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# taz.de -- Bewährungsstrafe für Ex-Audi-Chef: Autoboss ohne Handschellen
> Manager Rupert Stadler ist wegen Betrugs schuldig gesprochen. Ins
> Gefängnis muss er aber nicht. Autos hatten mehr Abgase ausgestoßen als
> angegeben.
Bild: Sieht so aus, sind aber keine Handschellen, sondern die Ringe der Audi-Ma…
München dpa | Das Landgericht München hat den ehemaligen Audi-Chef Rupert
Stadler zu einem Jahr und neun Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung
verurteilt. Die Kammer sprach ihn am Dienstag nach 171 Verhandlungstagen
des Betrugs schuldig.
Auch die beiden Mitangeklagten – der frühere Chef der Motorentwicklung und
spätere Porsche-Vorstand Wolfgang Hatz sowie der Ingenieur P. – erhielten
Bewährungsstrafen wegen Betrugs. Es sind die ersten strafrechtlichen
Urteile in Deutschland im 2015 aufgedeckten [1][Diesel-Skandal], der die
ganze Branche erschüttert und [2][Milliardenschäden verursacht hat].
Die Staatsanwaltschaft hatte den Bewährungsstrafen für Stadler und P. im
Rahmen einer Verständigung bereits zugestimmt und nur im Fall von Hatz eine
Gefängnisstrafe ohne Bewährung gefordert. Die Urteile sind noch nicht
rechtskräftig.
Hatz wurde von der Kammer um den Vorsitzenden Richter Stefan Weickert zu
einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt, P. zu einem Jahr und
neun Monaten auf Bewährung.
## Deal mit dem Gericht
Zudem müssen alle drei Angeklagten hohe Bewährungsauflagen an die
Landesjustizkasse Bamberg sowie an verschiedene gemeinnützige Vereine
zahlen: Stadler 1,1 Millionen Euro, Hatz 400.000 und P. 50.000 Euro. Sie
müssen auch die Kosten des Verfahrens in Millionenhöhe tragen. Das
Verfahren gegen einen vierten Angeklagten, der als Kronzeuge früh gestanden
hatte, wurde bereits im April gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt.
Stadler ist als ehemaliger Audi-Chef zwar der prominenteste der drei
Verurteilten, die Vorwürfe gegen Hatz und P. wiegen allerdings schwerer:
Nach eigenem Geständnis hatten sie dafür gesorgt, dass die großen
Dieselmotoren die Grenzwerte zwar auf dem Prüfstand einhalten, nicht aber
auf der Straße.
Ziel war es, sich den nachträglichen Einbau größerer AdBlue-Tanks für die
Abgasreinigung zu sparen, nachdem sich die Techniker des Konzerns
verrechnet hatten. Abteilungsleiter P. soll damals von seinen Mitarbeitern
„intelligente Lösungen“ gefordert haben, um die kaum erfüllbaren
Erwartungen von oben zu erfüllen.
Stadler hatte jahrelang seine Unschuld beteuert. Erst nach dem Hinweis des
Gerichts auf eine drohende Gefängnisstrafe gestand der 60-Jährige im Mai,
nach dem Auffliegen des Skandals 2015 in den USA den Verkauf von Autos mit
manipulierten Abgaswerten in Deutschland viel zu spät gestoppt zu haben:
Angesichts der Hinweise auf Tricksereien auch bei den europäischen Modellen
habe er als Vorstandschef sorgfältiger sein, für Aufklärung sorgen und
eingreifen müssen.
Nun ist er zwar als Betrüger verurteilt, [3][kann aber das Gericht als
freier Mann verlassen]. Die Haftbefehle gegen alle drei Angeklagten, die
bisher unter Auflagen außer Vollzug waren, wurden aufgehoben.
## Weitere Anklagen laufen
Stadler war 2007 Chef der Ingolstädter VW-Tochter geworden, als Nachfolger
von Martin Winterkorn, der damals an die Konzernspitze wechselte. Unter
Stadlers Führung hatte Audi Umsatz und Betriebsgewinn verdoppelt und
Mercedes bei den Verkaufszahlen überholt.
Die US-Behörden hatten Ende 2015 die Tricksereien bei VW-Dieselmotoren,
wenig später auch bei großen Audi-Dieselmotoren bei den Modellen für den
US-Markt aufgedeckt. Trotz zunehmender Hinweise auf Manipulationen auch bei
den in Europa verkauften Modellen ließ Stadler den Verkauf hier aber bis
Ende 2017 weiterlaufen.
Ab Juni 2018 saß er wegen Verdunkelungsgefahr in Untersuchungshaft – vier
Monate lang, bis zu seinem Rücktritt als Audi-Chef und
VW-Vorstandsmitglied. An den Volkswagen-Konzern hat er inzwischen 4,1
Millionen Euro Schadenersatz wegen Pflichtverletzung gezahlt.
Staatsanwalt Nico Petzka sieht die drei Angeklagten nicht als die
Hauptverantwortlichen für den Dieselskandal. Es sei zweifelhaft, ob es
überhaupt den oder die Hauptverantwortlichen geben könne, „wenn im
Unternehmen so viele Beteiligte in die falsche Richtung laufen“, hatte er
in seinem Schlussplädoyer gesagt.
In Braunschweig stehen seit September 2021 vier frühere Topmanager des
Volkswagen-Konzerns wegen möglichen Betrugs in der Dieselaffäre vor
Gericht. Das Verfahren gegen Winterkorn liegt krankheitsbedingt auf Eis.
Die Münchner Staatsanwaltschaft hat schon 2020 vier weitere ehemalige
Audi-Manager angeklagt – drei ehemalige Vorstandskollegen Stadlers und den
langjährigen Leiter der Hauptabteilung Dieselmotoren bei Audi. Ob und wann
dieser Prozess beginnt, ist noch offen. Er könnte vor derselben Kammer von
Richter Weickert stattfinden. Gegen neun weitere Beschuldigte ermittelt die
Münchner Staatsanwaltschaft noch.
27 Jun 2023
## LINKS
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