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# taz.de -- AfD wählt Krah zum EU-Spitzenkandidaten: Radikaler geht immer
> Der rechtsradikale Maximilian Krah führt nun die AfD-Liste für die
> Europawahl an. Auf dem Parteitag stellte Höcke die Machtfrage – und
> behielt die Oberhand.
Bild: Schließt gern die Augen im Angesicht von Fakten: AfD-Spitzenkandidat Max…
Magdeburg taz | Der rechtsradikale EU-Abgeordnete Maximilan Krah ist mit 65
Prozent zum Spitzenkandidaten der AfD für die Europawahl gewählt worden. Er
setzte sich deutlich gegen den chancenlosen Herausforderer Andreas Otti aus
dem Landesverband Berlin durch. Die extrem rechte Partei hat am Samstag
damit begonnen, ihre Europaliste aufzustellen. Krah ist gegenwärtig in der
europäischen ID-Fraktion wegen Manipulationsvorwürfen suspendiert, die 600
Delegierten des AfD-Parteitags von Magdeburg haben trotzdem für ihn
votiert. Gerade die Kür des Spitzenkandidaten gilt als richtungsweisend.
Und wie immer seit Parteigründung 2013 führte diese mal wieder in Richtung
Radikalisierung.
Denn Krah hat in seiner Antrittsrede schon in den ersten Sätzen keinen
Zweifel gelassen, wofür er steht: „Wir wollen ganz Deutschland zu einem
großen Sonneberg machen. Damit wir das schaffen, müssen wir den Kurs
halten, den wir in Riesa begonnen haben“, sagte er. Im sächsischen Riesa
wurde vor einem Jahr ein Bundesvorstand ganz nach dem Geschmack des
Rechtsextremisten Björn Höcke gewählt, in Sonneberg kürzlich der erste
AfD-Landrat.
Dann wiederholte Krah das, was er schon auf dem Sommerfest des als
rechtsextrem eingestuften [1][Instituts für Staatspolitik in Schnellroda
gesagt hat]: „Wir sind mittlerweile die spannendste Rechtspartei in Europa,
überall hat man den Leuten erzählt, man muss sich anpassen, man müsse eine
Art Werteunion sein.“ Krah plädiert auch in seinem jüngsten Buch, in dem er
sich am NS-Vordenker Carl Schmitt orientiert, für einen klar rechten Kurs.
In der Vergangenheit nutzte er auch gern Neonazi-Vokabular wie „Umvolkung“.
In seiner Vorstellungsrede giftete er in Richtung seiner innerparteilichen
Gegner*innen, die ihn in den vergangenen Wochen angegriffen hatten wegen
seines [2][guten Verhältnisses nach Russland, Katar und zu chinesischen
Konzernen]. Jeder solle sich überlegen, ob es nicht auch sie selbst treffen
könne, drohte er schon fast. Dann rief er: „Ist es nicht an der Zeit, den
Dreckwerfern endlich mal die Rote Karte zu zeigen?!“ Tosender Applaus war
die Folge, am Ende gab es nach viel Deutschtümelei und nationalistisch
gefärbter Sozialrhetorik Standing Ovations.
Sein Gegenkandidat Andreas Otti, Typ zackiger Luftwaffenoffizier, aus dem
Landesverband Berlin bekam zwar Achtungsapplaus, aber unterlag am Ende
deutlich – er hatte sich gegen einen putinfreundlichen Kurs ausgesprochen.
Das von vielen für Samstag erwartete Hauen und Stechen ließ danach nicht
lang auf sich warten: Schon beim Kampf um Platz 3 der Europaliste stellte
Höcke offen die Machtfrage. Er stellte sich ans Saalmikro und sagte: „Ich
bin Björn Höcke aus Thüringen und schlage René Aust vor.“ Das war eine
Kampfansage an die übrigen Länderchefs, deren Liste nach Länderproporz den
Höcke-Gehilfen Aust aus dem Thüringer Landesvorstand nur für die Position
10 vorsah. Die Messer waren gewetzt: Direkt danach schlug Sachsens
Landeschef Jörg Urban die noch kürzlich mit einem Parteiausschlussverfahren
belegte Martina Böswald aus Baden-Württemberg als Gegenkandidatin vor.
Das zeigte: Das völkische Lager streitet in Magdeburg erstmals auf offener
Bühne. Die Machtfragen stellt Höcke auch gegen ehemals Verbündete.
Gleichzeitig ist die Lage komplex, weil sich die innerparteilichen
Bündnisse und Gräben neu sortieren. Denn Unterstützung für Aust soll es
auch aus dem Lager um Co-Parteichefin Alice Weidel geben, die Böswald in
inniger Feindschaft ergeben ist.
Die erste Machtprobe entschied Höcke für sich: Nach einer zutiefst
rassistischen Rede zwischen „Festung Europa“ und beschworenen Ängsten vor
Migration erhielt Höckes Emporkömmling Aust Standing Ovations. Böswald, die
Corona-Impfungen „Giftspritzen“ nannte, wirkte demgegenüber blass, bekam
deutlich weniger Applaus. Entsprechend wurde Aust am Ende gewählt, mit 67
Prozent. Höckes Gegner konnten ihm trotz einer relativ schwachen Kandidatin
also immerhin rund ein Drittel der Stimmen abnehmen.
Dass wiederum Krah trotz seiner Suspendierung und viel interner Kritik für
die Spitzenposition durchkam, zeigt auch die prekäre Personallage der AfD.
Besonders vielsagend war Alice Weidels Mimik während der Rede von Krah: Sie
saß dort mit versteinertem Blick, als der neue Spitzenkandidat den
innerparteilichen Gegner*innen den Kampf ansagte und von deutschem
Liedgut schwärmte. Die anschließenden Kampfkandidaturen wiederum zeugten
davon, dass es mit der vortags beschworenen „Harmonie“ nicht allzu weit her
ist.
An zweiter Stelle wurde im Übrigen der Bundestagsabgeordnete Petr Bystron
gewählt, der unter anderem dafür bekannt ist, dass er [3][Schießtraining
mit Rassisten in Südafrika absolviert] hat. In seiner Antrittsrede schlug
er auch antisemitische Töne an, als er verschwörungsideologisch gegen
Schwab, Soros und Gates hetzte, und „Knast für Carola Rackete“, die
ehemalige Seenotretterin und Spitzenkandidatin der Linken für die
Europawahl, forderte.
Höcke war schon vor der ersten Machtprobe gut gelaunt: „Diese EU muss
sterben, damit das wahre Europa leben kann“, sagte er im Interview mit
Phoenix – und stellte sich mit der Forderung nach einer Abschaffung der EU
auch gegen das bisherige Narrativ der Parteiführung zum Europa-Leitantrag.
Nachdem sich in dem Antrag die „Auflösung der EU“ wiederfand, hatte es von
der Parteiführung geheißen, dass dies ein „redaktioneller Fehler“ gewesen
sei. Höcke aber fordert genau das weiter ganz offen. Seine Worte kann man
durchaus als Neuinterpretation einer Durchhalteparole der
Nationalsozialisten nach Stalingrad verstehen: [4][„Sie starben, damit
Deutschland lebe“], was wiederum wohl eine Abwandlung des Kriegslyrikers
Heinrich Lersch aus dem Ersten Weltkrieg ist: [5][„Deutschland muss leben,
und wenn wir sterben müssen“]. Höcke, der immer wieder mit Anspielungen auf
den Nationalsozialismus auffällt, ist derzeit auch wegen der Verwendung
einer SA-Losung angeklagt.
Passend dazu riefen Gegendemonstrant*innen vom Bündnis „Solidarisches
Magdeburg“ während ihrer Demo „Höcke ist – ein Faschist“. Laut Bündn…
zogen 3.500 Menschen gegen die extrem rechte AfD durch die Stadt. Die
Polizei sprach von 2.000 Demonstrierenden. Am Himmel zog ein von der
Initiative „Kein Bock auf Nazis“ organisiertes Kleinflugzeug Kreise mit
einem riesigen „Scheiß AfD“-Banner.
29 Jul 2023
## LINKS
[1] /Die-AfD-und-die-Sozialpolitik/!5946707
[2] /AfD-Parteitag-in-Magdeburg/!5946568
[3] /Verhaeltnis-von-AfD-zu-Reichsbuergern/!5900281
[4] https://twitter.com/MattheusWehowsk/status/1685243125428584448
[5] https://twitter.com/DavidBegrich/status/1685279680121667584
## AUTOREN
Gareth Joswig
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