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# taz.de -- Stimmungsumschwung im DFB-Team: Die Transformation
> Mit Konzentration auf die einfachen Dinge schafften es Rudi Völler und
> das DFB-Team, Frankreich 2:1 zu besiegen – und Wiedergutmachung zu
> betreiben.
Bild: Das segensreiche Tun alter weißer Männer: Rudi Völler instruiert Thoma…
Vermutlich hat der Fußballgott dem Wettergott an diesem Tag geflüstert, den
Westfalenpark von Dortmund zu verschonen. Es reichte, dass die Polizei die
A2 wegen der Wassermassen gesperrt hatte und sich heftige Gewitter über
Soest, Unna und Lüdenscheid entluden. Es hätte nicht zur Stimmungslage
gepasst. Auf einmal [1][sind neun Monate vor der Heim-EM wieder Lichtblicke
zu erkennen], wo vor drei Tagen noch finstere Nacht war.
Aus Versagern wurden in einer schwülen Sommernacht wieder Hoffnungsträger.
Es dauerte keine fünf Minuten, da erklangen aus südlicher Richtung die
altbekannten Rudi-Völler-Hymnen. Was gegen Japan (1:4) noch schmachvoll
war, geriet gegen Vizeweltmeister Frankreich (2:1) zum Ausrufezeichen. Auf
einmal warf die DFB-Auswahl lange vermisste Tugenden in die Waagschale,
scheute kein Duell, kämpfte um jeden Ball, half dem Nebenmann. Wie das?
„Das frühe Tor. Das ist für jeden Verantwortlichen der Idealfall. Dadurch
sind wir nicht in Gefahr geraten, in Konter zu laufen“, erklärte der
Interimstrainer, der mit seinem Matchplan das Ergebnis in den Mittelpunkt
rückte. „Jeder Fan da draußen will, dass wir Spiele gewinnen. Wenn wir es
nicht schaffen, können wir 14 Autogrammstunden machen und Tage der offenen
Türe“, stellte Torschütze Thomas Müller klar.
Zugleich deutete das listige Unikum an, woran Hansi Flick gescheitert war:
„Wir haben uns sicher ein bisschen mehr auf die Basics des Fußballs
konzentriert. Weniger die Herangehensweise: Okay, wir sind Deutschland, wir
sind super Fußballer und müssen die Gegner auseinanderspielen.“ Im Grunde
hat die Nationalelf erst jetzt die Ballbesitzlehre des Joachim Löw
begraben, die Flick bis ins Verderben weiterführen wollte.
## Pragmatischer Ansatz
Mit der Hereinnahme des stark spielenden Rechtsverteidigers Jonathan Tah
demonstrierte Völler, was heute gefragt ist: dem Gegner keine Räume bieten,
die Ordnung halten. Ein pragmatischer Ansatz, mit dem der Franzose Didier
Deschamps zweimal ins WM-Finale gekommen ist. Torhüter Marc-André ter
Stegen schwärmte wie ein Philosoph: „Manchmal ist es einfacher, Einfachheit
in Perfektion zu machen.“ Und Linksverteidiger Benjamin Henrichs ergänzte:
„Wir waren super eingestellt. So schnell geht’s dann im Fußball.“ Gestern
ausgepfiffen, heute gefeiert.
„Das tut einfach gut“, fasste Völler bei seinem Comeback auf der
Trainerbank zusammen, das verdächtig an [2][seinen Einstand am 16. August
2000 gegen Spanien (4:1)] erinnerte. Folglich wünscht sich wieder ein
Großteil, dass Völler mit dem U20-Nationaltrainer Hannes Wolf sowie Sandro
Wagner weitermacht. Der Volkstribun Völler wäre mit diesen zwei spannenden
Charakteren keine schlechte, vielleicht sogar die ideale Lösung.
Doch davon wollte der 63-Jährige nichts wissen. Sein Intermezzo war
einmalig. „Das ändert sich nicht durch das Ergebnis. Die vergangenen Tage
waren sehr stressig.“ Die Veranstaltung der Deutschen Fußball-Liga am
Mittwoch in Berlin zum 60-jährigen Bestehen der Bundesliga sagte er ab,
weil ja jeder zweite Ehrengast ihn dazu drängen würde, weiterzumachen in
diesem Aushilfsjob, den er einst schon einmal über vier Jahre ausübte, ehe
die EM 2004 so schlecht lief, dass der Reformer Jürgen Klinsmann folgte.
Eine solche Lösung braucht es auch jetzt wohl wieder. Völler will sich mit
DFB-Präsident Neuendorf und Liga-Boss Watzke in den nächsten Tagen
zusammensetzen. „Mein Wunsch wäre es, dass wir bis zur nächsten
Länderspielperiode den neuen Trainer vorstellen können.“ Am 9. Oktober soll
im besten Fall in Frankfurt der zwölfte Bundestrainer in den Flieger
steigen, der zur Reise an die amerikanische Ostküste aufbricht, um gegen
die USA (14. Oktober) und Mexiko (18.) zu testen. Neuendorf hat bekundet,
eine Person zu suchen, die „belastbar und durchsetzungsstark“ ist.
Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger haben vorgeschlagen, Louis van Gaal
trotz dessen angeschlagener Gesundheit zu nehmen. Eher läuft es auf
Verhandlungen mit Julian Nagelsmann, Oliver Glasner, ziemlich sicher auch
mit Stefan Kuntz hinaus, der so empathisch wie Völler ist. Der umriss das
Anforderungsprofil so: „Wichtig ist, dass es ein Deutsch sprechender
Nationaltrainer ist. Und natürlich muss es auch ein Topmann sein. Das ist
der wichtigste Trainerjob in unserem Land.“
13 Sep 2023
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=bwJkc1zSeYo
[2] https://www.dfb.de/datencenter/laenderspiel/2000-2001/saison/deutschland-sp…
## AUTOREN
Frank Hellmann
## TAGS
Rudi Völler
Hansi Flick
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