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# taz.de -- Ermittlungen gegen Journalisten: Reporter im Fadenkreuz
> Berliner Behörden ermitteln gegen den Journalisten Julius Geiler. Der
> berichtete über einen Polizisten, der sich Coronamaßnahmen verweigert
> habe.
Bild: Eine Mundschutzmaske verrotet auf einer Wiese
Über Querdenker oder rechte Strukturen zu schreiben kann gefährlich sein.
Journalist*innen werden auf Demos angegriffen, werden bedroht oder
erhalten Hassnachrichten.
Nun kommen rechtliche Schritte gegen unliebsame Journalisten hinzu. Nachdem
der Reporter Julius Geiler im Berliner Tagesspiegel über den Berliner
Polizisten und AfD-Lokalpolitiker André G. berichtete, der im Verdacht
steht, Coronamaßnahmen ignoriert zu haben, ermittelt nun das
Landeskriminalamt Berlin gegen den Journalisten.
Montag spätabends machte der Tagesspiegel die [1][Untersuchung gegen seinen
Mitarbeiter in einem Artikel öffentlich]. G. wirft ihm nun üble Nachrede
und Verleumdung einer politischen Person vor. Geiler soll einen Hetz- und
Schmähartikel verfasst haben, um den Polizisten zu schädigen, es würde sich
sogar um Hasskriminalität handeln.
Was dabei erstaunt: Nun ermittelt der Staatsschutz tatsächlich gegen
Geiler. Genauer soll die Abteilung Landeskriminalamt 521, dem das Dezernat
für „Politisch motivierte Kriminalität (PMK) links“ zuzuordnen ist, im
Februar Ermittlungen aufgenommen haben, so der Tagesspiegel. Geiler stehe
damit unter Linksextremismusverdacht.
## Recherchen zu Polizist wegen Notrufmissbrauch
[2][Der Artikel zum Kriminalhauptkommissar André G. erschien Anfang des
Jahres im Tagesspiegel]. Geiler sei das Thema zugespielt worden, sagt er im
Gespräch. Ungewöhnlich ist das nicht: Zu Geilers Kernthemen gehören
Extremismus, Sicherheit und Polizei. Anfangspunkt seiner Recherche zu G.
bildete ein Gerichtsurteil in Stralsund. Ein Gericht in der Stadt an der
Ostsee verurteilte im Mai 2022 G. wegen Notrufmissbrauchs zu einer
Geldstrafe von 7.000 Euro. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig, da G.
Berufung eingelegt hat.
In einem Kurhotel soll der Kommissar mehrfach wegen Verstoß gegen
Coronaregeln aufgefallen sein. Daraufhin soll der Polizist G. die Polizei
gerufen haben. Auch bei einer Konferenz des Stadtrats habe er sich gegen
die Maskenpflicht gewehrt und den Notruf gewählt, [3][berichtete die
Märkische Allgemeine Zeitung] im Dezember 2020.
Im Februar, einen Monat nach Erscheinen seines Artikels, erhielt Geiler
Post. Der Beamte stellte Strafanzeige. Eine Abmahnung mit dem Ziel,
Behauptungen in dem Artikel von der Verbreitung zu stoppen, gab es jedoch
nicht. Bis heute steht der Artikel beim Tagesspiegel online.
Die Polizei Berlin bestätigt auf Anfrage Ermittlungen, dementiert jedoch,
dass der PMK-links involviert sei. Weitere Fragen zu dem Fall konnte die
Pressestelle der Polizei Berlin nicht beantworten und verwies auf die
Staatsanwaltschaft. Diese könne, da es sich um eine offene Ermittlung
handelt, ebenso keine Auskunft erteilen, schreibt sie der taz.
In einem zweiten Schreiben des LKA wurde Geiler aufgefordert, als Zeuge
Stellung zu versendeten SMS zu beziehen. Er solle Auskunft geben, woher er
die Telefonnummer des Polizisten habe. Dabei gehört das zum Kerngeschäft
einer Recherche – auch um journalistischen Pflichten nachzukommen. „Ich
habe mehrfach versucht G. für eine Stellungnahme zu erreichen, sogar mehr
als sonst“, erinnert sich Geiler. Der Kommissar ließ Anfragen
unbeantwortet, heißt es im Artikel des Tagesspiegels.
## „Völlig überzogene Reaktion“
Hendrik Zörner, Sprecher des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), sieht
keinen Ansatzpunkt für Verleumdung oder Beleidigung. Die bisherigen
Veröffentlichen würden „auf eine völlig überzogene Reaktion“ deuten, sa…
er im Gespräch. Er schätzt, dass bei einigen Personen in den Behörden wohl
die Nerven blank liegen. Dass das Vorhaben von juristischem Erfolg gekrönt
sein könnte, glaube er nicht. „So unprofessionell damit umzugehen finde ich
unverständlich“.
Geiler sagt, er habe schon oft als [4][Reaktion auf seine Berichterstattung
Hass] erfahren. Zum Höhepunkt der Pandemie hätte man ihm immer wieder
gedroht, ihn anzuzeigen, so der Journalist. Über den aktuellen Fall ist er
trotzdem überrascht: „Jeder kann jeden anzeigen, aber dass die Ermittlungen
dann so vorangetrieben wurden, fand ich schon sehr verwunderlich.“
Dieser Fall ist nicht der erste, in dem Querdenkende Journalist*innen
Verleumdung vorwerfen. Im Mai 2022 [5][veröffentlichte die Frankfurter
Rundschau] einen Artikel des Journalisten David Berndt, dem daraufhin
Verleumdung vorgeworfen wurde. „Rechtliche Schritte sind offenbar ein
Mittel, um gegen freie Berichterstattung vorzugehen“, sagte Berndt damals
der FR.
7 Jun 2023
## LINKS
[1] https://www.tagesspiegel.de/berlin/nach-bericht-uber-berliner-afd-beamten-p…
[2] https://www.tagesspiegel.de/berlin/berliner-polizist-verurteilt-beamter-mis…
[3] https://www.maz-online.de/lokales/havelland/falkensee/falkensee-polizeieins…
[4] /Angriffe-bei-Querdenken-Protest/!5817189
[5] https://www.fr.de/politik/pressefreiheit-in-deutschland-journalismus-im-str…
## AUTOREN
Adefunmi Olanigan
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