# taz.de -- Kleingärten in Berlin: Schutz der Flächen unzureichend | |
> Alle wollen die über 70.000 Berliner Kleingärten dauerhaft sichern. Wie | |
> genau das gehen soll, ist aber auch nach dem Regierungswechsel weiter | |
> unklar. | |
Bild: Kühlung, ökologische Vielfalt, Gegenkultur: All das gedeiht im Kleingar… | |
BERLIN taz | Wie geht es weiter mit dem Schutz der Berliner Kleingärten? | |
Das Thema, 2021 noch begehrtes Wahlkampffutter, war zuletzt etwas aus dem | |
Blick geraten. Mehr Klarheit sollte am Donnerstag eine Anhörung von | |
VerbandsvertreterInnen im Umwelt- und Klimaschutz-Ausschuss des | |
Abgeordnetenhauses schaffen. So viel vorweg: Wirklich klar ist weiterhin | |
nichts. | |
Zur Erinnerung: Anfang vorletzten Jahres waren [1][die Grünen aus dem | |
gemeinsamen Vorgehen mit den Koalitionspartnern SPD und Linke ausgeschert]. | |
Alle wollten sie die gut 70.000 Kleingärten vor dem [2][künftigen Zugriff | |
durch das Land und Private schützen], die Partei von Umweltsenatorin | |
Bettina Jarasch war jedoch aufgrund eines Gutachtens zu dem Schluss | |
gekommen, dass dies per Gesetz nicht rechtssicher zu machen sei. Die | |
anderen beiden Parteien hielten daran fest, am Ende kam gar nichts heraus. | |
Nun hat sich das politische Tableau verschoben, und jetzt waren es Grüne | |
und Linke, die zusammen einen Antrag im Ausschuss einreichten: Der forderte | |
die Beauftragung eines neuen, möglichst breit angelegten Rechtsgutachtens. | |
Es solle in erster Linie Klarheit schaffen, wie ein Landesgesetz aussehen | |
müsste, damit es nicht mit dem übergeordneten Bundeskleingartengesetz | |
kollidiert. | |
## Nur Nutzung festschreiben | |
Für Holger Thymian (!), dem Vorsitzenden des Weißenseer Bezirksverbands der | |
Kleingärtner, ist die Antwort schon klar: Ein | |
„Kleingartenflächensicherungsgesetz“, das zumindest vordergründig alle | |
wollen, müsste sich tatsächlich darauf beschränken, die Nutzung der | |
landeseigenen Gartenflächen (das ist der mit Abstand größte Teil) auf Dauer | |
festzuschreiben. Alle Vorschriften und Ziele zur zeitgemäßen Entwicklung | |
der Gärten, die die alte Koalition ursprünglich mit ins Gesetz packen | |
wollte, müssten außerhalb dieses Rahmens weiterverfolgt werden. | |
Die Idee der CDU, eine Kleingarten-Stiftung zu gründen, in deren Eigentum | |
die Flächen zu ihrem Schutz übergehen sollten, lehnte Thymian im Gegensatz | |
zu Gert Schoppa, Präsident des Kleingarten Landesverbands, ab: Das berge zu | |
viele rechtliche Unwägbarkeiten, und die Interaktion der Vereine mit den | |
jeweiligen Bezirksverbänden sei bewährte Praxis – mit einer landesweiten | |
Stiftung finde das nicht mehr auf Augenhöhe statt. In jedem Fall müsse | |
gehandelt werden, so Thymian, denn [3][der von der Jarasch-Verwaltung | |
aufgestellte Kleingartenentwicklungsplan (KEP)] formuliere zwar die | |
richtigen Ziele, sei aber rechtlich unverbindlich. | |
Senatorin Manja Schreiner (CDU) sagte, es sei „beruhigend“, dass zur | |
Sicherung der Gärten [4][ein großer Konsens herrsche]. Zudem sei der KEP | |
ein „gutes Instrument, das wir fortschreiben wollen“. CDU-Mann Danny | |
Freymark betonte, „bis Ende der Legislaturperiode“ müsse eine Lösung her. | |
Er signalisierte, das Stiftungsmodell sei vielleicht auch nicht das einzig | |
vorstellbare Konzept für seine Partei. | |
Unklar ist auch, wie mit Kleingartenflächen umzugehen ist, die Privaten | |
gehören, beispielsweise der Bahn AG. Hier könnte ein Gesetz das Land dazu | |
auffordern, diese Flächen zu erwerben, eine andere Möglichkeit, die | |
debattiert wird, ist die Änderung des Berliner Flächennutzungsplans. | |
Schoppa schlug hierzu vor, dessen Raster so zu verfeinern, dass auch | |
Kleingartenvereine unter 3 Hektar Größe abgebildet und als Grünfläche | |
ausgewiesen werden könnten. | |
## „Baufilz ist Achillesferse“ | |
Der von Grünen und Linken gestellte Antrag wurde, wie zu erwarten, | |
abgelehnt – wobei er laut Katalin Gennburg doch nur den letzten mit der SPD | |
erarbeiteten Stand wiedergab. Wenn sich die SozialdemokratInnen nun „gegen | |
die Inhalte und für die Macht“ entschieden, sei das „ihr Problem“, so | |
Gennburg anschließend zur taz. Sie hoffe zwar, dass die neue | |
Landesregierung sich von guten Argumenten antreiben lasse, „aber der | |
Baufilz ist die Achillesferse von Schwarz-Rot“. Sie sei gespannt, wie der | |
Senat den Widerspruch auflösen wolle, der sich aus den Klimaproblematik und | |
dem Credo „Bauen, bauen, bauen“ ergebe. | |
Vor allem aber erwarte sie auch ein Bekenntnis des Senats zum [5][urbanen | |
Gärtnern und den vielen Initiativen], die hier bereits tätig seien. „Wir | |
wollen eine soziale und ökologische Stadt, die nicht nur Glitzer und Konsum | |
ist“, so Gennburg. Kleingärten böten Kühlung und andere ökologische | |
Vorteile, „sie können aber auch Orte der nichtkommerziellen Gegenkultur | |
sein – und die brauchen wir“. | |
8 Jun 2023 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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