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# taz.de -- Klimaschädlicher Tourismus: Weg mit den Kreuzfahrtschiffen
> Amsterdam ist beliebter Anlageort für Ozeanriesen, doch die Stadt will
> sie künftig verbannen. Sie brächten zu viele Touristen und schadeten dem
> Klima.
Bild: Bald nicht mehr erwünscht: Kreuzfahrtschiffe im Hafen von Amsterdam
Amsterdam taz | Die Parole tauchte Mitte Juli auf: „He he ho ho Cruise
Ships got to go!“ In großen Lettern zog sie sich über eine Brücke hinter
dem Terminal, wo die riesigen Ozean-Kreuzfahrtschiffe bei ihrem Halt in der
niederländischen Hauptstadt anlegen.
Verantwortlich dafür: die Klima-Aktivist*innen von Extinction Rebellion. Es
ist kein Geheimnis, dass Kreuzfahrtschiffe [1][aus ökologischer Sicht eine
Zumutung] sind. „Untragbar für Klima, Umwelt und Gesundheit“ nannte der
Naturschutzbund Deutschland (Nabu) sie, und im kürzlich veröffentlichten
Kreuzfahrtranking 2023 heißt es: „Kreuzfahrt und Klimaschutz kommen nicht
zusammen.“ In Rostock-Warnemünde [2][hinderten Aktivist*innen in
Schlauchbooten und Kajaks im Juni ein Schiff der Aida-Flotte] mehrere
Stunden lang am Auslaufen.
In Amsterdam aber will die Stadtregierung nun eingreifen, um den Verkehr
der Kreuzfahrtschiffe zu regulieren: Eine Mehrheit des Stadtrats nahm
letzte Woche einen Antrag der liberalen Partei Democraten66 an, um besagtes
Terminal, östlich vom Hauptbahnhof an einem Seitenarm des IJ gelegen, an
einen anderen Standort außerhalb des Zentrums zu verlagern.
Fraktionsvorsitzende Ilana Rooderkerk sagte, das Terminal für
Kreuzfahrtschiffen passe nicht [3][zu den „nachhaltigen Ambitionen“
Amsterdams] und dem Plan, die Zahl der Touristen in der Stadt zu
reduzieren. Nicht zum ersten Mal überschneiden sich hier mehrere Diskurse,
wenn es in der stark überlaufenen Hauptstadt um das Thema Übertourismus
geht.
## Tourist*innen „konsumierten“ die Stadt, hätten aber für diese wenig
Bedeutung
In diesem Fall geht es um die deutliche Beschränkung der
Besucher*innen-Zahlen, was sich die derzeitige linke Stadtregierung und
Bürgermeisterin Femke Halsema unmissverständlich auf die Fahnen geschrieben
haben, und zugleich um Klimaschutz und Nachhaltigkeit.
Halsema, einst Parteichefin und Fraktionsvorsitzende der Partei GroenLinks
im niederländischen Parlament, sagte letztes Jahr in einem Podcast der
Zeitung NRC Handelsblad, Kreuzfahrt-Tourist*innen würden einige Stunden
lang in der Stadt „losgelassen“, äßen währenddessen bei internationalen
Ketten und hätten keine Zeit für Museumsbesuche. Dadurch „konsumierten“ s…
die Stadt, hätten aber für diese wenig Bedeutung.
Diskussionen um einen neuen Standort des Terminals gibt es seit 2016.
Aktuell spielt noch ein weiterer Aspekt mit: die schnell wachsende Stadt
will die nördlich des Flusses IJ gelegenen Teile besser anbinden, weshalb
im Rathaus seit Langem über eine zusätzliche Brücke nachgedacht wird.
2021 empfahl eine Stadtplanungskommission, das Terminal zu diesem Zweck in
den weit vom Zentrum entfernten Hafen zu verlegen. Ozean-Kreuzfahrtschiffe
könnten unter einer Brücke nicht passieren, betonte auch
D66-Fraktionsvorsitzende Rooderkerk.
## Pläne zu CO₂-Reduzierung der Schiffe sind nun hinfällig
Was die Nachhaltigkeit betrifft, sollten vor Anker liegende Schiffe am
aktuellen Standort ab 2025 ans lokale Elektrizitätsnetz angeschlossen
werden und damit grünen Strom benutzen, sodass sie während der Liegezeit
ihre eigenen Motoren ausstellen können. Laut der Tageszeitung Het Parool
würden damit nahezu 75 Prozent der Feinstoffemissionen und 70 Prozent des
CO₂ eingespart. Es sind aber noch nicht alle Kreuzfahrtschiffe dafür
ausgerüstet. Durch den Umzug sind diese Überlegungen nun hinfällig.
„Amsterdam geht es besser ohne Cruise-Schiffe“, zitieren niederländische
Medien Stadtratsmitglied Rooderkerk. Diederik Boomsma, Stadtrat der
oppositionellen Christdemokraten, verwies hingegen auf die genannte Nutzung
lokaler Elektrizität, um die Verschmutzung durch Kreuzfahrtschiffe zu
senken – eine Option, in die bereits „kräftig investiert“ werde und die …
2030 für Seekreuzfahrtschiffe innerhalb der EU obligatorisch ist.
Wo das Terminal mitsamt Hotel, Gastronomie und Eventzentrum, an dem dieser
Tage viel Betrieb herrscht, künftig angesiedelt werden soll, ist noch
unklar. In einem Plädoyer wandten sich Rooderkerk und ihr Fraktionskollege
Rob Hofland auch gegen den Hafen als neuen Anlegeplatz der „schwimmenden
Wohnblöcke“, da dort ein neues Wohngebiet geplant ist. Klar ist nur: es
soll sich um einen Ort „außerhalb der Stadtgrenzen“ handeln.
16 Aug 2023
## LINKS
[1] /Die-Verstaendnisfrage/!5944600
[2] /Kanus-blockieren-Kreuzfahrtschiff/!5941372
[3] /Verkehrswende-in-den-Niederlanden/!5899353
## AUTOREN
Tobias Müller
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Schwerpunkt Klimawandel
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