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# taz.de -- Causa Reichelt: Außergerichtlich geeinigt
> Eigentlich sollte Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt seine
> Millionen-Abfindung zurückzahlen. Doch nun vermeidet Springer den
> Prozess.
Bild: Wie viel der Zwei-Millionen-Abfindung muss er zurückzahlen? Ex-Bild-Chef…
KARLSRUHE taz – Der Axel Springer Verlag und Ex-Bild-Chefredakteur Julian
Reichelt haben [1][ihren arbeitsgerichtlichen Streit] durch einen Vergleich
beigelegt. Reichelt kann damit seine [2][Abfindung in Höhe von zwei
Millionen Euro] behalten. Der Prozess vor dem Arbeitsgericht Berlin, der am
15. November beginnen sollte, fällt aus. Noch aber ermittelt die
Staatsanwaltschaft Berlin gegen Reichelt wegen Betrugs.
Ausgelöst wurde die Affäre durch [3][Vorwürfe des Machtmissbrauchs] gegen
Reichelt. Der Bild-Chefredakteur soll regelmäßig seine Stellung benutzt
haben, um junge Journalistinnen zu fördern und in sexuelle Affären zu
verwickeln. Springer untersuchte den Vorgang zwar im Frühjahr 2021. Doch
dies war nicht der Kündigungsgrund.
Die Kündigung erfolgte erst ein halbes Jahr später im Oktober 2021.
Reichelt soll die Beziehung zu einer Mitarbeiterin fortgeführt und den
Verlag darüber getäuscht haben. Damit Reichelt gegen die Kündigung nicht
klagt, schloss Springer parallel einen Abwicklungsvertrag mit ihm, in dem
Reichelt zwei Millionen Euro Abfindung zugesichert werden und sich der
Journalist unter anderem verpflichtete, Unterlagen und Daten aus seiner
Zeit bei Springer zu vernichten und zu löschen.
Kurz bevor die Abfindung ein Jahr später, im November 2022, ausbezahlt
werden sollte, musste Reichelt gegenüber Springer versichern, dass er sich
an seine Verplichtungen aus dem Abwicklungsvertrag hält. Zuvor hatte es
Gerüchte gegeben, dass Reichelt anderen Medien Material angeboten haben
soll.
## Springer nahm dies zum Anlass, Reichelt zu verklagen
Tatsächlich machte [4][Holger Friedrich, der Herausgeber der Berliner
Zeitung, im April 2023 bekannt], dass Reichelt ihm Unterlagen angeboten
habe, um seine Sicht auf die Machtmissbrauchs-Vorwürfe zu untermauern.
Springer nahm dies zum Anlass, Reichelt vor dem Arbeitsgericht Berlin zu
verklagen. Reichelt soll die Zwei-Millionen-Abfindung zurücküberweisen und
eine Vertragsstrafe in Höhe von knapp 200.000 Euro zahlen. Reichelt erhob
eine Widerklage und verlangte Informationen von Springer über die internen
Machtmissbrauchs-Untersuchungen gegen ihn.
Im Juni fand ein öffentlicher Gütetermin am Arbeitsgericht Berlin statt –
begleitet von großem Medieninteresse. Damals lehnte Springer aber einen
Vergleich ab. Man vertraue darauf, den Prozess zu gewinnen.
Nur zwei Monate später sieht alles wieder anders aus. Auf seiner Webseite
teilte der Axel-Springer-Verlag mit, dass die arbeitsgerichtliche
Auseinandersetzung mit Julian Reichelt beendet sei. Sowohl der Verlag als
auch Reichelt hätten ihre Klagen zurückgenommen. Über den genauen Inhalt
der Einigung sei Vertraulichkeit vereinbart worden. Springer behalte sich
aber vor, gegen Reichelt wieder vorzugehen, wenn dieser gegen den
Abwicklungsvertrag oder die neue Einigung verstoße.
## Springer war der Schaden zu hoch?
Die Einigung kann verschiedene Gründe haben. Möglichkeit eins: Springer war
sich doch nicht mehr so sicher, den Prozess vor dem Arbeitsgericht zu
gewinnen. Immerhin hatte Reichelt stets betont, er habe der Berliner
Zeitung vor allem eigene Chatverläufe und keine Verlagsinterna übermittelt.
Möglichkeit zwei: Springer war der Image-Schaden zu hoch. Wie sich im
Gütetermin ergab, durfte Reichelt noch lange nach seiner Kündigung in einer
gemeinsamen Chatgruppe mit Springer-Führungsleuten über den Umgang mit den
Machtmissbrauchs-Vorwürfen diskutieren. Das hätte auch für Springer
peinlich werden können.
Möglichkeit drei: Vielleicht wollen Springer und Reichelt auch wieder enger
zusammenarbeiten und deshalb den belastenden Rechtsstreit beenden. Derzeit
produziert [5][Reichelt mit seiner Firma Rome Media] [6][das
rechtspopulistische Medienportal nius.de].
Keine Auswirkungen hat die arbeitsgerichtliche Einigung auf das
Ermittlungsverfahren der Berliner Staatsanwaltschaft gegen Reichelt.
Springer hatte gegen Reichelt parallel zur Klage beim Arbeitsgericht auch
Strafanzeige wegen Betrugs gestellt. Auch dabei ging es um die angeblich
falsche Versicherung Reichelts im November 2022, er halte sich an seine
Verpflichtungen aus dem Abwicklungsvertrag. Mit dieser Täuschung habe
Reichelt die Auszahlung der Abfindung erreicht, so die damalige
Argumentation von Springer.
Auf Anfrage der taz erklärte die Staatsanwaltschaft Berlin: „Die
Ermittlungen dauern an.“
23 Aug 2023
## LINKS
[1] /Reichelt-gegen-Springer/!5936465
[2] /Springer-verklagt-Julian-Reichelt/!5939687
[3] /Reichelt-Affaere-bei-der-Bild-Zeitung/!5880568
[4] /Julian-Reichelt-ohne-Quellenschutz/!5928936
[5] /Achtung-Reichelt-auf-Youtube/!5914322
[6] /Rechtes-Medienportal-Nius/!5945019
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Schwerpunkt #metoo
Arbeitsrecht
Mathias Döpfner
Julian Reichelt
Axel Springer
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Verschwörungsmythen und Corona
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Schwerpunkt Pressefreiheit
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