# taz.de -- Linkspartei bricht mit Wagenknecht: Die Faxen dicke | |
> Der Parteivorstand der Linken fordert Sahra Wagenknecht zur Rückgabe | |
> ihres Bundestagsmandats auf. Es gebe mit ihr keine gemeinsame Zukunft | |
> mehr. | |
Bild: Martin Schirdewan und Janine Wissler sehen keine Zukunft mehr für Sahra … | |
BERLIN taz | Die Zeit von Sahra Wagenknecht in der Linken neigt sich dem | |
Ende zu. Jetzt hat der Parteivorstand öffentlich den politischen Bruch mit | |
ihr vollzogen. „Die Zukunft der Linken ist eine Zukunft ohne Sahra | |
Wagenknecht“, heißt es in einem am Samstag einstimmig gefassten Beschluss. | |
Anlass für die Entscheidung sei, dass die Ex-Bundestagsfraktionsvorsitzende | |
„der Aufforderung, eindeutig von einem konkurrierenden Parteiprojekt | |
Abstand zu nehmen, bis heute nicht nachgekommen“ sei. | |
„Der Bruch ist da, und wir planen ohne sie“, sagte die Parteivorsitzende | |
Janine Wissler in einer Sitzungspause vor der Berliner Parteizentrale. Es | |
habe immer wieder Bemühungen gegeben, Wagenknecht und ihren | |
Mitstreiter:innen „Brücken zu bauen“, um eine gemeinsamen Grundlage zur | |
Zusammenarbeit zu finden. Doch all diese Versuche seien vergeblich gewesen. | |
Jetzt sei eine Entscheidung getroffen worden, „die Zukunft der Partei zu | |
gestalten, und zwar ohne diejenigen, die im Moment aktiv an einem | |
Konkurrenzprojekt arbeiten“, sagte ihr Co-Vorsitzender Martin Schirdewan. | |
Damit würde nun ein Kapitel geschlossenen, „das uns viel zu lange gequält | |
hat“. | |
Ausgangspunkt für den Vorstandsbeschluss war [1][ein Treffen des | |
geschäftsführenden Parteivorstands mit Wagenknecht] und den beiden | |
Fraktionsvorsitzenden Dietmar Bartsch und Amira Mohamed Ali am 25. Mai im | |
Karl-Liebknecht-Haus. Bei dem vertraulichen Gespräch hatten Wissler und | |
Schirdewan eine Frist bis zum vergangenen Freitag gesetzt, bis zu der sich | |
Wagenknecht erklären sollte, von der Gründung eines konkurrierenden | |
Parteiprojektes Abstand zu nehmen und entsprechende Vorbereitungen umgehend | |
einzustellen. | |
Doch dazu war Wagenknecht nicht bereit. Stattdessen bestätigte sie in einem | |
Interview mit „Welt TV“, dass sie an Gesprächen über eine mögliche | |
Parteineugründung beteiligt sei. Eine Entscheidung über ihre politische | |
Zukunft werde sie bis zum Jahresende treffen. | |
Die öffentlichen Ankündigungen Wagenknechts, die Gründung einer | |
konkurrierenden Partei zu prüfen, „stellen die Einheit der Linken in Frage | |
und schaden uns seit geraumer Zeit massiv“, heißt es dazu in dem | |
Vorstandsbeschluss. So häuften sich parteiintern Berichte, dass bereits | |
Vorbereitungen zur Gründung eines konkurrierenden Parteiprojektes getroffen | |
werden. | |
In seinem Beschluss fordert der Parteivorstand Wagenknecht und ihre | |
Mitstreiter:innen zur Rückgabe ihrer Mandate auf. Schließlich seien | |
alle Linken-Abgeordneten auf Wahlvorschlag der Partei in die Parlamente | |
gewählt wurden. Es sei daher „ein Gebot des politischen Anstandes und der | |
Fairness gegenüber den Mitgliedern unserer Partei, wenn diejenigen, die | |
sich am Projekt einer konkurrierenden Partei beteiligen, konsequent sind | |
und ihre Mandate zurückgeben“. | |
Eine Partei könne es nicht hinnehmen, „dass aus ihr heraus, aus Ressourcen, | |
die über linke Mandate zur Verfügung stehen, eine neue Partei gegründet | |
wird“, sagte dazu Parteichefin Wissler. Der Vorstand kämpfe um die Einheit | |
der Partei und gegen alle Versuche, sie zu spalten. | |
## Unklare Haltung der Bundestagsfraktion | |
Unklar ist, wie die Führung der Bundestagsfraktion mit dem Beschluss des | |
Parteivorstands umgehen wird. Sie würden „sehr angeregt und sehr intensiv“ | |
mit der Fraktionsspitze diskutieren, „wie entsprechende Maßnahmen aussehen | |
können, um diese Partei vor einem Konkurrenzprojekt zu schützen“, | |
antwortete Schirdewan dazu auf Nachfrage nur etwas blumig. Er gehe davon | |
aus, dass der Beschluss auch „in weiten Teilen der Bundestagsfraktion“ auf | |
Zustimmung stoßen werde. | |
Das Problem der Partei: Um den Fraktionsstatus nicht zu gefährden, hält die | |
Fraktionsspitze bislang auf Biegen und Brechen an Wagenknecht fest. So | |
verkündete Bartsch noch [2][unlängst in einem Interview]: „Ich werbe dafür, | |
dass man sie für den Erfolg der Linken nicht nur einbindet, sondern sie zu | |
einem wichtigen Bezugspunkt macht und ihre Fähigkeiten nutzt.“ Am | |
vergangenen Montag hatte er in einem Interview mit dem Deutschlandfunk | |
sogar – nach mehrmaligem Nachfragen – die Fristsetzung an Wagenknecht | |
vehement bestritten. „Ich kenne kein Ultimatum“, behauptete er. | |
Über Fraktionspressesprecher Michael Schlick ließ Bartsch am Donnerstag | |
allerdings auch gegenüber der taz dementieren, er habe auf dem Treffen – | |
unterstützt von Mohamed Ali – deutlich gemacht, dass nach seiner Auffassung | |
Wagenknecht selbst bei einem Parteiaustritt Mitglied der Fraktion bleiben | |
könne. Eine entsprechende Äußerung von ihm habe es nicht gegeben, ließ er | |
mitteilen. Was die taz auch nicht geschrieben hatte. Schließlich bedurfte | |
es eines solchen Wortbeitrags gar nicht. | |
Die Botschaft ist auch so angekommen. Tatsächlich soll sich seine | |
Co-Fraktionsvorsitzende auf dem Treffen entsprechend geäußert haben – und | |
zwar ohne jeglichen Widerspruch von Bartsch. Was als Zustimmung gewertet | |
werden kann. Die Äußerungen von Mohamed Ali hätten sie „aus den Socken | |
gehauen“, so eine anwesende Person zur taz. | |
10 Jun 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Krise-der-Linkspartei/!5935894 | |
[2] https://www.nordkurier.de/politik/klare-ansage-an-wagenknecht-dietmar-barts… | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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