# taz.de -- Podcast „Billion Dollar Apes“: Die Kunst macht sich zum Affen | |
> Der Podcast „Billion Dollar Apes – Kunst, Gier, NFTs“ thematisiert | |
> cool-uncool jüngste Verwerfungen in der Kunstszene. Ein echter | |
> Geldwäsche-Krimi. | |
Bild: Jasna Fritzi Bauer führt durch die Welt der NFTs | |
Die Kunst gibt immer mal wieder guten Stoff für eine ordentliche | |
Verbrecherstory: [1][Fälschungsskandale], Mafiakunstraub, geschmuggelte | |
NS-Kunst. Und nun legen Deutschlandfunk Kultur und ZDF-Kultur mit „Billion | |
Dollar Apes – Kunst, Gier, NFTs“ in ihrer Mediathek einen veritablen | |
Kunstkrimi als 6-teiligen Podcast vor. Doch geht es dabei nicht um | |
handfeste Gemälde oder Juwelen, sondern um sogenannte NFT-Kunst. Das sind | |
digital generierte Kunstwerke, die auch frei durchs Netz schwirren können, | |
aber durch einen Non-Fungible Token (NFT) über eine Blockchain zertifiziert | |
sind. Über dieses NFT-Zertifikat können die digitalen Bilder gekauft und – | |
vor allem – besessen werden. | |
Der [2][Künstler Refik Anadol] zertifiziert seine sphärisch-effektvollen | |
Deep-Data-Bilder über NFT, Künstlerin Alicja Kwade debütierte 2020 in der | |
NFT-Technologie mit einem „Selbstporträt“, indem sie ihre gesamte DNA auf | |
25 Blockchain-Zertifikate aufteilte. Und dann gibt es jene NFT-Kunst, um | |
die sich die True-Crime-Geschichte des Podcasts spannt: [3][die „Bored | |
Apes Yacht Club“-Serie] der US-amerikanischen Firma Yuga Labs. | |
Das sind insgesamt 10.000 Profilbilder von ziemlich gelangweilt | |
dreinschauenden Cartoon-Affen mit Sonnenbrille, Banane oder Kapitänsmütze, | |
die prozedural von einem Algorithmus generiert werden. Besitzt man solch | |
einen Affen, erhält man zugleich Eintritt in einen Club, virtuell, aber | |
auch real auf echten Bored-Ape-Yacht-Club-Partys weltweit. | |
„Die Bored Apes sind hässlich“, um einmal ein Zitat des Kunstkritikers | |
Kolja Reichert aus Folge drei des Podcasts vorwegzunehmen. „Die sind | |
einfach unter keinem Gesichtspunkt cool, kein guter Zugriff auf die | |
Cartoongeschichte, es hat mit keinem interessanten Game zu tun, einfach | |
uninteressante Grafik.“ Trotzdem wurden 101 dieser Bored Apes im September | |
2021, mitten in der Pandemie, bei Sotheby’s für 24,4 Millionen Dollar | |
versteigert. Gezahlt werden konnte auch in den Kryptowährungen Bitcoin oder | |
Ether. Sotheby’s, immerhin eines der weltweiten größten | |
Kunstauktionshäuser, beteuerte, die hohen Preise zeigten den wahren Wert | |
dieser Kunst, es handele sich nicht um eine Blase. | |
## Aufgeblasene Affen | |
Dass bei den Bored Apes und ihren Urhebern, den US-Amerikanern Greg Solano | |
und Wylie Aronow von Yuga Labs, die in der Kryptoszene lange nur unter den | |
Pseudonymen „Gargamel“ und „Gordon Goner“ bekannt waren, doch so einiges | |
gefährlich aufgeblasen ist, erzählt nun dieser Podcast. Denn um die Bored | |
Apes wurde offenbar nicht nur durch die richtigen Connections mit | |
Popmanagern und einem gewieften Marketing samt Stars wie Paris Hilton und | |
Madonna früh ein künstlicher Hype geschaffen. | |
Hier wurde wohl Geld gewaschen, es wurden Riesenwerte aufgepumpt, auch | |
rassistische Bildmotive (Affe, Bananen – hallo?) in die Szene gespült. Und | |
der Kunstmarkt spielte mit, zunächst über die Auktionshäuser, spätestens | |
aber, nachdem in diesem Frühjahr Museen wie das Centre Pompidou als | |
Mitspekulanten auftraten. Alles angeheizt von der Pandemie und dem Wirbel | |
um Web-basierte Währungen, der in kurzer Zeit einen regelrechten Kryptoadel | |
schuf. | |
Die sechs Teile von „Billion Dollar Apes – Kunst, Gier. NFTs“ sind mit | |
einem steten ironischen Unterton genauso aufgeblasen produziert. Die | |
Dramaturgie kommt von der Schriftstellerin Miku Sophie Kühmel, Sprecherin | |
und Protagonistin ist Jasna Fritzi Bauer, die man als görenhafte | |
Kommissarin Liv Moormann aus dem Bremen-„Tatort“ kennt. Es ist ein Hörspiel | |
in fettem Technosound, mit Zitaten, Youtube-Mitschnitten, Interviews, | |
„Gargamel“ kommt zu Wort, Kunstmarktspezialist Dirk Boll von Christie’s, | |
Yuga Labs’ CEO Nicole Muniz, euphorische Bored-Apes-Sammler. | |
Akustisch ist hier alles auf die cool-uncoole Ästhetik der Kryptoszene | |
gemünzt. | |
Über die sechs Folgen hinweg besucht Jasna Fritzi Bauer eine dieser | |
Bored-Ape-Yacht-Club-Parties, wandelt vom dumpfen Urmoment des Affenmotivs | |
auf der Toilette bis zum Champagnertreff der Kunstmarktelite. Und es wird | |
klar: Die Bored Apes sind eigentlich nur der traurige Rausch einiger | |
schwerreicher Gelangweilter, mit ihren kunstlosen Affen-Profilen bei einem | |
vermeintlich coolen Großen mitzumachen. | |
24 Jun 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Wiener-Kunstskandal-um-falschen-Basquiat/!5892632 | |
[2] /Minimalismus-in-der-digitalen-Kunst/!5926475 | |
[3] https://boredapeyachtclub.com/#/home | |
## AUTOREN | |
Sophie Jung | |
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