Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Neuanfang beim DFB: Harmonie und Haltung
> Andreas Rettig wird als neuer DFB-Geschäftsführer vorgestellt. Der bei
> Branchengrößen unbeliebte Manager gelobt bei strittigen Themen
> Zurückhaltung.
Bild: Harmonischer Auftritt: DFB-Präsident Bernd Neuendorf und sein neuer Gesc…
Frankfurt taz | Es war eine harmonische Veranstaltung, die da zur
Mittagszeit im riesigen DFB-Campus zu Ende ging. Bei der Vorstellung von
Andreas Rettig als neuem DFB-Geschäftsführer spielten sich der Neue und
DFB-Präsident Bernd Neuendorf so gewandt die Bälle zu, dass man fast
geneigt war zu glauben, was beide mehrfach betonten. [1][Nämlich, dass sie
sich auf die Zusammenarbeit freuen].
Für den DFB, dessen Zustand Rettig als wirtschaftlich „herausfordernd“ und
sportlich „schwierig, aber mit Lichtblicken“ bezeichnete, ist die
Personalie wohl nicht zuletzt eine Flucht nach vorne. Neuendorf gab derweil
zu, dass der Neue „nicht unbedingt von vorneherein auf meinem Zettel
gestanden“ habe, weil er davon ausgegangen war, dass „seine Lebensplanung
das nicht vorsehe“. Dann habe Rettig, der nun einen bis Ende 2026 laufenden
Vertrag erhielt, aber Interesse signalisiert. Woraufhin Dortmunds
Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke in seiner Eigenschaft als DFB-Vize
grünes Licht gegeben habe. Zum Rotlicht aus Leipzig und München später
mehr.
So harmonisch die verbalen Doppelpässe zwischen Neuendorf und Rettig
wirkten – man kann sich gut vorstellen, wie zunächst unverfänglichere Namen
diskutiert wurden. Der Eindruck, dass dem DFB neben Erfolg und Geld auch
eine schlüssige Idee über seine Verortung in der Gesellschaft fehlt, dürfte
dann für Rettig gesprochen haben, dem man gewiss kein fehlendes politisches
Bewusstsein vorwerfen kann.
In den vergangenen Jahren hat sich Rettig auf vielen Kanälen für einen
partizipativen Fußball eingesetzt, der die Interessen der
(Stadion-)Zuschauer nicht nur berücksichtigt, sondern als Chance begreift.
Das ist so ziemlich genau das Gegenmodell zum Schneller-Höher-Weiter, das
einige DFL-Granden favorisieren – mit dem Argument, man könne nur durch
mehr externe Investoren verhindern, dass die Premier League noch weiter
enteilt. Das allerdings sind weder die Sorgen von
Bundesliga-Durchschnittsklubs noch die der Zweitligisten. Und schon gar
nicht die der Millionen von Freizeit-und Amateurkickern, für die der DFB
eigentlich zuständig ist.
Die fallen indes nicht in Rettigs künftigen Aufgabenbereich. Als
Geschäftsführer steht er dem DFB-Nachwuchs ebenso vor wie den drei
Direktoren, unter anderem dem für Frauenfußball. Was die
Männer-Nationalmannschaften angeht, sieht sich Rettig derweil nicht als
jemand, „der aufs Spielfeld läuft und dem U-17-Trainer um den Hals fällt“.
Auch [2][die Suche nach einem Nachfolger für Ex-Bundestrainer Hansi Flick]
soll dessen Interimsnachfolger Rudi Völler abschließen, er selbst werde
über die finanziellen Modalitäten des Vertrags wachen.
## Offene Rechnungen
Rettig hatte in den vergangenen Jahren immer wieder eine fairere Verteilung
der Fernsehgelder gefordert, die „Gentrifizierung“ der Liga müsse gestoppt
werden. Auch am Montag bekannte er sich zur 50+1-Regelung, die den Einfluss
von Investoren begrenzen soll. Mit solchen Positionen macht man sich
Gegner, vielleicht sogar Feinde. Vor allem bei denen, die besonders hohe
Fernsehgelder einstreichen.
Dass Karl-Heinz Rummenigge von den Bayern und Oliver Mintzlaff von RB
Leipzig ihre Mitgliedschaft in der [3][DFB-Taskforce] unmittelbar nach der
Ernennung Rettigs hinschmissen, ist vielsagend. Zumal Rummenigge und Rettig
in den vergangenen Jahren Lieblingsgegner waren. Ersterer bezeichnete
Rettig schon mal als „Ideologen“ und „König der Scheinheiligen“. Rettig
konterte höflicher, aber inhaltlich nicht weniger scharf, dass Rummenigge
früher mal „ein hervorragender Stürmer“ gewesen sei.
Am Montag gab sich Rettig nun versöhnlich. Er habe „natürlich vernommen,
dass ich nicht unbedingt der Wunschkandidat des FC Bayern war“, und habe
noch am Freitag vor Verkündigung seines neuen Jobs „versucht, zu Herrn
Hoeneß und Herrn Rummenigge Kontakt aufzunehmen“. Das allerdings erfolglos.
Er werde aber auf alle seine Kritiker erneut zugehen. „Und ich würde mich
freuen, wenn der FC Bayern sich so einbringt, wie es seiner Rolle im
deutschen Fußball gerecht wird.“ Er selbst, versprach er, werde sich
künftig bei vielen Themen zurückhalten, habe aber nicht vor, sich selbst zu
widersprechen: „Natürlich ist das ein Spagat. Ich habe jetzt eine andere
Rolle. Meine grundsätzliche Haltung wird sich aber nicht ändern.“
20 Sep 2023
## LINKS
[1] https://www.dfb.de/news/detail/rettig-ich-wuensche-mir-dass-alle-in-konstru…
[2] /Krise-des-deutschen-Fussballs/!5957869
[3] /Neuanfang-im-DFB/!5916416
## AUTOREN
Christoph Ruf
## TAGS
DFB-Präsident
Fußball
Deutscher Fußballbund (DFB)
Deutsche Fußball-Nationalmannschaft
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
Kolumne Press-Schlag
FC Bayern München
Fußball
Rudi Völler
Andreas Rettig
## ARTIKEL ZUM THEMA
DFB-Akademie in Frankfurt am Main: Ausgenüchtert nach dem Vollrausch
Unter Oliver Bierhoff sollte die neue DFB-Akademie ein Silicon Valley sein.
Heute ist der Anspruch schlichter: den Fußball besser machen.
Investorenmacht im Fußball: Porsche kriegt die Kurve
Der Autohersteller steigt beim VfB Stuttgart ein und installiert gleich
seinen Aufsichtsrat. Die Fans sind düpiert.
Spitzenspiel der Fußball-Bundesliga: Wilde Sause
RB Leipzig und der FC Bayern München erkämpfen sich im Spitzenspiel jeweils
einen Punkt. Im Mittelpunkt stehen freilich Personaldiskussionen.
Krise des deutschen Fußballs: Als Lohn gibt’s nichts als Mitleid
Der DFB hat einen neuen Sportmanager. Doch ein Bundestrainer wird weiterhin
verzweifelt gesucht.
Stimmungsumschwung im DFB-Team: Die Transformation
Mit Konzentration auf die einfachen Dinge schafften es Rudi Völler und das
DFB-Team, Frankreich 2:1 zu besiegen – und Wiedergutmachung zu betreiben.
Andreas Rettig über Nachhaltigkeit: „Der Fußball braucht eine neue DNA“
Der Geschäftsführer von St. Pauli will die Attraktivität der Profiligen
durch ökologische und soziale Auflagen steigern. Es brauche „die
nachhaltigste Liga der Welt“.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.