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# taz.de -- Berliner Zentral- und Landesbibliothek: Der Preis ist heiß
> Bei der Eröffnung des „PopUp“ der Amerika-Gedenkbibliothek reden alle
> übers Lafayette. Doch die Idee, es für die ZLB zu kaufen, hat einen
> Haken.
Bild: Der Kampf mit der Schleife: Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) und ZL…
Berlin taz | Die große Eröffnungsschleife am neuen Ergänzungsbau der
Amerika-Gedenkbibliothek in Kreuzberg will nicht so recht am Sonntagmittag.
Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) zieht an dem einen Ende, der
Generaldirektor der Zentral- und Landesbibliothek Volker Heller am anderen.
Allein, die Schleife löst sich nicht, sondern verknotet sich nur. Chialo
und Heller müssen recht brachial zerren, erst dann ist der rote Stofffetzen
weg – und der „PopUp“ genannte Modulbau offiziell eröffnet.
Ein in gut eineinhalb Jahren hochgezogenes einstöckiges Häuschen mit 850
Quadratmetern Nutzfläche, viel Holz, viel Glas, viel Plexiglas: Der
ZLB-Direktor ist zufrieden. „Ich erwarte hier ein sehr quirliges Leben
aller unserer Nutzer:innen“, sagt Volker Heller zur Eröffnung. CDU-Senator
Chialo spricht vom „Wohnzimmer der Stadtgesellschaft“.
Was in dem Wohnzimmer fehlt, sind Bücherregale. Der Fünf-Millionen-Euro-Bau
beherbergt ausschließlich Gruppen- und Workshopräume, dazu ein Medienlabor
und einen großen Veranstaltungssaal. Gedacht ist es als Entlastung für die
aus allen Nähten platzende Gedenkbibliothek nebenan, sagt Heller: „Wir
haben gesagt, wir brauchen Platz für all die Menschen.“
Der Andrang zur Eröffnung der Erweiterungsfläche am Sonntagmittag ist groß
– und er kommt wohl zumindest mit Blick auf die Medien nicht von ungefähr.
Schließlich hat Kultursenator Chialo vor einer Woche im Abgeordnetenhaus
seine Überlegungen präsentiert, die seit Jahren nicht vom Fleck kommenden
Pläne für einen mindestens 500 Millionen Euro teuren [1][Neubau der ZLB] zu
begraben und [2][als neuen Superstandort] stattdessen das Quartier 207 an
der Friedrichstraße in Mitte aufzukaufen. Seither ist die Zukunft der ZLB
wieder in aller Munde.
## Große Begeisterung, unsichere Finanzierung
Es kursieren Kaufpreise, Kosten, Bestätigungen und Dementis. Klar ist: Der
Mietvertrag mit dem dortigen Kaufhausbetreiber Galeries Lafayette läuft
Ende 2024 aus. Es heißt, der Eigentümer des Quartier 207, der
US-Immobilieninvestor Tishman Speyer, sei von sich aus mit der Kaufidee an
die Kulturverwaltung herangetreten. Eine [3][„Jahrhundertchance“] nennt
Volker Heller einen möglichen Umzug ins Quartier 207.
Auch der CDU-Senator ist Feuer und Flamme. Er sagt: „Nicht weniger hat die
Bevölkerung hier in Berlin verdient.“ Bis zum 3. Quartal 2026 könnten die
Umbauarbeiten in dem dann gewesenen Kaufhaus abgeschlossen sein, gibt sich
Joe Chialo optimistisch.
Doch so groß die Begeisterung für die Idee, so unsicher ist die
Finanzierung. Wie Chialo der taz bestätigt, hat Tishman Speyer 590
Millionen Euro für das Gebäude mit seinen rund 35.000 Quadratmetern
Nutzfläche aufgerufen. „Das ist die Summe, und das muss jetzt verhandelt
werden“, sagt der Senator. Soll heißen: Es ist nun am Land Berlin, den
Preis zu drücken.
Das Pikante an dem Angebot des Investors: Tishman Speyer hatte das Quartier
207 erst Anfang 2022 von der Allianz-Versicherung übernommen. Die beiden
Parteien hatten in Bezug auf das Transaktionsvolumen zwar Stillschweigen
verabredet. Zieht man das letzte Frühjahrsgutachten des Zentralen
Immobilien Ausschusses heran, findet sich freilich sehr wohl eine Summe:
Dem Spitzenverband der Branche zufolge wechselte das Quartier 207 vor
eineinhalb Jahren für rund 300 Millionen Euro den Besitzer. Das aktuelle
Verkaufsangebot riecht folglich nach größtmöglicher Gewinnmaximierung. Und
an dem Punkt wird es mehr als knifflig.
## Die Zeit wird knapp
Selbst Haushaltspolitiker:innen, die die Ankaufidee zugunsten der ZLB
charmant finden und sie deshalb nicht öffentlich verdammen wollen,
verweisen darauf, dass man in diesem Fall eindeutig von Spekulationspreisen
sprechen müsse, die der Haushaltsordnung entgegen stünden. Hinzu kommt: Das
Vorhaben – egal, wie hoch die Kosten zuletzt sind – steht bislang mit
keiner Zeile im [4][Senatsentwurf] für den Doppelhaushalt 2024/2025. Der
soll spätestens im Dezember vom Abgeordnetenhaus beschlossen werden. Die
Zeit ist also knapp.
Die Linke wäre auf jeden Fall mit an Bord, das Projekt noch nachträglich in
den Haushalt herein zu verhandeln, sagt Manuela Schmidt, die
kulturpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, zur taz.
Für Schmidt steht fest: „Die Idee ist großartig, das wäre ein würdiger Or…
Nun geht es aber um das Konkrete. Und wenn die Konditionen am Ende stimmen,
werden wir die Letzten sein, die sich dagegen stemmen.“
Schön und gut, heißt es von Haushaltsexpert:innen im Gespräch mit der
taz. Aber wenn überhaupt, dann dürfte, so die Einschätzung, das Projekt
kaum im Rahmen des Kernhaushalts zu stemmen sein. In Frage käme allenfalls
eine Kreditfinanzierung, und auch das eben nur, sofern das Land keine
Mondpreise hinblättern will. Das ganze Vorhaben, so famos es klinge, stehe
demnach auf äußerst tönernen Füßen.
ZLB-Direktor Volker Heller will sich von der der Lafayette-Idee entgegen
schlagenden Skepsis am Sonntag die Laune nicht verderben lassen. „Es ist
alles im Fluss und viel zu früh, um konkrete Zahlen zu nennen“, sagt er der
taz.
3 Sep 2023
## LINKS
[1] /Koalitionsgespraeche-gehen-weiter/!5814892
[2] /Bibliotheken-in-Berlin/!5953201
[3] /Berliner-Bibliotheken/!5957471
[4] /Haushaltsentwurf-des-Berliner-Senats/!5943624
## AUTOREN
Rainer Rutz
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