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# taz.de -- Proteste in Serbien: Vučić zeigt sich unnachgiebig
> Seit Wochen gehen Menschen in Serbien auf die Straße. Auf Kundgebungen
> der Opposition antwortet Präsident Vučić mit inszenierten Jubelfeiern.
Bild: „Serbien gegen Gewalt“ – Oppositionsprotest in Belgrad am 3. Juni
Belgrad taz | „Serbien gegen die Gewalt“, so lautete das Motto von fünf
Protestkundgebungen innerhalb von fünf Wochen in Serbien – die letzte fand
am vergangenen Samstag statt. In dem Balkanstaat spielt sich die Politik
derzeit auf der Straße ab. Die von einem Teil der Opposition organisierten
Demonstrationen strahlten den Willen zur Veränderung aus. Zehntausende
marschierten gegen Gewalt und Aggression, die die Staatsspitze in der
Gesellschaft schürt, gegen „gekaperte Institutionen“, „gleichgeschaltete
Medien“ und die „Machtusurpation“ durch [1][Staatspräsident Aleksandar
Vučić].
Zur Kundgebung von Vučićs regierender Serbischer Volkspartei wurden
wiederum Menschen aus allen Teilen Serbiens und den Nachbarstaaten nach
Belgrad transportiert. Die aufwändig inszenierte Manifestation war den
oppositionellen Protesten weit überlegen, doch die Begeisterung der
Teilnehmer hielt sich in Grenzen. Sie waren da, um Einigkeit des
„anständigen“ Volkes mit dem Volksführer zu demonstrieren – als Gegensa…
zum „verführten“ Volk, das seinen Rücktritt fordert.
Ausgelöst worden waren die Proteste [2][von zwei Amokläufen am 3. und 4.
Mai], bei denen ein Dreizehnjähriger und ein Zwanzigjähriger insgesamt 18
Menschen töteten, größtenteils Kinder und Jugendliche.
Nicht die mörderischen Taten selbst rissen die serbische Gesellschaft aus
ihrer Erstarrung. Vielmehr waren sie der letzte Tropfen, der das Fass in
einem emotional überspannten Serbien zum Überlaufen brachte: skrupellose
Korruption, Vetternwirtschaft, Erdrosselung der Demokratie, Hetzjagden
gegen Andersdenkende, Missbrauch staatlicher Ressourcen sowie der
Personenkult um Vučić.
## Hass und Fake News
Der Staatspräsident hält dagegen und bricht seinen eigenen Rekord bei der
Anzahl von TV-Ansprachen an das Volk. Die Maschinerie der Boulevardpresse
läuft auf Hochtouren. Vučić zeigt sich unnachgiebig und lehnt die
Minimalforderungen der Protestierenden ab.
Diese lauten: Rücktritt des Innenministers und des Geheimdienstchefs sowie
Entzug der Sendeerlaubnis für die TV-Sender Pink und Happy, die für die
Verseuchung Serbiens mit Hass und Fake News verantwortlich gemacht werden.
Die bürgerlichen Proteste in Belgrad, so heißt es zum Beispiel in diesen
Medien, würden ausländische Geheimdienste gemeinsam mit Serbenhassern aus
Kroatien, Bosnien, Montenegro und dem Kosovo organisieren.
Nur über seine Leiche wiederholte Vučić mehrfach: Niemals werde er
„Erpressungen nachgeben und den Schlimmsten von allen die Macht ohne Wahlen
überlassen“. Das jedoch hatte niemand gefordert.
„Wenn sie mich ermorden, bleibt mein Bruder Andrej. Wenn sie meinen Bruder
umbringen, bleibt mein Sohn Danilo. Wenn sie meinen Sohn umbringen, bleibt
meine Tochter Milica. Wenn sie auch sie umbringen, bleibt mein Sohn Vukan.
Doch selbst unsere Gräber werden gegen die Ustaschas (kroatische
Faschisten, Anm. der Red.) kämpfen!“, sagte der Präsident der Republik als
Reaktion auf die friedlichen Proteste.
Eine derartige Rhetorik motiviert jedoch nur noch mehr Menschen dazu,
weiter auf die Straße zu gehen. Die nächste und damit sechste Kundgebung
ist für den kommenden Freitag oder Samstag angekündigt.
5 Jun 2023
## LINKS
[1] /Nach-Amoklauf-an-Grundschule-in-Serbien/!5928813
[2] /Amoklauf-an-Grundschule-in-Belgrad/!5932271
## AUTOREN
Andrej Ivanji
## TAGS
Serbien
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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