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# taz.de -- Gewalt bei Jugendfußballspiel: Brutale Jugend
> Die C-Jugend des Fußballvereins TSV Burgdorf verletzt einen Gegenspieler
> so, dass er ins Krankenhaus eingeliefert wird. Therapieangebote soll
> helfen.
Bild: Hier bleibt es für die C-Jugend erst mal ruhig: Platz des TSV Burgdorf
Hamburg taz | Nachdem ein Fußballspiel der C-Jugend im niedersächsischen
Burgdorf am Samstag eskaliert ist, ermittelt nun die Polizei wegen
gefährlicher Körperverletzung. Spieler des TSV Burgdorf hatten einen
13-Jährigen vom gegnerischen FC Lehrte zu Boden geschlagen und auf den am
Boden Liegenden mit Stollenschuhen eingetreten. Der Junge wurde ins
Krankenhaus eingeliefert. Es ist ein weiterer Fall in einer Debatte darum,
ob der Amateurfußball immer häufiger Schauplatz von Gewalt wird.
Vorangegangen war im aktuellen Fall ein Foul eines Spielers von Burgdorf,
der Lehrter Spieler reagierte mit einem Revanchefoul, woraufhin sich die
Burgdorfer Spieler auf ihn stürzten. „Die Mannschaft der TSV Burgdorf ist
offenkundig völlig außer Kontrolle und hat erschreckendes und geradewegs
kriminelles Gewaltpotenzial“, heißt es in der Stellungnahme des
Kreissportgerichts, das die [1][Hannoversche Allgemeine Zeitung] zitiert.
Das Gericht schloss die C-Jugend des [2][TSV Burgdorf] in einer
einstweiligen Verfügung bis maximal zum 21.März 2020 vom Spielbetrieb aus.
Ein Sportgerichtsverfahren folgt noch. Ein Sprecher des
[3][niedersächsischen Fußballverbands] (NFV) sprach von einer „Notbremse“,
weil ein sicherer Spielbetrieb nicht zu gewährleisten sei.
Die Eskalation in Burgdorf hat so weite Kreise gezogen, dass sich
inzwischen bereits PolitikerInnen wie die sportpolitische Sprecherin der
niedersächsischen SPD, Dunja Kreiser, äußern und den Übergriff scharf
verurteilen. Die gute Nachricht ist, dass er untypisch ist. „Kopftritte auf
am Boden Liegende sind nicht an der Tagesordnung“, erklärt ein Sprecher des
NFV.
## Aggressivere Zuschauer
Er sieht keine Zunahme von Gewalt im Amateurfußball. Laut einer
[4][Statistik des Deutschen Fußballbundes] verlaufen 99,5 Prozent aller
Amateurspiele komplett störungsfrei. Auch der Trainer des FC Lehrte, Marcus
Bartscht, kann keine Zunahme von Gewalt auf dem Fußballfeld erkennen:
„Fußball war vor 20 Jahren wesentlich aggressiver als heute“, sagt er und
erinnert an prominente Spieler wie Uli Borowka, „die Axt“, die Gegner
reihenweise umgetreten hätten. Das wäre heute undenkbar. Dafür sei das
Publikum heute aggressiver, was wiederum die Stimmung auf dem Platz
beeinflusse.
Eigentlich war die Geschichte der C-Jugend Burgdorf eine hoffnungsvolle.
Begonnen hatte es damit, dass eine Gruppe Jugendlicher auf einem
Soccer-Platz kickte, bis der TSV Burgdorf, der eine Mannschaft für 12- bis
14-Jährige aufbauen wollte, ihnen anbot, bei ihnen zu spielen – „auch als
soziale Maßnahme“, so beschreibt es der Burgdorf-Trainer Peter Kehl. Nach
anfänglicher Fluktuation habe sich ein fester Kern gebildet.
Viele der Jugendlichen stammen aus kurdischen Familien, was laut Kehl keine
Bedeutung für die gegenwärtigen Probleme hat. Deutlich sei, dass sie aus
benachteiligten Familien kämen, in denen wenig Interesse an den
Freizeitaktivitäten der Kinder bestehe – von den Eltern kennt der Trainer
niemanden.
Der Vorfall am Samstag hatte bereits eine Vorgeschichte. Vor zwei Wochen
hatten die C-Jugend des TSV Burgdorf Spieler des gegnerischen SV Fuhrberg
körperlich und verbal attackiert. Beim Spiel gegen Lehrte war zu Beginn der
schwarze Torwart rassistisch beleidigt worden, dessen Trainer Marcus
Bartscht sieht allerdings keine Verbindung zu der späteren Eskalation: Dort
sei es um „Gewalt per se“ gegangen.
Bartscht, der Rechtsanwalt ist und den verletzten Spieler vertritt, sagt,
dass es immer wieder „kleinere Vorfälle“ bei Spielen gäbe. Die Besonderhe…
bei den Übergriffen vom Samstag sei, dass „die ganze Mannschaft“ dabei
gewesen sei und nicht ein Einzeltäter.
## Hilfe für den Verein
Burgdorf-Trainer Kehl nennt das Verhalten seiner Mannschaft „absolut
inakzeptabel“. Doch wie konnte es trotz erwachsenen Publikums zu den
Verletzungen kommen? Das Ganze habe sich innerhalb von Sekunden abgespielt
in einer „völlig unübersichtlichen Situation“. Nach dem Revanchefoul der
Lehrter sei es zu einer „Verteidigungshaltung der Spieler“ gekommen.
Bereits nach dem ersten Vorfall beim Spiel gegen Fuhrberg habe man
eindringlich mit den Jugendlichen gesprochen, ebenso nach der Eskalation am
Samstag.
Der TSV Burgdorf habe einige Hilfsangebote erhalten. Auch der Trainer der
gegnerischen Mannschaft attestiert ihm, er gelte als „gut geführt“. Ein
Verein, da ist sich Kehl, der auch Vorsitzender des TSV Burgdorf ist, mit
dem Fußballbund einig, habe durchaus auch soziale Aufgaben. Kehl will eng
mit der Stadtjugendpflege der Stadt Burgdorf zusammenarbeiten.
Die Jugendlichen bräuchten „sozialtherapeutische Hilfe“, unter anderem, um
ihre Selbstdisziplin zu fördern. „Ich bin recht zuversichtlich“, sagt Kehl.
Am Donnerstag soll ein runder Tisch möglichst viele Beteiligte
zusammenbringen.
Es gab bereits nach den Vorfällen bei dem Spiel gegen Fuhrberg ein
Mediationsangebot des Niedersächsischen Fußballverbandes, das laut dessen
Sprecher beide Vereine nicht wahrgenommen haben. Burgdorfs Trainer Kehl
sagt dagegen, man habe das Angebot angenommen, aber aus Termingründen nicht
wahrnehmen können.
23 Sep 2019
## LINKS
[1] https://www.haz.de/
[2] https://www.tsv-burgdorf-fussball.de/
[3] https://www.nfv.de/
[4] https://www.dfb.de/news/detail/9951-prozent-der-spiele-im-amateurfussball-v…
## AUTOREN
Friederike Gräff
## TAGS
Niedersachsen
Amateurfußball
Jugendliche
Gewalt
Kolumne Press-Schlag
Anti-Rassismus
Amateurfußball
Fußball
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