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# taz.de -- Hitze in Deutschland: Ärzt:innen schlagen Alarm
> Mediziner:innen fordern eine Siesta, um Arbeitende zu schützen.
> Gesundheitsminister Karl Lauterbach begrüßt das, ein Gesetz dazu will er
> nicht.
Bild: Ventilatoren kühlen auch nur bedingt ab
BERLIN taz | Der Schweiß tropft, die Konzentration geht flöten: Bei Hitze
zu arbeiten kann unangenehm sein, unproduktiv noch dazu, im Zweifelsfall
sogar gesundheitlich gefährlich. Der Verband der Amtsärzte sieht
Deutschland nicht genug darauf vorbereitet.
„Wir sollten uns bei Hitze an den Arbeitsweisen südlicher Länder
orientieren: Früh aufstehen, morgens produktiv arbeiten und mittags Siesta
machen ist ein Konzept, das wir in den Sommermonaten übernehmen sollten“,
sagte Johannes Nießen, Chef des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des
öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD), dem Redaktionsnetzwerk
Deutschland.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kann dem Vorstoß einiges
abgewinnen – sieht sich aber nicht selbst in der Pflicht. Medizinisch sei
eine Siesta „sicher für viele Berufe sinnvoll“, [1][twitterte] er. „Das
sollten aber Arbeitgeber und Arbeitnehmer selbst aushandeln.“
Ein Gesetz will er also nicht auf den Weg bringen. Freuen dürfte das
Marie-Christine Ostermann, Chefin des Verbands der Familienunternehmer. Sie
hatte den ärztlichen Rat gegenüber der Rheinischen Post abgelehnt: „Die
Notwendigkeit einer flächendeckenden, womöglich gesetzlich festgelegten
Siesta im Sommer sehe ich nicht.“ Ostermann verwies darauf, dass es bereits
Vorgaben zum Arbeitsschutz gebe.
## Ab 35 Grad gilt ein Raum als ungeeignet zum Arbeiten
In den sogenannten „Technischen Regeln für Arbeitsstätten“ gibt es
tatsächlich auch Empfehlungen zum Umgang mit Hitze. Im Idealfall sollen
Arbeitsräume nicht wärmer als 26 Grad sein – dürfen aber. Dann soll der
Arbeitgeber für Abkühlung sorgen, zum Beispiel durch Jalousien. Bei
Temperaturen über 30 Grad werden Maßnahmen wie morgendliches Lüften, ein
Lockern von Bekleidungsvorschriften und das Bereitstellen von Getränken
nahegelegt.
Erst ab 35 Grad gilt ein Raum als ungeeignet zum Arbeiten, außer, es gibt
gewisse Hilfsmittel wie Luftduschen und ausreichend Pausen. Das soll
eigentlich die Arbeit an besonderen Arbeitsplätzen wie Hochöfen ermöglichen
– nicht normale Jobs in der Klimakrise.
Im vergangenen Jahr sind in Deutschland Tausende Menschen infolge von Hitze
gestorben. Das Robert-Koch-Institut kam auf 4.500 Todesfälle. Eine Studie
des Barcelona Institute for Global Health, die kürzlich im Fachmagazin
Nature Medicine erschien, [2][geht sogar von 8.173 deutschen Hitzetoten
aus].
„Wir sehen hier ganz konkret, wie die Klimakrise zu Todesfällen führt und
unsere Gesundheit bedroht – und trotzdem wird politisch noch immer nicht
ausreichend Klimaschutz umgesetzt“, sagte die Ärztin Katja Kühn dazu, die
bei der Organisation Health for Future aktiv ist.
Gesundheitsminister Lauterbach hat im Juni [3][einen „nationalen
Hitzeschutzplan“ angekündigt]. Welche Unterstützung oder Pausenzeiten
Menschen im Sommer an ihrem Arbeitsplatz brauchen, hängt indes wohl auch
davon ab, wie der aussieht. Wer in der prallen Sonne arbeitet, dem dürfte
eine Siesta über die Mittagszeit gut helfen, denn dann steht die Sonne am
höchsten und knallt richtig. Die Temperaturen steigen danach aber noch
weiter und erreichen eher am späten Nachmittag ihren höchsten Stand.
23 Jul 2023
## LINKS
[1] https://twitter.com/Karl_Lauterbach/status/1681219413876383744
[2] /Studie-zu-Gefahr-durch-Hitze/!5946057
[3] https://www.bundesgesundheitsministerium.de/ministerium/meldungen/lauterbac…
## AUTOREN
Susanne Schwarz
## TAGS
Hitzesommer
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Hitzewelle
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