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# taz.de -- Gewaltdebatte im Fußball: Nachdenken über einen Todesfall
> Der Tod eines Jugendspielers löst wieder einmal eine eher plumpe Debatte
> im deutschen Fußball aus. Gewalt ist eben nicht nur da, wo sie
> statistisch erfasst wird.
Bild: DFB-Präventionsarbeit im Jahr 2000: das Team von Lutz Wagner (M.) zeigt …
Debatten über Gewalt im Fußball werden immer recht grobschlächtig geführt.
Das ist [1][im Fall des Berliner Jugendspielers], der bei einem Turnier in
Frankfurt tödliche Hirnschäden erlitt, nicht anders. Ein Spieler einer
französischen Gastmannschaft hatte ihn mit einem Schlag von hinten
niedergestreckt. Zumindest aber kann man den Protagonisten zugute halten,
dass die Debatte nicht nationalistisch, entlang von Herkunftsfragen,
geführt wird, wie das etwa nach den Silvester-Krawallen in Berlin der Fall
war.
Diejenigen, deren Geschäft die großen Schlagzeilen sind, sorgen sich auch
jetzt um eine neue Dimension der Gewalt und treffen ohne genaue Kenntnis
des Einzelfalls schnell allgemeine Schlüsse. Diejenigen, die um das Image
des Fußballs besorgt sind, kramen routiniert die jüngsten Statistiken der
dokumentierten Spielabbrüche vor, die gemessen an der Gesamtzahl der
Fußballspiele zuletzt in Deutschland 0,075 Prozent betrug. Bei aller
Dramatik der Einzelfälle sprechen wir doch über ein mikroskopisches
Problem, scheinen die Zahlen zu belegen.
Vielleicht kommt auch deshalb der gastgebende Verein des Turniers in
Frankfurt in seiner Stellungnahme zu dem tödlichen Vorfall zur nicht
wirklich realistischen und hilflos erscheinenden Forderung: „Die Gewalt auf
den Fußballplätzen muss ein Ende haben.“
Ein Problem auch an den eigenen Statistiken ist das binäre Denken. Gewalt
ist da, wo sie erfasst wird. Wie viel Gewalt gibt es auf Fußballplätzen
wohl [2][jenseits von Spielabbrüchen] und ab welchem Grad wird sie als
solche erfasst oder nicht schon der Normalität zugerechnet?
## Deeskalierende DFB-Reime
Die Signale, die der DFB sendet, sind widersprüchlich. Einerseits verweist
er, wenn es brenzlig wird, gern auf die gesellschaftliche Tragweite des
Gewaltproblems, weshalb man nur begrenzt handlungsfähig sei. Andererseits
möchte der DFB den Eindruck erwecken, alles unter Kontrolle zu haben. „Die
Wahrnehmung der vermehrten Gewaltvorkommnisse im Amateurfußball seitens
seiner Mitglieder“ sehe man, heißt es auf der Verbandshomepage.
Deshalb habe sich der DFB „stark aufgestellt“, um Gewalt vorzubeugen. Und
auch in einer aktuellen Stellungnahme zum Tod des Jugendspielers verweist
der Verband auf seine vielfältigen Tätigkeiten und sein Präventionskonzept
[3][„Fair ist mehr“].
Für Betroffene von Gewalt – in der Saison 2021/22 hat der Verband immerhin
3.544 „Gewalthandlungen“ gezählt – mögen sich solche DFB-Reime wie Hohn
anhören. Gute Gewaltpräventionsarbeit kostet viel Geld und findet eher im
Verborgenen statt. Der DFB mag im Verteidigungsreflex seine Verdienste
aufzählen. Die dringliche Frage ist nur, was das gebracht hat und was nun
getan werden muss.
3 Jun 2023
## LINKS
[1] /Tragoedie-im-Jugendfussball/!5934672
[2] /Amateurfussball-in-der-Krise/!5656050
[3] https://www.dfb.de/vereinsmitarbeiter/jugendleiterin/artikel/mitmachen-bei-…
## AUTOREN
Johannes Kopp
## TAGS
Kolumne Press-Schlag
Gewalt im Sport
Deutscher Fußballbund (DFB)
Sport
Klassenerhalt
Jugendsport
Berliner Fußball-Verband
Niedersachsen
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