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# taz.de -- Nach der Verschärfung des Kartellrechts: Amtschef will maßvoll vo…
> Das Bundeskartellamt hat neue Kompetenzen bekommen. Präsident Andreas
> Mundt sieht die Reform nüchtern, die Bundesregierung spricht von Umbruch.
Bild: Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts hat neue Kompetenzen
Berlin taz | Die Bundesregierung preist die [1][Verschärfung des
Kartellrechts] als grundlegenden Umbruch, Union und Unternehmen bestätigen
das, indem sie dagegen Sturm laufen – doch der Chef der zuständigen Behörde
sieht die Reform ausgesprochen nüchtern. „Ich halte sie nicht für einen
Paradigmenwechsel“, sagte der Präsident des Bundeskartellamt, Andreas
Mundt, bei der Vorstellung seines Jahresberichts am Dienstag.
Das Bundeskartellamt soll gewährleisten, dass für Unternehmen faire
Wettbewerbsbedingungen gelten. Kann die Behörde nachweisen, dass Firmen
Preisabsprachen treffen, kann sie Geldbußen verhängen. Außerdem
kontrolliert sie, ob bei Zusammenschlüssen die fusionierten Unternehmen
eine zu große Marktmacht bekommen.
Das Amt überwacht auch, ob sehr große Konzerne ihre Marktmacht
missbrauchen. Das spielt gerade in der Internetwirtschaft eine große Rolle.
Im vergangenen Jahr hat die Behörde zahlreiche Verfahren gegen Konzerne wie
Amazon, Apple, Google, Facebook oder Microsoft geführt. Einige endeten mit
einer Abmahnung, bei anderen laufen noch Gerichtsverfahren. In der
vergangenen Woche hatte der Europäische Gerichtshof die Rechte der
Kartellbehörden [2][gestärkt und entschieden, dass sie auch in Fragen des
Datenschutzes tätig werden dürfen].
Auch der Bundestag hat der Behörde vor Kurzem neue Befugnisse gegeben.
Bislang endete die Untersuchung bei Verdacht einer marktbeherrschenden
Stellung eines Unternehmens mit einem Bericht des Amts. Künftig kann die
Behörde bei Wettbewerbsverzerrungen Maßnahmen verfügen, mit denen der
Konkurrenz der Zugang zum Markt geebnet wird.
## Nach britischem Vorbild
Im schlimmsten Fall kann die Behörde die Zerschlagung von Konzernen
anordnen. Vorbild der Reform sind die Kompetenzen der britischen
Wettbewerbsbehörde CMA, die etwa den Flughafenbetreiber in Raum London
entflochten hat. Verbraucher:innen profitieren von starken
Kartellbehörden, weil Marktmachtmissbrauch in der Regel zu überhöhten
Preisen führt.
Die Union und Teile der Wirtschaft haben gegen die neuen Rechte laut
protestiert, weil sie darin einen Standortnachteil für Unternehmen und die
Gefahr von staatlichen Eingriffen sehen. Diese Bedenken versuchte Mundt zu
zerstreuen. „Wir werden das ganz maßvoll anwenden“, betonte er. Die Reform
werde oft mit Preiskontrollen in Zusammenhang gebracht.
Aber das neue „Instrument taugt nicht für schnelle Preissenkungen“, stellte
er klar. Der erste Schritt sei die Untersuchung des jeweiligen Sektors. Sie
dauere bis zu 18 Monate, die Anforderungen an die zu erbringenden Nachweise
seien hoch. Bei alldem ginge es um „gerichtsanfällige Handlungen“,
Unternehmen können also dagegen klagen. Zusätzliches Personal für die neuen
Aufgaben stellt die Bundesregierung dem Amt nicht zur Verfügung.
## Tankrabatt weitergegeben
Ausgangspunkt für die Verschärfung waren die gestiegenen Spritpreise nach
Einführung des sogenannten Tankrabatts im vergangenen Sommer. Die Regierung
hatte vorübergehend die Steuern auf Benzin und Diesel gesenkt. Weil die
Preise trotzdem stiegen, kam der Verdacht auf, dass die Unternehmen der
Branche Preise abgesprochen und den Rabatt eingesteckt hatten.
„Zwischenzeitlich sind verschiedene Studien, vor allem auf Basis eines
Vergleichs der Preisentwicklung in Deutschland mit der in Frankreich, zu
dem Ergebnis gekommen, dass die Steuerentlastung überwiegend weitergegeben
wurde“, [3][heißt es im Jahresbericht.] Die Untersuchung des
Bundeskartellamts sei zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen.
Insgesamt hat die Behörde im vergangenen Jahr Bußgelder in Höhe von 24
Millionen Euro wegen Kartellabsprachen verhängt. Betroffen waren 20
Unternehmen und sieben Personen aus Branchen wie Brückendehnfugen oder dem
Industriebau. Die Strafzahlungen sinken seit Beginn der Coronapandemie,
weil die Behörde laut Mundt schlechter ermitteln kann. 2019 lag die Höhe
der verhängten Bußgelder bei rund 848 Millionen Euro.
12 Jul 2023
## LINKS
[1] /Regierung-verschaerft-das-Kartellrecht/!5923377
[2] /Facebook-Urteil/!5941902
[3] https://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Publikation/DE/Jahresbericht/Jah…
## AUTOREN
Anja Krüger
## TAGS
Bundeskartellamt
Kartellrecht
Wettbewerb
Fossile Brennstoffe
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Schwerpunkt Meta
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werden.
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