# taz.de -- Ben Gvir wieder auf dem Tempelberg: Kritik an Israels Polizeiminist… | |
> Palästinenser werten den erneuten Besuch von Itamar Ben-Gvir auf dem | |
> Tempelberg als Provokation. Massenproteste gegen die Justizreform in | |
> Israel dauern an. | |
Bild: Erneuter Besuch: Polizeiminister Ben-Gvir auf dem Tempelberg | |
Jerusalem/Tel Aviv dpa/afp | Ein erneuter Besuch des israelischen | |
Polizeiministers Itamar Ben-Gvir auf dem Tempelberg in Jerusalem hat am | |
Sonntag heftige Kritik ausgelöst. Ben-Gvir sagte bei dem Besuch auf der | |
Anlage, die Muslime als Al-Haram al-Scharif verehren: „Ich freue mich, den | |
Tempelberg in Jerusalem zu besuchen, den wichtigsten Ort für das jüdische | |
Volk.“ Er lobte die Arbeit der Polizei, die zeige, „wer in Jerusalem der | |
Hausherr ist“. Das jordanische Außenministerium und die | |
Palästinenserbehörde verurteilten den Besuch des rechtsextremen Ministers | |
als gefährliche Provokation. | |
Ben-Gvir sagte bei der Visite: „Alle Drohungen der (im Gazastreifen | |
herrschenden islamistischen) Hamas werden nichts helfen, wir sind der | |
Hausherr in Jerusalem und im ganzen Land Israel.“ Damit bezieht er sich | |
auch auf das besetzte Westjordanland und den arabisch geprägten Ostteil | |
Jerusalems. Der Polizeiminister hatte den Tempelberg zuletzt im Januar | |
besucht, kurz nach seinem Amtsantritt. | |
Der Tempelberg mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die | |
drittheiligste Stätte im Islam. Sie ist aber auch Juden heilig, weil dort | |
früher zwei jüdische Tempel standen. Jordanien ist Hüter der heiligen | |
Stätten des Islams in Jerusalem. | |
Der Tempelberg steht unter muslimischer Verwaltung, während Israel für die | |
Sicherheit zuständig ist. Juden dürfen die Anlage besuchen, dort aber nicht | |
beten. Ben-Gvir setzt sich dafür ein, dass Juden mehr Zugang zu der Anlage | |
erhalten. Die Palästinenser befürchten, Israel wolle seine Kontrolle der | |
heiligen Stätte ausweiten. | |
Ein Sprecher des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas nannte Ben-Gvirs | |
Besuch nach Angaben der Nachrichtenagentur Wafa einen „offenen Angriff der | |
heiligen Stätte, der schwerwiegende Konsequenzen haben wird“. „Der | |
Al-Aksa-Moschee zu schaden, bedeutet, mit Feuer zu spielen, und dies wird | |
die Region in einen religiösen Krieg mit unvorstellbaren Folgen drängen.“ | |
## Massenproteste in 20. Woche gegen Justizreform | |
In Israel hat es am Samstag [1][in der 20. Woche in Folge Massenproteste | |
gegen die Justizreform] der ultrarechten Regierung von Ministerpräsident | |
Benjamin Netanjahu gegeben. Wie bei den vorherigen Protesten versammelten | |
sich die Demonstranten im Zentrum von Tel Aviv. Laut israelischen Medien | |
nahmen zehntausende Menschen an der Demonstration teil. „Bibi, Feind der | |
Demokratie“ war auf Transparenten zu lesen – „Bibi“ ist der Spitzname | |
Netanjahus. | |
Nach Angaben von Korrespondenten der Nachrichtenagentur AFP waren die | |
Teilnehmerzahlen höher als eine Woche zuvor. Unter dem Eindruck von | |
Raketenbeschuss durch militante Palästinenser vom Gazastreifen aus auf | |
israelisches Gebiet war die Beteiligung vor einer Woche niedriger gewesen | |
als gewöhnlich. | |
Netanjahu hatte zwar Ende März angesichts der massiven Proteste eine | |
„Pause“ im Gesetzgebungsverfahren für die Reform ausgerufen, „um dem Dia… | |
eine Chance zu geben“ – [2][dies hat die Gemüter vieler Kritiker jedoch | |
nicht beruhigt]. „Wir stehen zusammen, um die israelische Demokratie zu | |
verteidigen“, sagte einer der Demonstranten an diesem Samstag, der | |
52-jährige Wissenschaftler Amos Tanay. | |
Das Vorhaben der Regierung zielt darauf ab, [3][die Befugnisse der Justiz | |
und des Obersten Gerichts einzuschränken] und die Stellung des Parlaments | |
und des Ministerpräsidenten zu stärken. Mit der Reform könnte das Parlament | |
mit einer einfachen Mehrheit Entscheidungen des Obersten Gerichts aufheben. | |
21 May 2023 | |
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