Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Strände in Griechenland: Mit Handtuch gegen Privatisierung
> In Griechenland können nur wenige Strandabschnitte kostenlos besucht
> werden. Nun formiert sich Protest – und die Regierung verschärft ihre
> Kontrollen.
Bild: Die „Handtuchbewegung“ kämpft mit Demonstrationen gegen die Privatis…
Athen taz | Mitten in der Urlaubssaison formiert sich in Griechenland
Protest gegen die Privatisierung von Stränden: Mit Transparenten und
Sprechchören drückt die sogenannte Handtuchbewegung ihren Missmut aus.
Ihnen sind die vielen Beachbars mit ihren Strandliegen samt Sonnenschirmen
ein Dorn im Auge, für deren Nutzung oftmals Wucherpreise verlangt werden
und die sich illegal über die erlaubte Fläche hinaus ausbreiten. So nehmen
sie den übrigen [1][Strandbesuchern den freien, kostenlosen Zugang zu den
Stränden].
Viele Strandbarbetreiber stellen ihre Sonnenliegen dicht an dicht bis
direkt ans Meer auf. Ein klarer Verstoß gegen das griechische Gesetz: Das
sieht einen Mindestabstand von fünf Metern zum Meer vor. Manche
Strandbarbesitzer haben überhaupt keine Betriebsgenehmigungen, andere
agieren in Naturschutzgebieten.
Das Phänomen der immer mehr Strandfläche raubenden Sonnenliegen ist in
Hellas – mit dank seiner vielen Inseln [2][gut 15.000 Kilometern
Küstenlänge] – nicht neu. Ihren Anfang nahm die Bürgerbewegung gegen die
Strandprivatisierung im Juli auf Paros – und sie feiert nun erste Erfolge.
Anfang August jubelte „Save Paros“, die als Keimzelle der Handtuchbewegung
in ganz Hellas gilt: Der Strand Santa Maria sei „inzwischen auf der Hälfte
seiner Gesamtfläche frei von Sonnenliegen“. „Das Handtuch hat die
Sonnenliege besiegt“, freuen sich die Unterstützer der Bewegung.
Auch ein Fall aus dem vergangenen Jahr kocht gerade wieder hoch: Damals
ging der Betreiber einer Strandbar am Kastamonitis-Strand auf der
nordgriechischen Halbinsel Chalkidiki heftig auf ein älteres Ehepaar los,
als es gerade Handtuch und Schirm auf dem Sand platzierte. „Wir waren zwei
Meter von den Sonnenliegen der Strandbar entfernt. Da kam er auf uns zu und
fing an wild zu fluchen“, klagte die Griechin mit zitternder Stimme im
Athener Privatsender Mega TV. Der Ehemann musste sogar ins Krankenhaus
eingeliefert werden.
## In nur drei Tagen wurden 16 Personen festgenommen
Ob auf den Kykladen, Kreta oder den Inseln im Ionischen Meer: Die
Handtuchbewegung gewinnt immer mehr Unterstützer. Aktionen finden derzeit
täglich statt. Zahlreiche Strandbarbesitzer geben unter dem Druck der
Bürgerbewegung nach, indem sie wieder Platz für den kostenlosen Zugang zu
den Stränden machen.
Die seit Juli 2019 amtierende und jüngst wiedergewählte Regierung in Athen
unter dem [3][konservativen Premier Kyriakos Mitsotakis] hat nun plötzlich
landesweite Kontrollen und Razzien angeordnet. Dabei werden, wenig
verwunderlich, zahlreiche Verstöße festgestellt. Innerhalb von drei Tagen
seien 16 Personen festgenommen worden, wie griechische Medien meldeten.
Doch der Personalmangel in den Behörden ist akut: Für ganz Chalkidiki mit
seinen Hunderten Stränden gibt es nur drei Kontrolleure.
Sie haben viel zu tun: Auf Milos wurde ein Gastronom verhaftet, der in
einer archäologischen Stätte 41 Schirmstühle, 20 Sonnenschirme und 17
Sitzgelegenheiten mit fünf Tischen ohne Genehmigung aufgestellt hatte. Auf
Zakynthos wurde ein Strandbarbetreiber festgenommen, weil er 30
Sonnenschirm-Sitzgarnituren ohne Genehmigung aufgestellt hatte.
Unterdessen wirft die größte Athener Oppositionspartei, [4][die
radikallinke Syriza], der Regierung Mitsotakis Heuchelei vor. Hatte 2019
die damals amtierende Syriza-Regierung festgelegt, dass 60 Prozent der
Gesamtfläche eines Strandes für die Bürger frei bleiben müssten, habe die
Regierung Mitsotakis diese Regelung zugunsten der privaten
Strandbarbetreiber geändert: Nunmehr könnten sie 50 Prozent der
Gesamtfläche des Strandes nutzen. Ferner hätte sie den zuvor fünfjährigen
Ausschluss von einer Lizenz wegen eines Verstoßes gegen die
Lizenzbedingungen zu einem einjährigen verkürzt.
Doch nicht alle teilen die Auffassung der Handtuchbewegung. In der
konservativen Tageszeitung Kathimerini schreibt ein Kommentator:
Wohlhabende Touristen kämen an den Strand, „um zu sehen und gesehen zu
werden“. Es läge auf der Hand, dass sie keine Familie mit Handtüchern und
mitgebrachtem Essen neben ihrer teuren Sonnenliege haben wollten. Und
zurück in die Ära des Armen-Tourismus, schließt er, wolle man nun auch
nicht.
8 Aug 2023
## LINKS
[1] /Privatisierte-Straende-im-Libanon/!5879479
[2] /Bootsunglueck-im-Mittelmeer/!5939907
[3] /Nea-Dimokratia-auf-der-Peloponnes/!5952004
[4] /Wahlniederlage-der-griechischen-Syriza/!5934965
## AUTOREN
Ferry Batzoglou
## TAGS
Griechenland
Küste
Privatisierung
Protest
Griechenland
Griechenland
Griechenland
Griechenland
Schwerpunkt Korruption
Griechenland
Griechenland
## ARTIKEL ZUM THEMA
Proteste in Athen: Ware Bildung in Griechenland
In Athen demonstrieren Studierende gegen die Pläne der konservativen
Regierung, private Hochschulen zuzulassen. Das gehe an den Problemen
vorbei.
Bevölkerungsrückgang in Griechenland: Drei Hochzeiten, viele Todesfälle
„Es erlischt“, sagte der Händler Dimitrios Stamenas lapidar über das Leben
in Nea Zichni. Griechenland steht vor gewaltigen demografischen Problemen.
Wahlen in Griechenland: Klatsche für die Konservativen
Die Regierungspartei ND wird in Griechenland bei den Kommunal- und
Regionalwahlen abgestraft – das Ende der Erfolgsserie des Premiers
Mitsotakis.
Feuerkatastrophe in Griechenland: Geflüchtete im Wald verbrannt
Bei einem Waldbrand nahe der türkischen Grenze sind offenbar 18 Migranten
ums Leben gekommen. In Griechenland lodern aktuell mehr als 60 Feuer.
Nea Dimokratia auf der Peloponnes: Die Firma Griechenland
Seit den Parlamentswahlen ist das Land fest in der Hand der konservativen
Nea Dimokratia. Die Verflechtungen der Partei mit Unternehmen sind enorm.
Waldbrände in Griechenland: Eine verheerende Saison
Kein Land in Südeuropa hat so viel verbrannte Erde zu beklagen wie
Griechenland. Die Türkei auf der anderen Seite der Ägäis ist hingegen kaum
betroffen.
Spartaner-Partei in Griechenland: „Wir sind Nationalisten“
Bei der jüngsten Wahl ist die Partei Spartaner auf Anhieb ins griechische
Parlament eingezogen. Ein Besuch am rechten, verschwörungstheoretischen
Rand.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.