# taz.de -- +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Nowaja Gaseta Europe unerwün… | |
> Russland erklärt die Onlinezeitung „Nowaja Gaseta Europe“ zur | |
> unerwünschten Organisation. Aktuell ist unklar, wo Wagner-Chef Prigoschin | |
> sich aufhält. | |
Bild: Dmitri Muratow, Friedensnobelpreisträger und Chefredakteur der „Nowaja… | |
## Russland untersagt kremlkritischem Medium Tätigkeit | |
Die russischen Behörden haben die Onlinezeitung Nowaja Gaseta Europe zur | |
„unerwünschten“ Organisation erklärt. Damit wird dem kremlkritischen Medi… | |
die Tätigkeit in Russland untersagt. Der jüngste Akt der fortgesetzten | |
Unterdrückung von unabhängigen Medien wurde von der | |
Generalstaatsanwaltschaft damit begründet, dass das Medium „Material zum | |
Nachteil der Interessen Russlands“ erstelle und verbreite. | |
Die Rede war von „falschen Informationen über angeblich weit verbreitete | |
Verstöße gegen die Rechte und Freiheiten von Bürgern in Russland, | |
Anschuldigungen gegen unser Land, einen Aggressionskrieg gegen die Ukraine | |
entfesselt zu haben, Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung verübt und | |
Repressionen vorgenommen zu haben“. | |
Die Nowaja Gaseta Europe wurde von früheren Journalisten der bekannten und | |
unabhängigen russischen Zeitung Nowaja Gaseta ins Leben gerufen, der im | |
vergangenen Jahr die Lizenz entzogen wurde. Sie operiert von außerhalb | |
Russlands. Die Einstufung als „unerwünscht“ macht die Arbeit der | |
Onlinezeitung innerhalb des Landes illegal und setzt ihre Journalisten und | |
Geldgeber der Gefahr der Strafverfolgung aus. | |
Die taz hat mehrfach mit der Nowaja Gaseta Europe kooperiert. [1][2022 | |
erschienen in der taz Sonderseiten] der Nowaja Gaseta Europe, deren Druck | |
die taz panter Stiftung finanzierte. Im Januar 2023 [2][lagen der taz | |
erneut 16 Sonderseiten der „Nowaja Gaseta Europe“ bei]. | |
In den vergangenen Jahren hat Russland kremlkritische Organisationen und | |
Einzelpersonen systematisch mundtot gemacht, sie etwa als „ausländische | |
Agenten“ oder als „unerwünscht“ eingestuft – im Rahmen eines Gesetzes … | |
2015, das die Mitgliedschaft in einer „unerwünschten“ Organisation zu einer | |
Straftat macht. (ap/taz) | |
## US-Institut erwartet Gespräche über Wagner | |
Nach dem Ende des kurzen bewaffneten Aufstandes der Söldnergruppe Wagner | |
gegen die russische Militärführung erwarten westliche Experten weiter | |
Verhandlungen um die Zukunft der Kämpfer. Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin | |
könne nach Russland zurückgekehrt sein, um die Details einer Vereinbarung | |
mit den Behörden auszuhandeln, schrieb das US-Institut für Kriegsstudien | |
(ISW) am Mittwoch (Ortszeit) in Washington. Die russischen Behörden hatten | |
das Strafverfahren gegen Prigoschin und die Wagner-Armee zuvor eingestellt. | |
Prigoschin ist in Russland Chef des Firmenimperiums Concord, dessen Zukunft | |
auch geregelt werden soll. | |
Der frühere russische Geheimdienstoffizier und prominente Militärblogger | |
Igor Girkin, genannt Strelkow, schrieb am Donnerstag, dass Prigoschin sich | |
„allem Anschein nach“ in seiner Heimatstadt St. Petersburg aufhalte. Dort | |
ist auch der Sitz des Firmenimperiums. Von dort steuerte der 62-Jährige | |
auch seine prorussischen und antiwestlichen Desinformationskampagnen im | |
Internet. | |
Die ISW-Experten betonten, es gebe keine gesicherten Belege dafür, dass | |
Prigoschin Belarus wieder verlassen habe, um weiter zu verhandeln, aber | |
dies sei möglich. Zugleich wiesen sie auf zahlreiche Berichte von Bloggern | |
hin, nach denen Prigoschin für seine Truppen in Belarus neue Feldlager | |
einrichten lasse. | |
Machthaber Alexander Lukaschenko in Minsk hatte in dem am Samstag beendeten | |
Aufstand vermittelt und dann am Montag bestätigt, dass der Wagner-Chef in | |
Belarus sei. Kremlchef Wladimir Putin hatte die Wagner-Aufständischen als | |
„Verräter“ bezeichnet, ihnen dann aber angeboten, nach Belarus zu gehen. | |
Zugleich bot er kremltreuen Kämpfern an, einen Vertrag mit dem Militär zu | |
unterzeichnen. | |
Putin teilte auch mit, dass die Wagner-Armee komplett vom russischen Staat | |
finanziert gewesen sei. Dabei hatte er noch im Februar 2022 erklärt, der | |
russische Staat habe nichts mit der Truppe zu tun. Prigoschins Konzern | |
Concord verdiente nach Darstellung Putins Milliarden etwa mit der | |
Essensversorgung der russischen Streitkräfte. Der Kreml will Prigoschins | |
Geschäfte nun prüfen lassen. (dpa) | |
## Ukraine verkündet langsamen Vormarsch | |
Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben den russischen Gegner an | |
mehreren Frontabschnitten um über einen Kilometer zurückgedrängt. | |
Insbesondere im Umland der russisch kontrollierten Stadt Bachmut im | |
ostukrainischen Gebiet Donezk liege die Initiative derzeit auf ukrainischer | |
Seite, teilte Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar am Donnerstag bei | |
Telegram mit. Namentlich erwähnte sie Vorstöße in Richtung der Dörfer | |
Klischtschijiwka und Kurdjumiwka südwestlich der zerstörten Stadt. | |
Die Ukrainer setzen sich demnach derzeit auf neu erreichten Positionen | |
fest. „Der Feind zieht seine Reserven heran und klammert sich an Bachmut | |
mit allen seinen Kräften“, unterstrich sie. Die Angaben der Kriegsparteien | |
lassen sich nicht unmittelbar unabhängig überprüfen. Bachmut war von den | |
Russen im Mai unter hohen Verlusten nach monatelangen schweren Kämpfen | |
erobert worden. | |
Bei den Kämpfen an der Südfront an der Grenze zwischen den Gebieten | |
Saporischschja und Donezk haben sich die ukrainischen Truppen Maljar | |
zufolge in den eroberten Stellungen festgesetzt. „Sie lassen das | |
gegnerische Offensivpotenzial ausbluten, zerstören Ausrüstung, Lager, | |
Kommando- und Kontrollpunkte und Personal“, schrieb sie. Die russische | |
Seite ziehe in diesen Bereichen ebenso Reserven heran. (dpa) | |
## Polen plant wegen Wagner Verstärkung der Ostgrenze | |
Wegen der geplanten Verlegung russischer Wagner-Söldner ins Nachbarland | |
Belarus will Polen seine Ostgrenze noch stärker sichern. Geplant sei sowohl | |
eine Aufstockung der dort stationierten uniformierten Kräfte als auch eine | |
Erhöhung der Anzahl „verschiedener Arten von Hindernissen und Befestigungen | |
zum Schutz unserer Grenze im Falle eines Angriffs“, sagte | |
Vize-Regierungschef Jaroslaw Kaczynski am Mittwochabend nach einer | |
Sondersitzung eines Komitees der Regierung für Sicherheits- und | |
Verteidigungsfragen. Nach Angaben Kaczynskis hat Polen Erkenntnisse, wonach | |
bis zu 8.000 Wagner-Kämpfer in Belarus unterkommen könnten. | |
Das EU- und Nato-Mitglied Polen hat eine 418 Kilometer lange Grenze zu | |
Belarus. Im Spätsommer und Herbst 2021 war die Situation dort eskaliert: | |
Tausende Menschen versuchten, illegal in die EU zu gelangen. Die | |
Europäische Union beschuldigt den belarussischen Machthaber Alexander | |
Lukaschenko, in organisierter Form Migranten aus Krisenregionen an die | |
EU-Außengrenze gebracht zu haben, um Druck auf den Westen auszuüben. Polen | |
hat die Landabschnitte der Grenze seitdem mit einem 5,5 Meter hohen Zaun | |
gesichert. (dpa) | |
## Selenskyj bestätigt Festnahme | |
Nach dem russischen Angriff auf die ostukrainische Stadt Kramatorsk mit | |
mindestens zwölf Toten ist nach den Worten von Präsident Wolodymyr | |
Selenskyj ein mutmaßlicher Hintermann festgenommen worden. „Heute hat der | |
ukrainische Geheimdienst zusammen mit Spezialeinheiten der Polizei die | |
Person festgenommen, die den Terrorakt koordiniert hat“, sagte Selenskyj am | |
Mittwoch in seiner abendlichen Videoansprache. Zugleich sprach er den | |
Angehörigen aller Opfer sein Beileid aus. (dpa) | |
## Zahl der Opfer in Kramatorsk weiter gestiegen | |
In Kramatorsk im Donezker Gebiet war am Dienstag bei einem Raketenangriff | |
eine Pizzeria getroffen worden. Jüngsten Angaben zufolge wurden mindestens | |
zwölf Menschen getötet und mehr als 60 verletzt. Unter den Toten sind | |
ukrainischen Angaben zufolge auch drei Kinder. Die Bergungsarbeiten seien | |
nun beendet, teilte der Zivilschutz am Donnerstagmorgen mit. Die Behörde | |
veröffentlichte auch ein Video, auf dem die Arbeiten sowie Drohnenaufnahmen | |
vom Ausmaß der Zerstörung zu sehen waren. (dpa) | |
## Scholz: Putin nach Wagner-Aufstand geschwächt | |
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geht davon aus, dass der abgebrochene | |
Aufstand der Söldnergruppe Wagner den russischen Präsidenten Wladimir Putin | |
geschwächt hat. „Auf alle Fälle wird das sicherlich langfristig auch | |
Auswirkungen haben in Russland“, sagte Scholz in der ARD-Sendung | |
„maischberger“. „Ich glaube schon, dass er (Putin) geschwächt ist.“ Der | |
Aufstand zeige, „dass die autokratischen Strukturen, die Machtstrukturen | |
Risse haben“ und Putin keineswegs so fest im Sattel sitze, wie er immer | |
wieder behaupte. | |
Scholz räumte ein, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) von dem Aufstand | |
in Russland überrascht wurde. Die Dienste in Deutschland „haben das | |
natürlich nicht vorher gewusst“, sagte Scholz. „Aber sie haben uns dann | |
auch immer weiter berichtet, was zu beobachten ist.“ Scholz kündigte auch | |
an, den Informationsfluss mit den Verbündeten besprechen zu wollen. Zu | |
Berichten, dass die US-Geheimdienste angeblich früher Bescheid gewusst | |
hätten, sagte er: „Das werden wir alle gemeinsam zu besprechen haben – | |
auch, was der Fall ist von den Dingen, die jetzt spekuliert werden.“ (dpa) | |
## Pistorius: Entwicklungen in Russland legen Risse offen | |
Verteidigungsminister Boris Pistorius sieht in dem bewaffneten Aufstand der | |
Söldner ein Zeichen für Risse in Putins Machtapparat. „Ich glaube, da muss | |
man kein Russlandexperte sein, um zu erkennen, dass eine Situation, die so | |
weit gedeihen kann in so kurzer Zeit, dass die ein eindeutiges Signal dafür | |
ist, (…) dass dort einiges in Schieflage geraten ist und dass es Risse | |
gibt“, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch (Ortszeit) in Washington. Er | |
antwortete auf die Frage einer Journalistin, wie angeschlagen Putin seiner | |
Ansicht nach sei. Pistorius fügte hinzu, wie tief diese Risse seien und | |
welche Folgen sie für Russland, für die innere Stabilität des Landes und | |
für Putin hätten, ließe sich noch nicht abschätzen. Es gebe auch „kein | |
klares gefestigtes Lagebild“, sagte er. (dpa) | |
## Kyjiw: Bislang 24.000 Soldaten in der EU ausgebildet | |
In den Staaten der Europäischen Union haben Angaben aus Kyjiw zufolge | |
bereits Tausende ukrainische Soldaten eine westliche Kampfausbildung | |
erhalten. „Insgesamt sind bereits 24.000 ukrainische Soldaten in der EU | |
ausgebildet worden“, sagte Generalleutnant Serhij Najew laut einer | |
Mitteilung des Verteidigungsministeriums. (dpa) | |
## Tichanowskaja: Prigoschin in Belarus nicht sicher | |
Die im Exil lebende belarussische Oppositionsführerin Swetlana | |
Tichanowskaja glaubt nicht, dass Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin nach seinem | |
gescheiterten Aufstand in Russland nun eine sichere Zuflucht in ihrer | |
Heimat gefunden hat. Prigoschin habe Kremlchef Putin „gedemütigt“ und | |
dieser habe anschließend klargestellt, dass er Verrätern nicht vergebe, | |
sagte sie der Deutschen Welle. Wenn Putin dem belarussischen Machthaber | |
Alexander Lukaschenko die Order gebe, Prigoschin loszuwerden, dann werde er | |
dies tun, sagte sie. (dpa) | |
29 Jun 2023 | |
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