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# taz.de -- Porno regulieren: Nicht zu ignorieren
> Eine von der Landesmedienanstalt NRW beauftragte Studie zeigt, dass
> Minderjährige oft unfreiwillig auf pornografische Inhalte im Netz stoßen.
Bild: Sexting ist weit verbreitet unter Jugendlichen
Dass [1][ungehinderter Pornozugang für Kinder und Jugendliche] schädlich
sein kann, liegt auf der Hand. Jetzt belegt eine aktuelle Studie, die die
Landesmedienanstalt NRW (LfM) in Auftrag gegeben hatte, dass die
Konfrontation Minderjähriger mit pornografischen Inhalten häufig
unfreiwillig passiert und einen großen Einfluss auf die eigene Sexualität
und das eigene Sexting-Verhalten ausübt. Über ein Drittel der befragten 11-
bis 17-Jährigen gab an, einen Porno gesehen zu haben, der Großteil von
ihnen sei dabei nicht freiwillig auf die Inhalte gestoßen.
Nur ein Drittel in der Evaluationsgruppe schätzte die Darstellungen als
unrealistisch ein. Knapp ein Fünftel der Kinder und Jugendlichen hat
demnach auch schon Erfahrungen mit Sexting gesammelt. Von denjenigen, die
bereits mehrfach Sexting-Nachrichten versendet haben, tun das Mädchen im
Alter von 11 bis 13 Jahren besonders häufig. Ein Drittel der Minderjährigen
hat solche Inhalte ohne Zustimmung versendet, fast genauso viele haben
entsprechende Nachrichten weitergeleitet.
„Dabei kann es sogar rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, denn die
Verbreitung von Kinder- und Jugendpornografie ist strafbar“, mahnt die
Medienaufsichtsbehörde.
„Wie sollen Kinder und Jugendliche ein Verständnis für die gesetzlichen
Grenzen von ‚sexueller Kommunikation‘ im Netz, also Sexting, entwickeln
können, wenn sie bereits mit 14 regelmäßig und ungewollt mit stärksten
Formen der Pornografie konfrontiert werden?“, empört sich LfM-Chef Tobias
Schmid. Die Studie mache „einmal mehr“ deutlich, dass das Durchsetzen der
gesetzlichen Jugendmedienschutz-Standards vor allem zum Schutz von Kindern
gar nicht hoch genug bewertet werden könne.
## Zahlreiche Prozesse
Schon seit Längerem versucht die Behörde, [2][Pornoportale wie Pornhub oder
Xhamster zu verpflichten,] Altersverifikationssysteme für den deutschen
Markt einzurichten, damit der gesetzlich verankerte Jugendmedienschutz
gewährleistet ist. Dazu hat sie bereits zahlreiche Prozesse geführt und
auch gewonnen, so zuletzt beim grenzüberschreitenden medienrechtlichen
Verfahren gegen die Portale YouPorn, Pornhub und MyDirtyHobby [3][mit Sitz
in Zypern], die als Tochterfirmen zu der in Kanada ansässigen Ethical
Capital Partners gehören. Das Verwaltungsgericht in Düsseldorf hatte
zuletzt, Ende April, die Rechtsauffassung der LfM bestätigt und die Klagen
der Ethical-Capital-Partners-Firmen abgewiesen.
Theoretisch müssten die Anbieter die Forderungen nach Altersverifikation
jetzt sofort umsetzen. Theoretisch. Da sie es nicht tun, muss die
Landesmedienanstalt sich nun an den technischen Dienstleister wenden, der
die Angebote ins Internet bringt. Doch der sitzt in den USA und wird
wahrscheinlich die Forderungen ignorieren. Erst wenn das feststeht und die
nötigen Verfahren abgeschlossen sind, kann sich die LfM an die
Access-Provider hierzulande, beispielsweise Telekom oder Vodafone, wenden,
damit die unverschlüsselten Sex-Seiten gesperrt werden. Ob die Provider in
Deutschland dem Anliegen der Medienhüter dann nachkommen, bleibt ebenfalls
fraglich, denn sie sehen die Freiheit der Zugänglichmachung von Inhalten
als hohes Gut.
Bei der LfM indessen wird immer wieder darauf hingewiesen, dass es nicht um
ein Verbot der Inhalte, sondern um die Darreichung der Inhalte, also den
nicht vorhandenen Jugendschutz, geht. Die Vorsitzende Richterin in
Düsseldorf hatte allerdings bereits klargemacht, dass sie wegen vieler
offener Fragen beim EU-Recht eine Berufung am Oberverwaltungsgericht
zulassen werde. Und die Portale aus Zypern haben jetzt Berufung eingelegt.
Dabei geht es weniger um die Frage der Inhalte, sondern darum, ob eine
deutsche Behörde solch weitreichende Restriktionen in der digitalen Welt
anordnen und umsetzen darf und ob der Kinder- und Jugendmedienschutz höher
zu bewerten ist als der freie Zugang zu nicht strafbaren Inhalten.
In Staaten wie Frankreich und England mehren sich inzwischen ebenfalls die
Stimmen, die den ungehinderten Zugang zu Pornografie einschränken wollen.
Ob und wie das jemals umgesetzt werden kann, muss wohl auf EU-Ebene geklärt
werden.
3 Sep 2023
## LINKS
[1] /Pornos-sperren-fuer-den-Jugendschutz/!5817663
[2] /Die-Landesmedienanstalten-gegen-Pornos/!5849295
[3] /Porno-im-Netz-und-Jugendschutz/!5668578
## AUTOREN
Wilfried Urbe
## TAGS
Porno
Jugendschutz
Regulierung
Schwerpunkt AfD
Polizei Schleswig-Holstein
Kolumne Unisex
Kinderschutz
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