# taz.de -- CDU-Querelen um Merz-Äußerungen: Linnemann will mehr Geschlossenh… | |
> Der designierte CDU-Generalsekretär wirft sich für seinen Parteichef in | |
> die Bresche. Einige würden Friedrich Merz „bewusst missverstehen wollen“. | |
Bild: Versucht, den Durchblick zu behalten: designierter CDU-Generalsekretär C… | |
Berlin dpa/afp/taz | CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hat seine Partei | |
nach den Querelen um den Kurs gegenüber der AfD zur Geschlossenheit | |
aufgerufen. Zur Debatte um [1][Äußerungen von Parteichef Friedrich Merz] in | |
einem ZDF-Interview vor einer Woche sagte Linnemann den Zeitungen der Funke | |
Mediengruppe, er habe sich „darüber geärgert, dass manche in der Partei die | |
Debatte über die Äußerungen aus dem Sommerinterview auf Twitter geführt | |
haben“. Dies schade „nur der CDU“. | |
CDU-Chef Merz hatte in dem Interview eine Zusammenarbeit seiner Partei mit | |
der AfD auf Landes- oder Bundesebene zwar abermals ausgeschlossen, sich | |
aber zugleich für einen pragmatischen Umgang mit gewählten Amtsträgern der | |
AfD ausgesprochen. Nach breiter Kritik [2][auch aus den eigenen Reihen] | |
erklärte Merz jedoch, es werde „auch auf kommunaler Ebene keine | |
Zusammenarbeit der CDU mit der AfD geben“. | |
Mit Blick auf den Umgang mit [3][Merz' Äußerungen] sagte Linnemann: „Ich | |
habe immer mehr den Eindruck, dass einige ihn bewusst missverstehen | |
wollen.“ Was die AfD betrifft, gebe es „einen glasklaren Beschluss, dass | |
wir auf allen Ebenen eine Zusammenarbeit entschieden ablehnen“. Auch Merz | |
habe „ganz klar gesagt, dass wir nicht mit der AfD zusammenarbeiten“. Dies | |
gelte auch noch nach den Kommunalwahlen und drei Landtagswahlen in | |
Ostdeutschland im nächsten Jahr. | |
Merz habe indes „eine Realität beschrieben, mit der alle Parteien umgehen | |
müssen“, fügte Linnemann an. Es gebe einen AfD-Landrat in Thüringen und | |
gleichzeitig Bürgermeister anderer Parteien. „Wenn der Landrat wegen einer | |
Schulsanierung anruft, hebt der Bürgermeister natürlich ab“, sagte der | |
CDU-Generalsekretär. Es sei „nur ehrlich, wenn Friedrich Merz diese Fakten | |
benennt“. Diese beträfen „nicht nur uns, sondern auch SPD, Grüne und FDP�… | |
## Diskussion über Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland | |
Unterdessen hat Merz vor der Gefahr eines wirtschaftlichen Abstiegs | |
Deutschlands gewarnt und ein Gegensteuern der Bundesregierung verlangt. | |
Mitten im Sommer stiegen die Arbeitslosenzahlen, und trotz des | |
Fachkräftemangels habe die Zahl der Insolvenzen im ersten Halbjahr 2023 um | |
16 Prozent über dem Vorjahr gelegen, sagte der CDU-Chef der Deutschen | |
Presse-Agentur in Berlin. Zudem sei die Industrieproduktion rückläufig. | |
„Das muss uns als ein Land mit hohem Industrieanteil zutiefst besorgen.“ | |
Man müsse sich fragen, ob der Arbeitsmarkt bei 769.000 offenen Stellen und | |
2,55 Millionen Arbeitslosen eigentlich noch richtig funktioniere, sagte | |
Merz. „Oder richten wir uns darauf ein, dass wir den Arbeitskräftebedarf | |
nur noch mit immer höherer Einwanderung decken?“ Wenn dem so sei, müsse | |
sich die Bundesregierung fragen lassen, warum sie es nicht schaffe, dass | |
wenigstens diejenigen aus dem Ausland kommen könnten, die schon vor Wochen | |
oder Monaten entsprechende Anträge gestellt haben. | |
„Bei den Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland bleiben | |
Anträge in fünfstelliger Zahl unbearbeitet liegen“, kritisierte Merz. Die | |
Union habe deshalb vorgeschlagen, die Einwanderung in den Arbeitsmarkt und | |
die Asylverfahren komplett voneinander zu trennen und eine rein digitale | |
Bearbeitung der Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen einzurichten. Dies | |
habe die Bundesregierung jedoch abgelehnt. „Wir benötigen aber dringend | |
modernste digitale Verfahren, damit wir diejenigen erreichen, die wir für | |
unseren Arbeitsmarkt brauchen.“ | |
Demgegenüber kritisierte der designierte CDU-Generalsekretär Linnemann, | |
dass die Bundesregierung bei der Lösung des Fachkräftemangels nach seiner | |
Ansicht zu sehr auf Zuwanderung aus dem Ausland setze. „Die Bundesregierung | |
macht den Fehler, sich vor allem auf die Zuwanderung von ausländischen | |
Fachkräften zu fokussieren“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. | |
„Das Potenzial ist aber gering: Pro Jahr wandern ungefähr 40.000 bis 60.000 | |
Menschen aus Drittstaaten in den Arbeitsmarkt ein, das löst unsere Probleme | |
nicht.“ Die Regierung ignoriere sträflich das Potenzial im Inland. | |
Linnemann schlug stattdessen dies vor: „Wer in Rente geht und freiwillig | |
weiterarbeitet, soll 2.000 Euro im Monat steuerfrei verdienen dürfen. | |
Außerdem gibt es allein 600.000 Menschen zwischen 18 und 24 Jahren, die | |
weder arbeiten noch eine Ausbildung haben.“ Diese jungen Leute könne man | |
nicht einfach verloren geben. | |
Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger kritisierte die Äußerungen | |
Linnemanns. Die FDP-Politikerin warf der CDU am Sonntag vor, in der von ihr | |
geführten Regierung die Fachkräftezuwanderung jahrelang verhindert und den | |
Mangel so mitverursacht zu haben. „Dass sie daraus aber nichts gelernt hat, | |
ist haarsträubend und wohlstandsgefährdend“, sagte sie. Natürlich müsse d… | |
inländische Potenzial ausgeschöpft werden. Ohne Fachkräftezuwanderung werde | |
es aber angesichts einer alternden Gesellschaft nicht mehr gehen. | |
30 Jul 2023 | |
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