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# taz.de -- Verhandlungen um Klimapolitik: Hochachtung fürs Bretterbohren
> Tagelange Verhandlungen um Klimapolitik erfordern ein dickes Fell. Unser
> Autor würde das nicht aushalten. Umso größer ist sein Respekt.
Bild: Die UN-Klimakonferenz in Bonn
Am Ende waren alle frustriert. Tagelang und nächtelang hatten sie geredet,
um jedes Komma gefeilscht. Kompromisse wurden geschlossen, dann in letzter
Minute einkassiert. Vor den Kameras wurden Dinge erzählt, von denen nie die
Rede gewesen war. Und klar, Schuld hatten immer nur die anderen.
Dabei kannten sie sich so gut. So lange und so häufig hatten sie
zusammengesessen. Trotzdem konnte der oder die Gegenüber mit einer
plötzlichen neuen Überzeugung überraschen. Und diese Zeitverschwendung! Für
nichts und wieder nichts in Sitzungen sitzen und in Stehungen stehen,
während draußen die Leute im Biergarten saßen oder mit ihren Kindern ein
Eis am Sandkasten schleckten.
Oh Mensch, und dann die schlechte Stimmung, das gegenseitige Angeblaffe,
das schlechte Essen, das viele Sitzen und Kaffeetrinken, das Sodbrennen!
Und immer dieser Blödsinn, mit dem die andere Seite kam, diese falschen
Lösungen, die alles nur noch schlimmer machten. Das Aufeinanderprallen von
verschiedenen Kulturen und Lebensstilen, von fremden Sprachen und noch
fremderen Ideologien. Der Formalkram, diese ritualisierten Vorwürfe: „Ihr
wollt alles verbieten!“ gegen „Ihr ignoriert die Fakten!“.
Und vor allem, dieses Gefühl: Die Leute, mit denen man hier am Tisch sitzt,
wollen eigentlich gar keine Lösung. Sondern nur verzögern, unmöglich
machen.
## Schreiend den Verhandlungstisch verlassen?
Sie fragen: Wovon redet der? Und ich gestehe: Das weiß ich auch nicht
genau. Irgendwie verschwimmt alles, wenn man zwei Wochen lang praktisch nur
mit Menschen redet, die bei den UN-Klimaverhandlungen und beim Gezerre um
das [1][„Gebäudeenergiegesetz“] in der Ampelkoalition leitende und leidende
Positionen einnehmen.
Es gibt da erstaunliche Parallelen: Sind die Grünen wirklich wie die EU:
Immer das Beste wollen, aber, hach, oft so ungeschickt? Ist die FDP
wirklich das Saudi-Arabien der Ampelkoalition? Und die SPD in der Rolle der
USA – immer die eigenen Interessen wahren, aber sich raushalten, wenn es
ernst wird? Oder ist das nicht eher CDU/CSU-Style? Von der Seitenlinie
meckern, nachdem man selbst den Karren über die letzten Jahrzehnte in den
Dreck gefahren hat? Und wer ist eigentlich China – auf arm machen, aber der
größte Problembär sein – die [2][Lobbytruppe von Öl, Gas und Kohle]?
Nach zwei solchen Wochen habe ich wieder mal großen Respekt vor den
Leuten, die sich das antun. All die DiplomatInnen, ExpertInnen,
VerhandlerInnen, Sherpas und Dealmaker, die sich tagein, nachtaus in
bleierne Verhandlungen setzen, in denen ich schon nach zwei Stunden als
hirntot gelten würde.
Ich würde diese Verhandlungstische schreiend verlassen. Sie tun das
manchmal auch. Aber ich würde nicht wiederkommen. Sie sitzen am nächsten
Morgen gut geduscht und gut gelaunt wieder da. Um das dicke Brett wieder
ein bisschen zu bohren, die Welt wenigstens ein bisschen zu retten. Das
wird nicht reichen. Aber meine Hochachtung haben sie trotzdem.
17 Jun 2023
## LINKS
[1] /Gebaeudeenergiegesetz-der-Ampelkoalition/!5935237
[2] /Schwerpunkt-Klimasabotage/!t5919498
## AUTOREN
Bernhard Pötter
## TAGS
Klimaschutzziele
Politiker
Ampel-Koalition
Wir retten die Welt
Wir retten die Welt
Wassermangel
Kolumne Die eine Frage
Schwerpunkt Klimawandel
Ampel-Koalition
Energiekrise
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