# taz.de -- Eckpunkte für Unterhaltsreform: Von Buschmann für Väter | |
> Bisher spielt es für den Unterhalt kaum eine Rolle, wie oft sich ein | |
> Vater nach der Trennung ums Kind kümmert. Der Justizminister will das | |
> ändern. | |
Bild: Justizminister Marco Buschmann bei einer Pressekonferenz am 25. August | |
AACHEN taz | Trennungsväter, die sich stark an der Kinderbetreuung | |
beteiligen, sollen bei der Unterhaltszahlung deutlich bessergestellt | |
werden. Dies hatte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) letztes | |
Wochenende angekündigt. Nun stellte er in einem Eckpunktepapier seine | |
Vorhaben konkret vor. Danach können alle Elternteile profitieren, die | |
zwischen 30 und 49 Prozent der Kinderbetreuung übernehmen. Die Höhe der | |
Entlastung hängt vom Einzelfall ab. | |
Das deutsche Unterhaltsrecht geht bisher nach einer Trennung der Eltern von | |
einer klaren Rollenverteilung aus: Ein Elternteil betreut das Kind, der | |
andere Elternteil bezahlt Unterhalt. Traditionell betreut die Mutter und | |
der Vater zahlt. | |
Dieses Modell passt aber laut Buschmann nicht auf Konstellationen, in denen | |
Trennungsväter sich auch in erheblichem Maß an der Kindesbetreuung | |
beteiligen wollen – zum Beispiel, weil sie sich schon vor der Trennung | |
engagierten oder weil sie weniger Unterhalt zahlen wollen. | |
Bisher hatte das Betreuungsengagement der Trennungsväter überwiegend keine | |
Auswirkungen auf ihre Unterhaltspflicht. Auch wenn der Vater sich zu 30 | |
oder 40 Prozent an der Betreuung beteiligte, musste er vollen Unterhalt | |
zahlen, da die Hauptverantwortung immer noch bei der Mutter liege, so der | |
Bundesgerichtshof. | |
## Buschmann spricht von „Asymmetrie“ | |
Nur bei einer 50/50-Aufteilung wird die Mitbetreuung bisher voll | |
angerechnet. Dann kommt es für den Unterhalt nur noch auf die Einkommen der | |
Elternteile an. | |
Buschmann schlägt nun vor, alle Trennungselternteile besserzustellen, die | |
sich mit mindestens 30 und maximal 49 Prozent an der Kinderbetreuung | |
beteiligen. Er spricht von einem „asymmetrischen Wechselmodell“. Die Kinder | |
sind mal beim Vater, mal bei der Mutter, aber eben nicht völlig | |
symmetrisch. Wie hoch der Anteil des asymmetrischen Wechselmodells an allen | |
Trennungsfamilien ist, ist noch unbekannt, da die Schwelle von 30 Prozent | |
in der Wissenschaft bisher keine Rolle spielte. | |
Für alle anderen Trennungsfamilien soll die Berechnung des Kindesunterhalts | |
gleich bleiben. Das betrifft insbesondere die häufige Konstellation, dass | |
ein Vater die Kinder jedes zweite Wochenende übernimmt. Er bleibt damit | |
unter 30 Prozent Betreuungsleistung – selbst wenn noch eine hälftige | |
Betreuung in der Ferienzeit unterstellt wird. Solche Väter müssten nach | |
Buschmanns Modell weiter vollen Unterhalt bezahlen. | |
## Das Einkommen der Eltern spielt die größte Rolle | |
Der Anteil der Betreuungsleistung soll in der Regel nach der Anzahl der | |
Übernachtungen bei einem Elternteil berechnet werden. Dieses Kriterium sei | |
leicht handzuhaben und habe sich in der Praxis bereits bewährt, so das | |
Ministerium. Nur wenn ein Elternteil ausschließlich tagsüber betreuen kann, | |
müssten andere Kriterien gefunden werden. | |
Bei allen Trennungselternteilen, die zwischen 30 und 49 Prozent | |
Kinderbetreuung leisten, sollen künftig pauschal 33 Prozent, also ein | |
Drittel, Kinderbetreuungsanteil angerechnet werden. Diese schematische | |
Gleichbehandlung unabhängig vom konkreten Prozentanteil soll ständigen | |
Streit um kleine Prozentanteile vermeiden, so Buschmann. | |
Dies führt nun aber nicht dazu, dass Trennungsväter, die sich mehr als 30 | |
Prozent an der Kinderbetreuung beteiligen, künftig ein Drittel weniger | |
Unterhalt zahlen müssen. Denn in die Unterhaltsberechnung fließen viele | |
Parameter ein, die in jeder Trennungsfamilie unterschiedlich sind. Große | |
Bedeutung hat hier vor allem das jeweilige Einkommen der beiden | |
Elternteile. | |
## Anreize für Väter sollen geschaffen werden | |
Ein Rechenbeispiel des Ministeriums geht von einer hauptbetreuenden Mutter | |
mit einem Einkommen von 2.000 Euro und einem zu 40 Prozent mitbetreuenden | |
Vater mit einem Einkommen von 4.000 Euro aus. Bei einem sechsjährigen Kind | |
musste der Vater bisher 558 Euro Unterhalt zahlen. Nach Buschmanns | |
Vorschlag wären es noch 427 Euro. Ersparnis: 111 Euro beziehungsweise 20 | |
Prozent. | |
Die Folgen in der Praxis hängen von der bisherigen Aufteilung der | |
Kinderbetreuung ab. Wenn sich Väter schon bisher zu 30 bis 49 Prozent | |
beteiligen, bekommt das Kind künftig weniger Unterhalt. Wenn die Mütter | |
dies aus eigenem Einkommen ausgleichen, haben sie weniger Geld für sich zur | |
Verfügung. Da Mütter nach einer Trennung ohnehin oft prekär leben, kann das | |
sehr schmerzlich sein. | |
Wenn bisher jedoch kein asymmetrisches Wechselmodell praktiziert wurde, | |
könnte die vorgeschlagene Neuregelung ein Anreiz für Vater sein, sich | |
stärker zu engagieren. In diesen Fällen hätten die Frauen dann mehr Zeit | |
als bisher, um zum Beispiel eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder | |
auszuweiten. Hier hätten also auch die hauptbetreuenden Mütter einen | |
Vorteil. | |
Bisher handelt es sich bei Buschmanns Papier nur um Eckpunkte, [1][die er | |
ausdrücklich zur Diskussion stellt]. Eine Befassung von Bundesregierung | |
oder Bundestag steht also nicht unmittelbar bevor. | |
25 Aug 2023 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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