| # taz.de -- Religionsunterricht in Niedersachsen: Gemeinsam, aber nur christlich | |
| > Die Evangelische und die Katholische Kirche in Niedersachsen wollen ihren | |
| > Unterricht ab dem Schuljahr 2025/26 zusammenlegen. Hamburg ist schon | |
| > weiter. | |
| Bild: Soll in Niedersachsen künftig gemeinsam unterrichtet werden: evangelisch… | |
| Bremen taz | Evangelische Religion, katholische, islamische oder Werte und | |
| Normen? Vor dieser Entscheidung stehen [1][Schüler*innen, nicht nur in | |
| Niedersachsen]. Hier sollen soll ab dem Schuljahr 2025/26 jedoch nicht mehr | |
| evangelische und katholische Religion getrennt unterrichtet, sondern | |
| christlicher Religionsunterricht angeboten werden. Das wollen die beiden | |
| großen Kirchen. | |
| Der Unterricht bleibe dabei ein konfessioneller, „aber auf einer | |
| gemeinsamen christlichen Grundlage“, erklärt Kerstin Gäfgen-Track. Sie ist | |
| Oberlandeskirchenrätin und Bevollmächtigte der Konföderation evangelischer | |
| Kirchen in Niedersachsen. Ein Grund dafür sei die „ökumenische Einsicht, | |
| dass die christlichen Kirchen gerade im Schulbereich anstehende | |
| Herausforderungen und Aufgaben gemeinsam wahrnehmen sollten“. Der neue | |
| Unterricht lasse das „ökumenische Miteinander auch in der Schule erkennbar | |
| werden“, schreibt auch ein Sprecher des Katholischen Büros Niedersachsen. | |
| Mit dem Vorschlag kann laut Gäfgen-Track Lehrer*innen „eine bessere | |
| Unterstützung angeboten werden, indem die Kerncurricula angepasst werden | |
| und bereits in der Ausbildung und bei der Bereitstellung von Lehrbüchern | |
| und Unterrichtsmaterial die ökumenische Perspektive einbezogen wird“. | |
| Zudem werde der Unterricht für Schüler*innen ohne | |
| Konfessionszugehörigkeit attraktiver sein als das Angebot getrennten | |
| Unterrichts. „Denn in diesem Fall wird den Schüler*innen eine | |
| Vorentscheidung für eine der Konfessionen abverlangt, bevor sie im | |
| Religionsunterricht Kriterien für ihre Entscheidung kennenlernen können“, | |
| sagt Gäfgen-Track. | |
| ## Rechtliche Fragen zu klären | |
| Die Gespräche dazu, auch mit Expert*innen außerhalb der Kirchen, laufen | |
| bereits [2][seit zehn Jahren]. „Der Zeitplan der Kirchen sieht vor, dass es | |
| frühestens zum Schuljahr 2025/26 zur Einführung kommt“, sagt Gäfgen-Track … | |
| „vorausgesetzt, das Land Niedersachsen beschließt entsprechend.“ | |
| Das Land Niedersachsen begrüße den Wunsch der Kirchen, schreibt der | |
| Sprecher des Kultusministeriums, Ulrich Schubert. Zurzeit spreche das Land | |
| mit den Kirchen über eine Umsetzung. Beschlossen sei noch nichts. „Die | |
| konkrete Ausgestaltung eines solchen neuen Unterrichtsfaches ist komplex | |
| und will gut vorbereitet sein“, sagt Schubert. Zudem müssten rechtliche | |
| Fragen geklärt werden. | |
| Das weiß auch Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne), die den | |
| Vorschlag gegenüber dem Evangelischen Pressedienst „zeitgemäß“ nennt: �… | |
| wird zu einer Verständigung führen.“ Zudem sei das Modell „sehr | |
| pragmatisch, weil getrennter christlicher Unterricht gar nicht mehr überall | |
| angeboten werden kann“. Die rechtlichen Fragen wolle man lösen, „damit das | |
| Modell nicht womöglich mit Klagen einhergeht“. Etwa, wenn Eltern auf einen | |
| rein evangelischen Religionsunterricht beharren. | |
| Die Schwierigkeit: Laut Artikel Sieben des Grundgesetzes wird der | |
| bekenntnisorientierte Religionsunterricht an öffentlichen Schulen „in | |
| Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften“ erteilt. | |
| Den Unterricht einfach abzuschaffen, staatlich zu organisieren oder | |
| zusammenzulegen – all das kann ein Bundesland nicht allein entscheiden. | |
| Ausnahme ist Bremen: Grund dafür ist Artikel 141 im Grundgesetz, die so | |
| genannte Bremer Klausel. Sie besagt, dass Artikel Sieben in den Ländern | |
| nicht anzuwenden ist, die in dieser Frage schon ältere landesrechtliche | |
| Regeln erlassen hatten. Das war, in Westdeutschland, nur Bremen, das in | |
| seiner Landesverfassung 1947 einen „bekenntnismäßig nicht gebundenen | |
| Unterricht in biblischer Geschichte“ festgeschrieben hatte. | |
| Das heißt: Weder wird im Lande von den Schüler*innen | |
| Religionszugehörigkeit erwartet, noch muss die Lehrkraft an irgendetwas | |
| glauben. Und anstelle der Kirchen und Religionsgemeinschaften bildet der | |
| Staat die Lehrkräfte aus und organisiert den Unterricht – als Pflichtfach. | |
| ## Andere Religionen nicht einbezogen | |
| Hamburg hat mit dem [3][„Religionsunterricht für alle“] seit 2019 einen | |
| ganz eigenen Weg eingeschlagen: Zahlreiche Glaubensgemeinschaften haben | |
| sich per Staatsvertrag darauf geeinigt, dass der Unterricht von Lehrenden | |
| unterschiedlichen Bekenntnisses gegeben wird, und nicht wie vorher allein | |
| in der Hand der Evangelischen Kirche liegt. Auch der Inhalt wird gemeinsam | |
| bestimmt. | |
| In Niedersachsen stand das nicht zur Debatte. „Der Christliche | |
| Religionsunterricht ist aus unserer Sicht der bessere Weg für alle | |
| Schüler*innen“, sagt Gäfgen-Track von der Evangelischen Kirche. Denn: Ein | |
| Religionsunterricht für alle setze die Lehrkraft unter Druck, allen | |
| Schüler*innen gleichermaßen gerecht werden zu müssen. Zudem würde mit | |
| ihm der Verlust des bekenntnisgebundenen, konfessionellen Unterrichts | |
| einhergehen, „wie er im Grundgesetz garantiert ist“. | |
| Seit 2013 wird der [4][islamische Religionsunterricht in Niedersachsen] | |
| angeboten. „Mittlerweile wird er an 75 Schulen in Niedersachsen als | |
| Regelfach unterrichtet“, teilt das Kultusministerium mit. Er biete | |
| muslimischen Schüler*innen die Möglichkeit, „ihre Religion vor dem | |
| Hintergrund des Lebens in einer westlichen, oft noch weitgehend christlich | |
| geprägten Gesellschaft kritisch-konstruktiv zu reflektieren“. | |
| Der Vorsitzende der Schura Niedersachsen, des Landesverbandes der Muslime, | |
| wünscht sich Verbesserungen. Es gebe in den Schulen Bedarf, sagt Kerim | |
| Ocakdan. Man investiere in die Ausbildung von Lehrenden und werbe dafür in | |
| den Gemeinden. „Trotz dieser Bemühungen können viele Schulen keinen | |
| Unterricht anbieten“, sagt Ocakdan. Es gebe jedoch intensive Gespräche mit | |
| dem Kultusministerium, um das Problem zu lösen. | |
| 11 Sep 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Schulanfang-in-Berlin/!5956009 | |
| [2] https://www.religionsunterricht-in-niedersachsen.de/christlicherRU/beratung… | |
| [3] /Neuerungen-im-Religionsunterricht/!5650727 | |
| [4] /Defizit-bei-Integration/!5949905 | |
| ## AUTOREN | |
| Alina Götz | |
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