# taz.de -- Konzertempfehlungen für Berlin: In der Gegenbewegung | |
> Klangvolle Woche mit dem A L’Arme Festival, dem Riesen-Ensemble Andromeda | |
> Mega Express Orchestra, einer Farewell-Tour von Devo und Musik im | |
> Kunstmuseum. | |
Bild: Joy Guidry stellt beim A L'Arme Festival ihr Album „Radical Acceptance�… | |
Yey, da ist er wieder, der klanggewordene Alarm. Auch wenn man vielleicht | |
nicht unbedingt an die titelgebenden Waffen eilen muss, darf man sich | |
freuen, dass A L’Arme, das Festival mit dem schön doppeldeutigen Namen, | |
dazu einlädt, die Ohren aufzusperren – schließlich wird man hier immer | |
wieder klanglich überrascht. Auf dem Programm steht experimentelle Musik | |
und avantgardistischer Jazz. Beim Auftakt am Donnerstag gibt es unter | |
anderem eine Pop-Oper „zwischen Experiment, Überforderung und digitaler | |
Verführung“ von No Plexus, einem aus Allison Wright (alias No Compliments) | |
und Brechtje van Dijk (alias Bec Plexus) bestehenden Duo. Außerdem gibt es | |
an dem Abend mit Veslemøy Narvesen eine virtuos aufspielende | |
Schlagzeugerin, die mit Kit Downes an der Orgel und der Flötistin Ketija | |
Ringe die Weltpremiere des Trio Holistic gibt. | |
Am Freitag kann man unter anderem gucken, wie es zwischen unserer Art und | |
der KI in Sachen Musikproduktion läuft, beim Mensch-Maschine-Quartett | |
Meat.Karaoke.Quality.Time. Zudem stellt Joy Guidry ihr neues, schon | |
ziemlich gefeiertes Album „Radical Acceptance“ vor. Das Festival findet | |
über drei Tage im [1][Radialsystem] statt, als Begleitprogramm gibt’s | |
Konzertvideos und Naturwein auf der Terrasse (ab 18 Uhr, 10.-12. August, | |
Tagestickets 25 Euro, Festivalpass 60 Euro, weitere Infos: | |
[2][alarmefestival.de]). | |
Ganz so ein großes Riesen-Ensemble, wie es mal war, ist das Andromeda Mega | |
Express Orchestra nicht mehr; statt 18 Leuten steht nun ein Dutzend unter | |
der Leitung von Daniel Glatzel auf der Bühne. Gerne zugucken tut man der | |
Band, die zwischen Jazz, Neuer Musik, Progrock und Pop oszilliert und | |
neuerdings verstärkt auch Live-Elektronik in ihrem eklektischen Soundmix | |
unterbringt jedoch immer noch – besonders, weil man die Dynamik, die sich | |
zwischen den Musiker:innen entfaltet, regelrecht sehen kann. Am Sonntag | |
gibts dieses Vergnügen in der UFA Fabrik – Open Air und trotzdem überdacht | |
(13.8., 20 Uhr, 22, erm. 16 Euro). | |
Die aus Ohio stammende Band Devo war nicht nur alleine auf weiter Flur – | |
New Wave besetzte in den USA ja eine eher überschaubaren Nische, anders als | |
im düsterer veranlagten Europa. Devo waren ihrer Zeit weit voraus und | |
prägten mit ihrem Staccato-Sound und surrealen Humor den Postpunk und | |
Art-Pop wie kaum eine Band. Wobei man die Theorie, die ihren Bandnamen | |
inspirierte – dass die Menschheit inzwischen mitten in der Gegenbewegung | |
zur Evolution steckt, es also rapide bergab geht mit unserer Spezies – | |
nicht mehr als Satire begreifen kann, eher als Prophezeiung. | |
## Farewell für Devo | |
Iggy Pop und David Bowie sorgten dem Vernehmen nach seinerzeit | |
höchstpersönlich dafür, dass die Band bei einer Plattenfirma unterkam. | |
Letztes Jahr feierte Devo ihr 50-jähriges Jubiläum, 2010 war mit mit | |
„Something For Everybody“ noch einmal ein neues Album erschienen. Nachdem | |
Sänger Mark Mothersbaugh im Februar dieses Jahres erklärt hatte, dass er | |
gerne noch 50 Jahre weitermachen würde (auch wenn Gitarrist Bob Casale | |
schon 2014 überraschend an Herzversagen gestorben war), ist die Band | |
plötzlich auf Farewell-Tour. Während sie über die letzten Jahrzehnte in den | |
USA recht eifrig tourten, waren sie seit 1991 nicht mehr in Deutschland. | |
Also am Dienstag FOMO-mäßig auf nach Spandau, in die [3][Zitadelle] (15.8., | |
19.30 Uhr, VVK Tickets 60-100 Euro). | |
Und nochmal ganz weit raus: Wer noch nicht im Das Minsk war, diesem nicht | |
mehr ganz so neuen Kunstmuseum in Potsdam (der in der sonst so | |
abrisswütigen Stadt wenigstens ein architektonisches Highlight der | |
Ostmoderne gerettet hat) kann den Ort am Donnerstag im Bar-Modus erleben. | |
Damit dockt er insofern an die frühere Gaststätte Minsk an, dass abends | |
länger auf ist und man sich im hoffentlich sommerlicheren Modus an der | |
Terrasse erfreuen kann. Dazu gibt es ein [4][ambitioniertes Programm], | |
kuratiert von Robert Lippok, bei dem unter anderem die georgische Musikerin | |
Anushka Chkheidze spielen wird (17.8., ab 19 Uhr, Eintritt 10, erm. 8 | |
Euro). | |
8 Aug 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.radialsystem.de/ | |
[2] https://www.alarmefestival.de | |
[3] https://www.eventim.de/event/devo-the-farewell-tour-celebrating-50-years-zi… | |
[4] https://dasminsk.de/kalender/3480/3480 | |
## AUTOREN | |
Stephanie Grimm | |
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