# taz.de -- Streik im Tierpark Hagenbeck: „Die Geschäftsführung schürt Ang… | |
> Im Hamburger Tierpark Hagenbeck wird seit Ende August gestreikt – | |
> erstmals und unbefristet. Die Angestellten kämpfen für einen | |
> Tarifvertrag. | |
Bild: Seit Ende August am Streiken: Mitarbeiter*innen des Tierparks Hagenbeck | |
HAMBURG taz | Es ist der erste Streik im Hamburger [1][Tierpark Hagenbeck], | |
dem größten privat-finanzierten Zoo Deutschlands, in seiner mehr als | |
100-jährigen Geschichte – und dann gleich unbefristet. Bisher hatte es nur | |
[2][einzelne Warnstreiks] gegeben, aber die Spannungen innerhalb des | |
Unternehmens halten an. Immer wieder, sagen die Angestellten, gebe es | |
Probleme mit Überstunden und Urlaubstagen. | |
Häufig würden Überstunden nicht bezahlt, sie abzuarbeiten sei wegen der | |
Unterbesetzung unmöglich, so die Streikenden. Urlaubstage würden | |
willkürlich genehmigt. Die Konditionen seien je nach Vertrag für die | |
Mitarbeitenden sehr unterschiedlich geregelt: Zuschläge und Urlaubsgeld | |
würden mal prozentual, mal als Festbetrag gezahlt, die Variation ist groß. | |
Diese Ungleichheit soll einem Tarifvertrag weichen, fordern die | |
Streikenden. Es brauche feste Spielregeln. „Hagenbeck tariffrei, das ist | |
jetzt vorbei!“, steht auf einigen ihrer dunkelgrünen T-Shirts am zweiten | |
Streiktag vergangene Woche. | |
Vor einer Woche wurde der unbefristete Streik für einen Tag unterbrochen, | |
ebenso am Montag. Es habe Druck von Seiten der Geschäftsführung gegeben, | |
sagt Pascal Lechner, Gewerkschaftssekretär der IG Bau Nord. „Durch den | |
Druck haben auch einige Beschäftigte krankheitsbedingt den Arbeitsplatz | |
verlassen.“ | |
Man möchte außerdem nicht berechenbar sein, begründet Lechner die Pause, | |
zudem „den Druck aus der Tierpflege nehmen“ – um Tiere und Menschen | |
zumindest kurz zu entlasten. Von nun an solle es jedoch keine weiteren | |
Unterbrechungen geben, da die Geschäftsführung sich uneinsichtig zeige. | |
## Druck und Gegendruck | |
Gerade das Kassen- und Portierspersonal habe sich in großer Zahl an dem | |
Streik beteiligt, sagt Lechner. Man möchte jedoch nicht in erster Linie die | |
Besucher*innen des Zoos treffen, denn auch kurzzeitige Schließungen | |
scheinen den Arbeitgeber nicht zu Verhandlungen zu bewegen. | |
Die Zahl der Streikenden variiere stark. Das hänge auch davon ab, wer | |
überhaupt im Betrieb ist, so Lechner. Einige sind im Urlaub, andere | |
unterstützen den Streik, müssen aber für die Notversorgung arbeiten. Auch | |
sie bekommen von Hagenbeck-Geschäftsführer Dirk Albrecht eine | |
Streikbruchprämie. | |
Auch im Streiklokal reden die Mitarbeitenden über diese Prämie: Zwei | |
Kolleginnen hätten schon angekündigt, das Geld für den Arbeitskampf | |
einsetzen zu wollen. | |
Trotz der bisherigen Wirkungslosigkeit der Streiks ist die Stimmung fast | |
ein bisschen feierlich. Zu essen gibt es Chili ohne und mit Fleisch, „für | |
die, die Tiere mögen“, sagt jemand und lacht. Sie mögen hier alle ihren | |
Job, aber der Druck ist groß. An einer guten Arbeitsatmosphäre sei der | |
Geschäftsführung offensichtlich nichts gelegen, sagt ein Mitarbeiter. „Sie | |
hat sowohl für Tiere als auch für Menschen nichts übrig.“ Eine Angestellte | |
ergänzt: „Im Gegenteil schürt sie Angst und Unsicherheit.“ | |
Gespräche gebe es derzeit nicht, sagen die Streikenden. Albrecht weigere | |
sich seit Monaten, mit der Gewerkschaft IG Bau zu verhandeln. | |
In drei Jahren seien 60 Leute abgehauen, jeden Monat kündige einer, erzählt | |
ein anderer Mitarbeiter. Auch das sei die Konsequenz der Arbeitsatmosphäre | |
unter Albrecht. Ein Elektriker habe sich einmal nur die Frühschicht | |
angeschaut und sei danach direkt wieder weg. Es gebe auch viele | |
Beschäftigte, die 30 oder 40 Jahre im Tierpark gearbeitet hätten und | |
gegangen seien, nachdem Albrecht [3][die Geschäftsführung übernommen habe]. | |
## Keine Kommunikation mit Geschäftsführer | |
„Er will links, rechts und über sich keine Menschen“, so der Vorwurf eines | |
Angestellten. Selbst für die Planung des Notdienstes sei er nicht | |
ansprechbar gewesen. | |
Organisiert ist die Notversorgung von den Streikenden selbst, für die | |
verschiedenen Bereiche des Zoos. Die Tierpfleger*innen arbeiten bis | |
halb zehn am Vormittag und bereiten alles für den Tag vor. Anschließend | |
gehen diejenigen raus, die nicht eingeplant sind und streiken wollen. | |
Im Elefantenhaus blieben beispielsweise drei Pfleger*innen und eine | |
Hilfskraft. Man wisse ja ungefähr, wer streiken und wer arbeiten möchte, so | |
könne man planen. Zudem habe Albrecht eine Telefonnummer bekommen, falls | |
etwas los sei, erzählt ein weiterer Arbeiter. „Er kommuniziert jedoch | |
offenbar lieber über die Presse.“ | |
## Keine Reaktion auf Anfragen der taz | |
Albrecht hat auf mehrere Anfragen der taz nicht reagiert. Der Deutschen | |
Presseagentur sagte er, dass er erleichtert sei, weil „bisher kaum ein | |
Tierpfleger am Streik teilnimmt und unseren Mitarbeitern in der Tierpflege | |
das Wohl der Tiere wichtiger ist“. Wenn das so bleibe, sei kein „Gang zum | |
Arbeitsgericht“ notwendig. | |
Über die Hälfte der 140 Beschäftigten ist gewerkschaftlich organisiert. | |
Unter ihnen sind 30 bis 35 sehr aktive Mitglieder. Regelmäßig stehen sie | |
vor dem Eingangstor und sprechen mit den Gästen. Lechner sagt: „Es gab viel | |
Solidarität von Seiten der Besucher.“ | |
Die Streikenden wissen, dass sie ihren Geschäftsführer nicht zwingen | |
können. Sie werden deshalb weiter die Öffentlichkeit suchen. | |
6 Sep 2023 | |
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## AUTOREN | |
Jonas Frankenreiter | |
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