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# taz.de -- Zyklus-Apps im Test: Intimer Einblick mit Mängeln
> Eine neue Auswertung zeigt: Viele Zyklus-Apps haben deutliche Defizite
> beim Datenschutz. Das ist mehr als ein Schönheitsfehler.
Bild: Zyklus-Apps sind praktisch, sammeln aber intime Daten
Berlin taz | Apps, mit denen sich der Menstruationszyklus tracken,
mutmaßlich fruchtbare Tage oder der Eisprung bestimmen lassen, weisen
häufig deutliche Defizite beim Datenschutz auf. Das ist das Ergebnis einer
aktuellen Untersuchung der Stiftung Warentest.
Die Informationen, die Zyklus-Apps erheben, zählen zu den Gesundheitsdaten,
die besonders sensibel und laut der Datenschutzgrundverordnung der EU auch
besonders schützenswert sind. Neben den bereits erwähnten Informationen
können Nutzende unter anderem auch körperliche oder psychische Beschwerden
eingeben und verwendete Verhütungsmittel hinterlegen.
Aus den Daten lassen sich beispielsweise Informationen über vergangene oder
bestehende Schwangerschaften und deren Ausgang auslesen. Besonders in den
USA sind diese Apps daher in den Fokus geraten: Ihre Daten können auch
Auskunft über Schwangerschaftsabbrüche geben. [1][Das kann gerade in
Bundesstaaten mit restriktiver Gesetzgebung kompromittierend sein], wenn
Strafverfolgungsbehörden sich Zugriff auf das Smartphone oder die Server
der Anbieter verschaffen.
[2][Die Stiftung Warentest hat aktuell 12 Apps für Android-Telefone
untersucht und 9 in ihrer Version für Apples iOS]. Einige der Apps sind
kostenfrei, andere kosten bis zu 80 Euro im Jahr. Getestet wurde zum einen
die Funktionalität – also ob die Apps zuverlässig die mutmaßlich
fruchtbaren und unfruchtbaren Tage erkennen. Schon dabei fiel ein Teil der
Programme durch. Darunter etwa solche, die mit starren Abständen arbeiten –
als hätte die Nutzende genau alle 28 Tage ihre Menstruation.
## Schweigsame Anbieter
Zum anderen war der Schutz persönlicher Daten Teil des Tests. Auch hier ist
das Ergebnis durchwachsen: 3 der Apps erreichten beim Punkt Datenschutz nur
die Note „Mangelhaft“. Häufige Defizite: Die Apps erlaubten zu einfach
erratbare Passwörter und zu viele Anmeldeversuche, manche fragen
Informationen ab, die für das Zyklus-Tracking nicht unbedingt notwendig
sind, zum Beispiel nach dem Fitness-Ziel oder zu Änderungswünschen im
Hinblick auf das Sexualleben.
[3][Gemeinsam mit der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) untersuchte
die Stiftung Warentest auch], ob die App-Anbieter ihren Auskunftspflichten
nachkommen. Denn die Datenschutz-Grundverordnung verpflichtet
Dienste-Anbieter dazu, Nutzer:innen auf Anfrage Auskunft über die
gespeicherten Daten zu geben. Dafür wurden Auskunftsersuchen an die 6
Anbieter gesandt, deren Apps persönliche Daten verarbeiten. Laut vzbv haben
diese den Großteil der an sie gerichteten Anfragen nicht vollständig
beantwortet.
„Gerade bei diesen intimen Themen müssen sich Verbraucherinnen darauf
verlassen können, dass ihr Recht auf Auskunft ernst genommen und
transparent beantwortet wird. Vage oder ausbleibende Antworten der Anbieter
sind für Verbraucherinnen nicht tragbar“, kritisiert Sandra Krüger,
Expertin für digitale Gesundheitsangebote beim vzbv.
Es ist nicht das erste Mal, dass Zyklus-Apps bei einer Untersuchung in
Sachen Datenschutz schlecht abschneiden. Im vergangenen Jahr untersuchte
die Mozilla-Stiftung jeweils 10 Schwangerschafts- und Perioden-Apps und 5
Fitness-Tracker, die ebenfalls Zyklusdaten erheben. Das Ergebnis: Nur 7 der
25 Angebote gingen korrekt mit den erhobenen Daten um. Die anderen
sammelten etwa unnötige Daten, verwendeten sie für Zwecke wie
personalisierte Werbung und würden diese teilweise sogar an Dritte
weitergeben.
In dem aktuellen Test gab es immerhin im Punkt Datenschutz auch einen
Testsieger: die Open-Source-App Drip, die es aber in der Gesamtwertung nur
auf ein „Ausreichend“ brachte. Auch die Bürgerrechtsorganisation
Digitalcourage führt Drip in ihrer Liste der empfehlenswerten Anwendungen.
Es braucht keine Anmeldung und der Anbieter gibt keine Daten weiter. Die
Mozilla-Stiftung empfiehlt außerdem die App Euki, die bei der Stiftung
Warentest nicht im Testfeld war. Euki wird entwickelt von der NGO Women
Help Women, die sich für reproduktive Rechte einsetzt.
Schlusslichter in Sachen Datenschutz waren im aktuellen Test die Anbieter
Premom, Menstruationskalender und Femometer. Ihre Android-Apps erhielten in
diesem Punkt ein „Mangelhaft“. Sie erhoben also zu viele Daten, schützten
die App nicht ausreichend vor unbefugtem Zugriff und patzten bei der
Beantwortung von Auskunftsersuchen. Auf Anfragen der taz reagierten die
Anbieter bis Redaktionsschluss nicht.
Dabei war die Stiftung Warentest beim Thema Datenschutz nicht einmal in die
Breite gegangen: Ob und welche Tracker von Drittfirmen die Anbieter
beispielsweise in ihre Apps einbauen, war nicht Teil der Untersuchung.
Dabei kommt sogar eine Datenweitergabe vor: So geriet etwa 2019 die
Zyklus-App Flo in die Kritik, als [4][das Wall Street Journal enthüllte],
dass der Anbieter Gesundheitsdaten an Facebook weitergab.
28 Sep 2023
## LINKS
[1] /Datensammelnde-Apps/!5864615
[2] https://www.test.de/Zyklus-Apps-im-Test-5254377-0/
[3] https://www.vzbv.de/pressemitteilungen/zyklus-apps-defizite-beim-datenschutz
[4] https://www.wsj.com/articles/you-give-apps-sensitive-personal-information-t…
## AUTOREN
Svenja Bergt
## TAGS
Menstruation
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Schwerpunkt Abtreibung
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