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# taz.de -- Hannovers Streit um Südschnellweg-Ausbau: Verhärtete Fronten
> Der Runde Tisch konnte den Konflikt um Hannovers Stadtautobahn
> Südschnellweg nicht lösen. Nun wird das Bundesverkehrsministerium
> involviert.
Bild: Die meisten dieser Bäume werden weichen müssen, damit der Südschnellwe…
Hannover taz | Nun tragen sie den Streit also nach Berlin, zum
Verkehrsministerium. Eigentlich wollte Niedersachsens Wirtschafts- und
Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) dort am Mittwoch die [1][Ergebnisse seines
Runden Tisches zum umstrittenen Südschnellweg] präsentieren.
Das Problem ist nur: Eigentlich gibt es keine Ergebnisse. Man konnte sich
in wesentlichen Punkten nicht einigen, Bürgerinitiativen und Umweltschützer
verließen die Runde vorzeitig. Der Frust ist groß, die Situation
verfahrener denn je. Und die Baumbesetzer wappnen sich schon einmal für
einen heißen Herbst.
Zurück zum Anfang: Um die Sanierung und Verbreiterung des
[2][Südschnellweges wird in Hannover seit Jahren] mit wachsender Intensität
gestritten.
Das ist mehr als ein lokaler Konflikt: Weil es sich erstens um eine
Bundesstraße handelt und zweitens um ein Beispiel dafür, wie schwer es ist,
die viel beschworene Verkehrswende umzusetzen, wenn Planungsprozesse lang
und schwerfällig und auf Betonlogik geeicht sind. Und das, obwohl selbst
Lies mittlerweile sagt, so würde man heute nicht mehr planen.
Das Schnellwegnetz um Hannover stammt aus den 1950er-Jahren, als Hannover
als „autogerechte Stadt“ Furore machte. Es lotst den Fernverkehr um das
Stadtzentrum herum, fungiert aber auch als wichtiger Zubringer für Pendler
und Güterverkehr. Seine 35 Brücken sind allerdings arg sanierungsbedürftig
und nur noch eingeschränkt befahrbar – eine Folge der langjährigen
Vernachlässigung der Infrastruktur, wie sie sich überall im Land zeigt.
## Zehn Meter mehr – aber keine einzige Fahrspur
Vor allem am Südschnellweg ist der Handlungsdruck groß, die Brücke in dem
nun umstrittenen Naherholungsgebiet Leinemasch müsste sonst im kommenden
Jahr komplett gesperrt werden. Hier soll eine Tunnellösung her, eine
Behelfsbrücke ist schon im Bau. Dem wollen sich selbst die protestierenden
Anwohner nicht in den Weg stellen.
Umstritten bleibt aber, ob die damit verbundene Verbreiterung des
Südschnellweges um mehr als 10 Meter wirklich auf voller Länge sein muss.
Nach dem gegenwärtigen Stand der Planungen würde die Straße von 14,50 auf
25,60 Meter verbreitert – also solide Autobahnausmaße gewinnen – ohne dass
es dadurch auch nur eine einzige weitere Fahrspur geben würde.
Die bestehenden Spuren würden breiter und mit einem Standstreifen versehen.
Ursprünglich angedacht waren sogar 31 Meter. Die Landesstraßenbaubehörde
argumentiert, dass sie damit schon am unteren Rand des Möglichen bleibt –
die Standspur sei aus Sicherheitsgründen nötig. Die Industrie- und
Handelskammer, [3][der Unternehmerverband Niedersachsen] und der ADAC haben
sich dieser Argumentation angeschlossen.
Sie halten einen besseren Verkehrsfluss aus wirtschaftlichen Gründen für
dringend notwendig, außerdem sei es an vielen Stellen ja nicht einmal
möglich, eine Rettungsgasse zu bilden.
Die Ausbaugegner – ein breites Bündnis aus Umweltverbänden, betroffenen
Anwohnern und Klimaschutzaktivisten – argumentieren dagegen, die Behörde
habe ihren Ermessensspielraum keineswegs ausgeschöpft.
Man hätte auch mit Nothaltebuchten oder befestigten Randstreifen arbeiten
können, anstelle einer kompletten Standspur. Außerdem seien die
Verkehrsprognosen, mit denen hier gearbeitet werde, veraltet und müssten im
Lichte des [4][Pariser Klimaabkommens] neu betrachtet werden.
Die Debatte darum hat sich festgefahren in vielen Detailbetrachtungen und
juristischen Scharmützeln – es gab mehrere Klagen. Die Ausbaubefürworter
befürchten vor allem, dass der gesamte Zeitplan ins Rutschen gerät, wenn
auch nur ein Teil der Planungen gekippt wird – und aufgrund der dann
notwendigen Brückensperrungen das totale Verkehrschaos über Hannover
hereinbricht.
Die Ausbaugegner glauben hingegen, es sei möglich, Teilabschnitte neu zu
planen, ohne alles in Frage zu stellen. Sie haben sich dazu juristische
Schützenhilfe von Franziska Heß eingeholt – die Fachanwältin für
Verwaltungsrecht war auch an dem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht
beteiligt, das zum Klima-Urteil führte.
In der „Lies’schen Laberrunde“, wie ein Demo-Teilnehmer den Runden Tisch
des niedersächsischen Wirtschafts- und Verkehrsministers nannte, hatte das
Bündnis „Leinemasch Bleibt“ allerdings das Gefühl, nicht wirklich Gehör …
finden.
## Bündnis „Leinemasch Bleibt“ verlässt Runde frühzeitig
„Es ging da nur noch um akzeptanzbildende Maßnahmen wie verbesserten
Lärmschutz und Ausgleichsmaßnahmen“, sagt Felix Funke [5][von „Leinemasch
Bleibt“.] Das Bündnis hat die Runde frühzeitig verlassen. Nach Berlin
fuhren sie allerdings trotzdem: Um ihren Protest auch dort zu Gehör zu
bringen, wie sie es seit mehr als zwei Jahren in Hannover mit
Protestspaziergängen, Mahnwachen und Fahrraddemos regelmäßig tun.
Für die Aktivisten, die [6][seit dem vergangenen Herbst in den Bäumen von
„Tümpeltown“ am Südschnellweg hausen], bestätigt das nur, was sie sowieso
von Anfang an wussten: „Es kann mit diesem System keine Kompromisse geben“,
sagen die Vermummten mit den Spitznamen „Pfeffer“ und „Lu“ bei der jün…
Mahnwache in der Innenstadt.
Sie würden sich jetzt dafür einsetzen, das Protestcamp zu stabilisieren und
wappnen sich für die Räumung, die ihnen irgendwann bevorsteht. Spätestens
im Herbst, wenn die neue Rodungssaison beginnt.
7 Jun 2023
## LINKS
[1] https://www.mw.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/presseinformationen/ge…
[2] /Baumbesetzungen-in-Hannover/!5899981
[3] https://www.uvn.digital/presse/uvn-zu-suedschnellweg-gespraechen-im-bundesv…
[4] /Svenja-Schulze-zu-5-Jahre-Klimaabkommen/!5737652
[5] https://leinemaschbleibt.de/
[6] /Protest-gegen-Strassenausbau-in-Hannover/!5886197
## AUTOREN
Nadine Conti
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Verkehrswende
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Hannover
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Schwerpunkt Klimawandel
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