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# taz.de -- Die Wahrheit: Wenn Hansi zu Miezi kommt
> Und wieder müssen Katzen aus Vogelschutzgründen daheim bleiben. Wahre
> Tierfreunde wissen sich und ihren Schützlingen aber zu helfen.
Bild: Das Berliner Flokati-Model Paola würde nie, nie, nie einen dieser armen,…
In der nordbadischen Gemeinde Walldorf müssen Hauskatzen wie erstmals 2022
auch heuer wieder von April bis August zu Hause bleiben, um dort eine
kleine Haubenlerchenpopulation zu schützen. Offenbar sind der Bodenbrüter
und mit ihm auch die Zauneidechse die neuen Hätschelkinder der Berliner
Bevormundungsrepublik. Während ihnen alles vorn und hinten reingeschoben
wird, muss die deutsche Katze sehen, wo sie bleibt.
Zu recht schäumen nun die Halterinnen und Halter. Denn das muss man sich
mal auf der Zunge zergehen lassen: Ein pauschales Ausgehverbot für
volljährige Katzen – wie weit wollen diese grünen Verbotsfanatiker
eigentlich noch gehen: Die Tiere vielleicht gleich erschießen? Und womit
sollen die Katzen denn dann spielen?
Zwar gibt es zahllose Forschungen, Beobachtungen und Statistiken zum Thema,
doch bewiesen ist dadurch rein gar nichts. Nur in einem unwesentlichen
Detail haben die Ornithonazis sogar recht: Es mag tatsächlich einen
geringfügigen Unterschied ausmachen, ob es im Habitat der Haubenlerche nur
ein einsam hustendes Wiesel gibt, das schon so schwach ist, dass es sich
mit dem Lerchenküken einen Ringkampf auf Augenhöhe liefert, denn besagtes
Wiesel befindet sich in der Roten Liste selber so weit oben, dass ihm die
dünne Luft bereits den Atem raubt.
Oder, ob ein am Standort in dieser Form und Zahl gar nicht vorgesehenes,
mit tierärztlichen Vitaminspritzen, professioneller Zahnreinigung,
Kratzbaum aus Tropenholz, eigenem Netflix-Account und Superfood
hochgepimptes, supereffizientes Raubtier an den Start geht. Und zwar nur,
weil es das kann, als Hobby und aus reiner Langeweile wie so ein Milliardär
mit Privatrakete. Der reichhaltige Body Count wird Frauchen dann auf die
Fußmatte gelegt, als Dank für Kost und Logis.
## Personifizierter Overkill
Im Grunde ist so eine Katze für die Natur im Kleinen, was Homo sapiens für
sie im Großen ist: der personifizierte Overkill auf Grundlage eines
Hochleistungsgehirns hier und seine sammetpfötige Trittbrettfahrerin dort.
In absehbarer Zeit werden sie im selben Boot zusammen untergehen.
Doch bis dahin gilt es noch, so viele bedrohte Bodenbrüter auszurotten wie
möglich, um endlich Ordnung in das unkontrollierte Gewusel namens Biosphäre
zu bringen – da kommt noch eine Menge Arbeit auf unsere Schmusekatzen zu.
Schätzungen zufolge fällt allein in den USA freilaufenden Miezen jährlich
eine zweistellige Milliardenzahl an Vögeln und Säugetieren zum Opfer. Das
ist ja irgendwo auch eine fantastische Leistung, wie sie selbst der
verbohrteste Vogelliebhaber ruhig mal objektiv anerkennen könnte. Außerdem
sterben viele Piepmätze ja auch, indem sie sturzbehämmert gegen
Fensterscheiben fliegen. Und wird deshalb etwa Glas verboten? Na bitte!
Wieder andere Molche, Zausel oder Wiesenschnäpper fallen Krähen oder
Eichhörnchen zum Opfer, und da haben wir über Waschbären noch gar nicht
gesprochen. Diese Neozoen gehören ja ebenfalls nicht in unsere Natur. Daher
ist es total ungerecht, dass sie frei herumlaufen dürfen und die Katzen
nicht. Wie muss sich eine Katze fühlen, die durchs geschlossene Fenster
tatenlos dabei zusehen muss, wie sich draußen am Teich der Waschbär an der
seltenen Sumpfschildkröte delektiert? Hat unser ökofaschistischer
Verbotsstaat daran auch nur einmal einen einzigen Gedanken verschwendet?
## Widerstand gegen Wokeness
Vielen Katzenbesitzerinnen bleibt da nur die Selbsthilfe, denn wo Wokeness
zu Mord wird, wird Widerstand zur Pflicht. Nehmen wir zum Beispiel Hilde
Weinert aus Berlin-Buckow. Für ihren rotweißgescheckten Persermischling
Gernot hat sie zumindest in der kalten Jahreszeit eine so einfache wie
patente Lösung gefunden, um den natürlichen Jagdtrieb ihres Lieblings zu
befriedigen: „Wenn der Gute nicht zu den Vögeln darf, müssen die eben zu
ihm kommen. Also habe ich Gernot auf der Terrasse ein Vogelhäuschen
eingerichtet, gefüllt mit den schönsten Leckereien. Im Winter ist das für
ihn wie ein Snack-Automat. Mitanzusehen, wie meinem Dickerchen die Augen
leuchten, ist praktisch unbezahlbar.“
Schwieriger wird es, wenn die Katzen das Haus gar nicht mehr verlassen
können. So sitzt der Kater von Heiner Moll aus Berlin-Rahnsdorf schon seit
Jahren mit mukolsolfaner Katzenlähmung (MKL) im Rollstuhl, doch der Appetit
ist noch immer gut. Am besten rutscht junger Wildhase, gefüllt mit
Feuersalamander oder Zauneidechse.
Fast täglich zieht sein Herrchen mit dem Kescher los, und grast die
Umgebung nach den geschützten Kriechtieren ab: „Zum Glück ist die Lage der
Reviere heutzutage den Planungsunterlagen der Baubehörden zu entnehmen und
manchmal auch durch Schutzzäune, Verbotsschilder oder rotweiße
Absperrbänder gekennzeichnet. Andernfalls gliche die Suche nach dem
Lebendfutter, der nach einer Stecknadel im Heuhaufen.“
Was Heiner Moll nicht sagt, weil ihm die Bescheidenheit verbietet, sich
über Gebühr mit seiner Care-Arbeit zu brüsten: Die Jagd nach den flinken
Reptilien ist auch so noch mühsam genug. Doch was tut er nicht alles für
seinen geliebten Stubentiger. So sieht Engagement aus, an dem der wahre
Tierfreund zu erkennen ist.
14 Jul 2023
## AUTOREN
Uli Hannemann
## TAGS
Katzen
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Spanien
Schwerpunkt Armut
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Skateboard
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