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# taz.de -- Gescheiterter Wagner-Aufstand in Russland: Und wieder ist der Weste…
> Nach dem gescheiterten Aufstand der Wagner-Gruppe tut Russland so, als
> sei nichts gewesen. Im Fernsehen gibt es eine simple Erklärung für alles.
Bild: „Für Heimat, Souveränität, Putin“ steht auf der Fahne, die am 25. …
Moskau taz | Das Wichtigste an diesem Wochenbeginn in Moskau: Der
Schulabschlussball im Gorki-Park wird nun nachgeholt. Eine jährliche
Riesengaudi gegenüber dem russischen Verteidigungsministerium am Ufer der
Moskwa. Der Moskauer Bürgermeister Sergei Sobjanin hatte am Samstag alle
Massenveranstaltungen absagen lassen, hatte zum ersten Mal in der
Geschichte der Stadt eine sogenannte Antiterroroperation ausgerufen. Da
waren die Wagner-Paramilitärs um den gefallenen [1][Putin-Zögling Jewgeni
Prigoschin] nur Hunderte Kilometer von der Hauptstadt entfernt.
Der bizarre [2][„Marsch der Gerechtigkeit“, mit dem Prigoschin fürs
Absetzen des Verteidigungsministers Sergei Schoigu seine Brutalo-Männer in
Bewegung gesetzt hatte], war nach einem brenzligen Eintagesaufstand wieder
abgeblasen, die Revolte mit fragwürdigen Abmachungen faktisch ad acta
gelegt. Alles wieder ruhig. Alles vorbei.
Das scheint die offizielle Vorgehensweise zu sein, wie sie es bereits nach
dem Beschuss von Orten und Städten an der russisch-ukrainischen Grenze war
und auch nach den Drohnenangriffen in Moskau. Es gibt keine politischen
Debatten um die Auswirkungen des bewaffneten „Marsches“, um die Folgen für
den Staat und seinen Präsidenten. Es gibt sie nicht, weil es keine Politik
mehr gibt in Russland. Gefordert wird lediglich ein Zusammenschluss „aller
Kräfte“.
Alle Einschränkungen in den Regionen, in die die Wagner-Gruppe vorgerückt
war, sind nun aufgehoben. Der Moskauer Bürgermeister Sobjanin dankte fürs
„Verständnis der Bürger“, für den Abschlussball gibt es neue Tickets, im
Staatsfernsehen ist von Prigoschin und seinen „Musikanten“, wie die
Wagner-Gruppe in Russland oft genannt wird, am Montag keine Rede mehr.
## Beruhigender Stummfilm
Westliche Geheimdienste hätten versucht, die Situation im Innern Russlands
aufzuschaukeln, Russlands Präsident Wladimir Putin aber habe allen
klargemacht, dass das Land zusammenstehe und in der Einheit stark sei,
heißt es im Ersten Kanal.
Der Westen also wieder. Es ist die übliche Erzählung russischer
Propagandisten, selbst wenn sie im Falle Prigoschins, dem Projekt Putins,
völlig grotesk ist. Das Narrativ ist: Die Gefahren seien gebannt, das
„normale Leben“ gehe weiter. Die Staatssender senden Bilder, wie
Verteidigungsminister Schoigu im Flugzeug über nicht näher genannte Gebiete
fliegt und sich auf Karten etwas erklären lässt.
Auf Bannern im Hintergrund steht dabei „Kommandozentrum der Heeresgruppe
West“ und „Kommandozentrum der Gruppe zum Schutz der Staatsgrenze der
Heeresgruppe West“ und soll wohl nahelegen, dass Schoigu auf Besuch der
russischen Streitkräfte in der Ukraine sei. Das 47 Sekunden lange und
stumme Video zeigt erstmals seit dem Aufstand den Verteidigungsminister.
Rund um Prigoschins Kurzzeitrevolte schienen er und der Generalstabschef
Waleri Gerassimow verschwunden. Wo und wann die Aufnahmen von Schoigu
entstanden sind, wird nicht näher erläutert.
Derweil will die russische Zeitung Kommersant aus eigenen Quellen erfahren
haben, dass das Strafverfahren gegen Prigoschin doch nicht eingestellt sei.
Der Deal, [3][den der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko
vermittelt haben will], sah genau das vor: Straffreiheit für den Meuterer
und seine Männer.
So schnell aber funktioniere eine Verfahrenseinstellung nicht, hieß es nun
beim russischen Inlandsgeheimdienst FSB. Russlands Chefpropagandistin
Margarita Simonjan, Chefredakteurin des russischen Auslandssenders RT,
stellte im Fernsehen ihre eigenen Überlegungen zu diesem Verfahren an
Das Strafgesetzbuch werde von Menschen verfasst und sei somit „kein Gebot
Christi“. In „Ausnahmefällen“ seien die formulierten Rechtsnormen also
nicht zu beachten. Ein Willkürstaat sei damit vertretbar, so Simonjans
Haltung. Dass ein solcher erst zu Prigoschins Aufstand geführt hat, ist
nicht Gegenstand der Betrachtungen im Land.
26 Jun 2023
## LINKS
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## AUTOREN
Inna Hartwich
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