Video zielt die ukrainische Drohne auf das russische Luftabwehrsystem, dann
schießt sie und fliegt danach ganz in Ruhe zurück.
Für Russland bedeutet jeder erfolgreiche ukrainische Angriff auf die Krim
nicht nur einen militärischen, sondern auch einen Reputationsverlust. Die
ganze Welt schaut zu, wie ein Land, das seit den Annexion der Krim im Jahr
2014 keine eigene Seestreitkräfte mehr hat, die Schwarzmeerflotte
vernichtet. Deshalb muss der Kreml nun erst recht reagieren.
Das abgeschossene S-400-System war zuvor auf den von Japan beanspruchten
Kurileninseln stationiert. Russland hatte es von dort abtransportiert und
auf die Krim verlegt. Der neuen Bedrohungslage durch die vermehrten
ukrainischen Luftangriffe wird Russland vermutlich nun begegnen, indem es
so viele Luftabwehrsysteme wie möglich auf der Halbinsel stationiert.
## Admiral Viktor Sokolow soll auch unter den Opfern sein
Trotz der vermehrten Angriffe auch auf die Schwarzmeerflotte ist diese
durchweg weiterhin kampfbereit geblieben. Experten gehen davon aus, dass
sie in der Lage ist, weiterhin mit Kalibr-Raketen das ukrainische
Territorium sowie ukrainische Schiffe im Schwarzen Meer anzugreifen.
Beim Angriff der ukrainischen Armee auf die Schwarzmeerflotte am Freitag
sollen 34 russische Offiziere getötet worden sein. Unter ihnen war nach
Angaben der ukrainischen Spezialkräfte auch Admiral [3][Viktor Sokolow],
der Befehlshaber der russischen Flotte.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte am Dienstag vor Journalisten, er habe
„keine Informationen“ zum Gesundheitszustand des Kommandeurs, und verwies
für Fragen an das Verteidigungsministerium. Das veröffentlichte kurz darauf
Bilder und Videos, die Sokolow bei einer von Verteidigungsminister Sergei
Schoigu geleiteten Sitzung zeigen sollen. Allerdings ist Sokolow lediglich
als angeblich online zugeschalteter Teilnehmer auf einer schräg hinter
Schoigu angebrachten Leinwand zu sehen. Die Ukraine will ihre Informationen
nun noch einmal überprüfen.
Sollte der Tod von Sokolow bestätigt werden, wäre dies der höchstrangige
russische Offizier, der im Ukrainekrieg seit Februar 2022 getötet wurde.
Aber selbst das hätte keine großen Folgen: Moskau würde einfach einen neuen
Kommandeur ernennen.
## Die ukrainische Armee muss die Stadt Melitopol befreien
Russland wird nun sein Luftabwehrsystem auf der Krim umstrukturieren und
verstärken. Die Ukraine wird nach neuen Verteidigungslücken suchen. Das
braucht Zeit.
Der Start einer ukrainischen Bodenoffensive auf der Krim wird erst denkbar
sein, wenn die ukrainische Armee die Stadt Melitopol in der Südukraine
befreit hat – eine Stadt von strategischer Bedeutung, von wo aus Straßen
und Schienen zur Halbinsel Krim führen. Deshalb muss das ukrainische
Militär in den kommenden Wochen in Richtung Melitopol vorrücken. Sonst
riskiert es, bis zum Frühjahr keine weiteren Geländegewinne zu machen.
[4][Sobald es im Herbst vermehrt regnet], werden weder Russland noch die
Ukraine in der Lage sein, schweres Gerät einzusetzen, denn das bliebe im
Schlamm stecken. Auch die Soldaten in den Schützengräben stünden knietief
im Wasser. Dann muss die Bodenoffensive bis zum Winter ausgesetzt werden,
und der Krieg wird zum Stellungskrieg. Im Winter werden Soldaten auf beiden
Seiten Unterkühlung erleiden und letztlich sterben – das wird die größte
Ursache von Verlusten sowohl der ukrainischen als auch der russischen Armee
im Winter sein.
Die Ziele der Ukraine auf der Krim bleiben in jedem Fall unverändert: Sie
will das Asowsche Meer erreichen, den russischen Landkorridor zur Krim
abschneiden und die Krim-Brücke zerstören, um so die Zugangswege für das
russische Militär auf der Halbinsel zu blockieren. Alles mit dem Ziel,
Russland von der Krim zu verdrängen.
Russlands Ziel ist es, die Kontrolle über die eroberten ukrainischen
Gebiete zu behalten, mindestens bis die [5][Präsidentschaftswahlen in
Russland im Jahr 2024] vorbei sind. Wenn Wladimir Putin im März
wiedergewählt wird, sollte es dann möglich sein, noch einmal im ganzen Land
groß zu mobilisieren, ohne damit potenzielle Wähler zu verschrecken.
Letztendlich hofft der Kreml, dann im Sommer – oder spätestens im Herbst
2024 – den Angriffskrieg in der Ukraine zu gewinnen.
Der Autor stammt von der Krim und schreibt unter Pseudonym. Er lebt im
Exil.
Aus dem Russischen Gemma Terés Arilla
26 Sep 2023
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## AUTOREN
Dmitri Vysotkin
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