# taz.de -- Kindergrundsicherung: Pragmatismus ist angesagt | |
> Es war gut gemeint: Kinder aus armen Familien soll das Bürgergeld-Stigma | |
> erspart bleiben. Doch die Kindergrundsicherung erzeugt nun mehr | |
> Bürokratie. | |
Bild: Droht ein Bürokratiemonster zu werden: Kindergrundsicherung | |
Auch in der Politik spielt „Branding“, die Markenbildung, eine große Rolle. | |
Nur kann man damit auch zu hohe Erwartungen wecken. Das war bei der | |
Kindergrundsicherung der Fall. Jetzt liegt ein Gesetzentwurf vor, mit dem | |
Behörden und Betroffene unzufrieden sind. Anstatt aber mit Häme auf | |
[1][Bundesfamilienministerin Lisa Paus] (Grüne) zu zeigen, ist jetzt | |
Pragmatismus angesagt. | |
Mit dem generalistischen Begriff der [2][Kindergrundsicherung] wollte man | |
die Stigmatisierung von Kindern in bedürftigen Familien abbauen. Kinder | |
sind immer unschuldig an ihrer Situation. Gegen eine „Kindergrundsicherung“ | |
kann also niemand etwas haben, so das Kalkül der Grünen. | |
Die Kinder in Familien, die Bürgergeld (früher Hartz IV) bekommen, werden | |
mit dem neuen Gesetz verwaltungstechnisch quasi aus dem Bürgergeld heraus | |
gelöst. Ihre Sozialleistung wird als „Zusatzbetrag“ Teil der | |
Kindergrundsicherung und soll künftig von den neu zu gründenden | |
Familienservicestellen ausgezahlt werden. Dabei aber besteht die Gefahr, | |
dass es zu Parallelstrukturen kommt. | |
Denn die Grundsicherung für diese Kinder bleibt trotzdem verbunden mit der | |
Einkommenssituation der restlichen Familie, die weiterhin Bürgergeld vom | |
Jobcenter bezieht. Jeder Mehrbedarf, der Anteil der Kosten der Unterkunft | |
und Heizung, muss unter Umständen dann in zwei Behörden berechnet werden. | |
Auch die Schülerfahrkarte und das Geld für den Schulausflug gibt es oftmals | |
vom Jobcenter. | |
Ein [3][Mehr an Bürokratie] ist Mist. Der Protest aus den Behörden muss | |
daher ernst genommen werden. Wenn schon, dann müssen die | |
Familienservicestellen zum Beispiel auch Mehrbedarfe und andere Leistungen | |
des Jobcenters für die Kinder mit auszahlen können. Parallelstrukturen | |
müssen vermieden werden, und das ist nur ein Beispiel für notwendige | |
Modifikationen des Gesetzentwurfs. Nicht parteipolitischer Starrsinn, | |
sondern ein Gesetz im Sinne der Betroffenen muss das Ziel sein. Sonst | |
entwickelt sich die Kindergrundsicherung noch zu einem neuen Desaster der | |
Ampel-Koalition. | |
14 Sep 2023 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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