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# taz.de -- Kirche beim „Marsch für das Leben“: Der Bischof marschiert mit…
> Der erzkonservative Bischof von Regensburg wird beim „Marsch für das
> Leben“ neben einem Rechten fotografiert. Das Bistum droht nun der
> Journalist:in.
Bild: Bischof Voderholzer(weißer Hut) in bester Gesellschaft
Achtung, Achtung! Wer ein politisches Anliegen öffentlich auf die Straße
trägt, wird vermutlich gesehen – und unter Umständen sogar fotografiert.
Dem Bischof von Regensburg, Rudolf Voderholzer, scheint das völlig neu zu
sein. Auf ein Pressefoto, das den erzkonservativen Oberhirten neben
Rechtsradikalen marschierend zeigt, reagiert sein Bistum mit Drohungen
gegen die fotografierende Person – und mit blamablem Quatsch.
Am Samstag lief Voderholzer – schwarzer Anzug, weißer Panamahut – mit 3.000
anderen Abtreibungsgegner:innen [1][beim „Marsch für das Leben“] in
Berlin mit. Zum 19. Mal fand diese Hauptstadtveranstaltung des sogenannten
Bundesverbands Lebensrecht (BvL) statt, dieses Jahr auch erstmals
gleichzeitig in Köln. [2][In beiden Städten gab es lautstarken
Gegenprotest].
Für die Zeitung ND.Die Woche beobachtete Redakteur:in [3][Kirsten
Achtelik] die Demonstration und twitterte live, was zu sehen war: [4][Unter
anderem ein Mann in feinem Zwirn, der mit der linken Hand seine Verlobte
festhielt, mit der Rechten aber den Gruß der rassistischen Bewegung für
„Weiße Vorherrschaft“ in die Kamera zeigte].
Etwa seit 2017 verwenden Rechtsextreme das Handzeichen für „okay“, bei dem
Daumen und Zeigefinger zu einem Kreis geformt und die restlichen Finger
gespreizt werden, als Erkennungszeichen. Mit etwas Fantasie lassen sich in
der Geste die Buchstaben W und P erkennen, kurz für „White Power“.
## Distanzierung – vom Foto
Neben dem jungen Rechten lief Voderholzer, keineswegs als einziger
Kirchenvertreter, über die Berliner Straßen. Ein Skandal für viele, die das
Bild auf X, dem früheren Twitter, sahen und kommentierten.
„Das Bistum Regensburg und Bischof Rudolf distanzieren sich ausdrücklich
von diesem Foto!“, schrieb das Bistum in der Folge auf X, und weiter:
„Unser Bischof Dr. Voderholzer würde niemals an der Seite von
Rechtsradikalen laufen.“ Dass er genau das tat, beweist jedoch das Foto.
Achtelik drohte das Bistum schließlich mit rechtlichen Schritten: „Wir
werden gegen dieses Foto auch vorgehen. Es entstand ohne unser Wissen.“
Presserechtlich ist das Foto völlig in Ordnung, weil Voderholzer als
Bischof eine „Person der Zeitgeschichte“ ist. Wer ein herausragendes Amt
bekleidet, muss also mit Fotos ohne seine Einwilligung leben. Darauf wies
auch ein Journalistenkollege Achteliks hin. Das Bistum antwortete: „Waren
Sie schon einmal auf einer Demonstration? Kannten Sie ausnahmslos jeden,
der da mitgelaufen ist? Hätten Sie für jeden Teilnehmenden die Hand ins
Feuer legen können, dass er eine gute Gesinnung hat?“
Abgesehen davon, ob das eine angemessene Ansprache ist, offenbart diese
blamable Replik das eigentliche Problem: Voderholzer und die anderen
teilnehmenden Kirchenvertreter:innen müssen nicht „ausnahmslos jeden“
kennen, der mitläuft. Doch nachdem seit Jahren bekannt ist, dass
Rechtsextreme bei dem „Marsch für das Leben“ präsent sind, darf es ihn
eigentlich nicht überraschen, dass er tatsächlich mit ihnen gesehen wird.
Es sei „nicht hinnehmbar, dass Christ*innen Seite an Seite mit
Rechtsextremist*innen auf die Straße gehen oder gar zusammenarbeiten“,
hatte der Bund der Deutschen Katholischen Jugend vor der Demo am Samstag
gesagt und im selben Zuge zu einem Boykott aufgerufen. Wer es trotzdem tut,
sollte sich über die kritische Öffentlichkeit dann auch nicht beschweren.
18 Sep 2023
## LINKS
[1] /Demos-von-Abtreibungsgegnern/!596066
[2] /Marsch-der-Abtreibungsgegnerinnen/!5960652
[3] /Kirsten-Achtelik/!a36207/
[4] https://twitter.com/kir_ach/status/1703023972357419244
## AUTOREN
Stefan Hunglinger
## TAGS
Bischof
Christliche Fundamentalisten
White Supremacy
Schwerpunkt „Marsch für das Leben“
Schwerpunkt Abtreibung
Katholische Kirche
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Deutsche Bischofskonferenz
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