| # taz.de -- Wahlen in Griechenland: Klatsche für die Konservativen | |
| > Die Regierungspartei ND wird in Griechenland bei den Kommunal- und | |
| > Regionalwahlen abgestraft – das Ende der Erfolgsserie des Premiers | |
| > Mitsotakis. | |
| Bild: ND-Bürgermeister Kostas Bakoyannis bei der Stimmabgabe in der ersten Run… | |
| Athen taz | Bedröppelt schaut Sia Kosioni, blendend bezahlte Moderatorin | |
| beim privaten Athener Sender Skai des regierungsnahen Reeders Jannis | |
| Alafouzos, am Sonntagabend in die Kamera. Gerade laufen die ersten | |
| Ergebnisse der Stichwahl um den prestigeträchtigen Bürgermeisterposten in | |
| der griechischen Hauptstadt Athen über den Bildschirm. Rasch wird klar: Ihr | |
| Gatte, Kostas Bakogiannis – amtierender Athener Bürgermeister und Neffe von | |
| Premier Kyriakos Mitsotakis der [1][konservativen Regierungspartei Nea | |
| Dimokratia (ND)] – hat die Stichwahl haushoch verloren. Plötzlich verstummt | |
| die sonst so Redselige. | |
| Der Schock im [2][Mitsotakis-Clan] sitzt tief. Der 45-jährige Bakogiannis | |
| durfte schon früh als Berater seiner Mutter Dora Bakogianni fungieren, als | |
| diese noch Außenministerin war. Er wurde Bürgermeister im Heimatort seines | |
| Vaters, avancierte zum Chef der dortigen Regionalverwaltung und wurde 2019 | |
| Bürgermeister von Athen. | |
| Doch nun ist der Spross der alten Politdynastie nach nur einer Amtsperiode | |
| in Athen abgewählt. Er musste sich dem Einsteiger Charis Doukas geschlagen | |
| geben, den in der Stichwahl neben der sozialdemokratischen Pasok auch die | |
| radikallinke Syriza unterstützte. | |
| Das ND-Waterloo in Athen war nicht ihr einziges Debakel bei den Regional- | |
| und Kommunalwahlen. Die ND verlor in 5 der 13 griechischen Regionen. Neben | |
| Athen muss der amtierende ND-Bürgermeister der nordgriechischen Metropole | |
| Thessaloniki seinen Stuhl räumen, im westgriechischen Patras wurde ein | |
| Kommunist wiedergewählt. | |
| ## Mitsotakis' „Dreizehn plus drei“ scheiterte | |
| Dabei hatte Mitsotakis die Marschrichtung einprägsam vorgegeben: dreizehn | |
| plus drei. Alle 13 Regionen sowie die 3 großen Städte Athen, Thessaloniki | |
| und Patras sollten unbedingt von ND-Leuten regiert werden. Mitsotakis’ | |
| Ziel: Die Macht der nach dem Triumph bei den jüngsten Parlamentswahlen Ende | |
| Juni weiter alleine regierenden Konservativen zementieren. Die ND-Bilanz | |
| fiel deutlich bescheidener aus: statt dreizehn plus drei kam ein sieben | |
| plus null heraus. | |
| Es ist auch eine persönliche Niederlage für Mitsotakis. Vor den Stichwahlen | |
| hatte er sich massiv für die ND-Kandidaten eingesetzt. Fast alle verloren, | |
| nur in der Region Peloponnes siegte ein ND-Mann. Dessen Mentor ist aber | |
| Ex-Premier Antonis Samaras, ein innerparteilicher Gegenpol zu Mitsotakis. | |
| Die Verluste am Sonntag stellen die erste Niederlage der ND unter | |
| Mitsotakis seit dem Frühjahr 2019 dar. | |
| Die Regierung Mitsotakis weist in den ersten 100 Tagen ihrer neuerlichen | |
| Amtszeit eine desaströse Bilanz auf. Neben zwei Ministerrücktritten | |
| brachten [3][heftige Waldbrände] in halb Hellas und zwei weitläufige | |
| Überschwemmungen in Thessalien schwere Fehler und Versäumnisse zum | |
| Vorschein. | |
| Ferner vergrätzten ND-Frontmänner wie Arbeitsminister Adonis Georgiadis | |
| viele Wähler. Unverhohlen machten sie vor der Stichwahl deutlich: Unter der | |
| Regierung in Athen könnten die von ihr bevorzugten Kandidaten besser die | |
| für Griechenland bereitgestellten EU-Gelder abrufen. Ihr unverfrorenes | |
| Motto: „Wählt bloß nicht die anderen, sonst kriegen eure Gemeinden und | |
| Regionen keine EU-Gelder!“ Viele Wähler werteten dies als schiere | |
| Erpressung – und straften die ND-Kandidaten ab. | |
| ## Wer wählt noch in Griechenland? Nur knapp 40 Prozent. | |
| Derweil sollten ob der Politikverdrossenheit im Land ganz grundsätzlich die | |
| Alarmglocken schrillen: Die Wahlbeteiligung brach am Sonntag auf ein | |
| historisches Tief ein: In den Gemeinden gaben gerade einmal 40 Prozent der | |
| Wahlberechtigten ihre Stimme ab, auf Regionalebene nur 35 Prozent. | |
| 16 Oct 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ferry Batzoglou | |
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