| # taz.de -- Die achtfache WM-Armbinde: Einen hinter die Binde kippen | |
| > Eine Vielzahl an Slogans hat die Fifa für die Kapitäninnen dieser WM | |
| > entworfen. Ein paar mehr hätten es schon sein können. | |
| Bild: Gut eingebunden: Englangs Torhüterin Mary Earps mit Regenbogen-Armbinde | |
| Beim Teutates, nicht schon wieder das Binden-Thema! Hatten wir es nicht bei | |
| der Fußballweltmeisterschaft der Männer in Katar hoch- und | |
| runterdiskutiert? War die Binde nicht letztlich der Grund fürs schmähliche | |
| Aus der deutschen, im postmodernen Bekenntnisdickicht umherirrenden | |
| Mannschaft? Hatte sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nun wie ein | |
| diplomatisches Trampeltier benommen oder wie eine mutige Aktivistin | |
| fürs Gute und Rechte? | |
| Hm. Nun ist die Armbinde zurück, zwar nicht die berühmte „One | |
| Love“-Ausgabe, auch nicht der omnipräsente Regenbogen der LGBT-Bewegung, | |
| sondern die Fifa-Edition in gleich achtfacher Ausführung. | |
| Der Fußballweltverband hat einen Kanon des Möglichen in Lycra entworfen, um | |
| Herr der Lage zu werden. Ist so eine Art Guerilla-Marketing, denn die | |
| Helferlein des Herrn Infantino haben sich auf dem Markt der | |
| Empowerment-Füchse, Pressure Groups und Social-Justice-Warriors umgeschaut | |
| – und [1][stellen nun unter anderem folgende Slogans zur Wahl]: „Unite for | |
| Inclusion“, „Unite for Indigenous People“, „Unite for Peace“, „Unit… | |
| Zero Hunger“. „Unite for Gender Equality“. Und so weiter. Die deutsche | |
| Mannschaft macht sich für geschundene Frauen stark; Kapitänin Alexandra | |
| Popp trägt dies: „Unite for Ending Violence against Women“. | |
| Wer es etwas weniger, nun ja, politisch haben will, greift zum Textil mit | |
| dem Aufdruck „Football is Joy, Peace, Love, Passion“. Der Frieden ist also | |
| etwas überrepräsentiert (gut so), genauso wie der Einheitsgedanke (weniger | |
| gut), doch eben diese „Football is …“-Binde durchbricht das gutelnde | |
| Einerlei wohltuend und eröffnet zukünftig wohl neue Möglichkeiten der | |
| Sloganisierung hin ins Profane und Lebensweltliche. | |
| ## Hermeneutik für Fortgeschrittene | |
| Wollen wir nicht alle mal abschalten, den Alltag preisen und gerade im | |
| trinkfreudigen Australien am Arm von kurzbehosten Spielerinnen Folgendes | |
| lesen: „Am Ende ergibt alles einen Gin“. Oder: „Bier auf Wein, das lass | |
| sein“. Besser: „Wer sich erinnert, war nicht dabei“. Es ginge natürlich | |
| auch nüchterner, ans Fußballspiel angepasster: „Wie gewonnen, so | |
| zerronnen“. Oder: „Glück im Spiel, Pech in der Liebe“. | |
| Die Spielführerinnen könnten zu jedem Match etwas Neues tragen, sie wären | |
| wie Abreißkalender auf zwei Beinen. Und es wäre ein schönes Ritual, wenn | |
| das Publikum (und die Journalisten) darüber sinnierten, was dieser oder | |
| jener Aphorismus zu bedeuten habe. Die Presseabteilungen könnten | |
| Hintergründe zum aktuellen Sinnspruch liefern, und die Medien müssten eben | |
| nicht nur Aufstellungen, Spielzüge und taktische Formationen deuten, | |
| sondern würden grübeln, warum das US-Team mit [2][„Si vis pacem para | |
| bellum“] aufläuft – und die Frauen aus Sambia mit „Homo homini lupus est… | |
| Die Sportschreiberei landauf, landab kippte wieder ein Stück mehr ins | |
| Feuilletonistische. Aber bestimmt ist genau das wieder in der Zentrale des | |
| Bösen, im Zürcher Fifa-Hauptquartier, nicht gewollt. Stimmt’s, Herr | |
| Infantino!? | |
| 20 Jul 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.theguardian.com/football/2023/jun/30/fifa-confirms-ban-on-onelo… | |
| [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Si_vis_pacem_para_bellum | |
| ## AUTOREN | |
| Markus Völker | |
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