# taz.de -- Die Kunst der Woche: Im neuen Raum | |
> Harriet Groß und Susanne Piotter lassen bei Axel Obiger architektonische | |
> Gebilde und Raumzeichnungen die Richtung wechseln. Eine geniale | |
> Kombination. | |
Bild: „Artefakt und Interferenz“ mit Raumzeichnung von Harriet Groß und Kl… | |
Linien, immer wieder Linien. Ruhend, vibrierend, kurz im Lot, dann wieder | |
in Bewegung, für einen Moment zur Welle geworden, dann versunken im Tief | |
der schwarz-weiß-grauen Farbflächen, die sich ganz vorsichtig über Gaze aus | |
Metall legen, die hier so fein erscheint wie Seide. Die Linien, mit denen | |
[1][Harriet Groß] bei [2][Axel Obiger] in den Raum zeichnet, sind | |
transparent, dann wieder blickdicht, wenn eine Metallstange senkrecht das | |
Wandbild durchkreuzt, dem Auge kurz als Orientierungsanker dient. | |
Kurz darauf folgt der Blick einem Stück Draht, das sich organisch über die | |
Kanten hinwegsetzt, oben in Richtung Decke Knoten Bildet oder rechts und | |
links die Wand entlang den Bildrand öffnet. Schließlich staucht sich die | |
Gaze und mit ihr die Linie, schillern plötzlich Kurven vor dem Auge, die so | |
vorher nicht da waren, stellt sich die Vermutung ein, dass das Bild je nach | |
Tageszeit und Lichteinfall stetig wechseln wird. | |
Groß ist Mitgründerin des von Künstler:innen betriebenen Projektraums | |
für zeitgenössische Kunst, den regelmäßig Gastkurator:innen oder | |
Gastkünstler:innen bespielen. Für die Ausstellung „Artefakt und | |
Interferenz“ kooperiert sie mit [3][Susanne Piotter], deren | |
[4][Kleinplastiken aus Beton] hier Groß’ Raumzeichnungen begegnen, während | |
sie selbst neue Räume heraufbeschwören. | |
Das ist schon der ganz große Coup wie die Arbeiten der beiden | |
Künstler:innen hier interagieren und aus der Begegnung heraus einen | |
dritten Raum schaffen. Den der Wahrnehmung nämlich, die sich dank der | |
Konstellation dieser Arbeiten, die immer wieder Flächen, dann das | |
Dreidimensionale suchen, ständig wendet und die Richtung wechselt. | |
## Von der anderen Seite | |
Mit ihren Treppen, Winkeln und Rundungen und ihren Oberflächen aus Beton, | |
sind Susanne Piotters „Artefakte“ klar formiert, Transparenz stellt sich | |
jedoch spätestens auf ihrem Katalogcover ein, das mittels einer | |
durchsichtigen Prägung, die die Skulptur auf dem Cover überlagert, | |
nachvollzieht, dass das Objekt auch auf die Seite gekippt vorstellbar ist. | |
Unbedingt empfehlenswert ist auch das Künstlerbuch „Weniger Regen / White | |
Rain“ von Harriet Groß (erschienen im The Green Box Verlag), das sich, | |
ihren Linien ähnlich, in die Länge zieht und in dem sich sogar im Papier | |
die Dichte verlagert. | |
Die Furchen und Risse in den Betonoberflächen von Susanne Piotters | |
Architekturen spiegeln sich wiederum auf Lentikulardrucken von Harriet | |
Groß. So zum Beispiel bei „Sideffekt“ (2022), auf dem von Links geschaut | |
Eis bricht, aus der Mitte betrachtet Klebestreifen versuchen, einen | |
aufklaffenden Untergrund zusammenzuhalten, und schließlich Erdhäufungen und | |
Schneekrater, so will man sie zumindest für den Moment nennen, souverän | |
ihre Bahnen ziehen. | |
So bescheiden ein Nebeneffekt sein mag, so eindrucksvoll lösen sich in | |
dieser Doppelausstellung Skulptur und Zeichnung die Grenzen des Imaginären | |
auf, wird Archäologie zu Futurismus. | |
4 Jul 2023 | |
## LINKS | |
[1] http://www.harrietgross.com/ | |
[2] https://www.axelobiger.com/ | |
[3] https://www.susanne-piotter.com/ | |
[4] /Oxidiert-geplottet-aufgeladen-Oberflaechenspannung-bei-Outlands/!5500335/ | |
## AUTOREN | |
Noemi Molitor | |
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