# taz.de -- Verhandlungen über Kunststoffentsorgung: Pakt gegen Plastikmüll | |
> Delegationen aus 175 Staaten verhandeln ab Montag in Paris über eine | |
> internationale Konvention. Die Industrielobby reist auch an. | |
Bild: Das weltweites Problem muss international gelöst werden: Plastikmüll | |
Paris taz | Nach ersten Diskussionen über eine internationale | |
Plastikkonvention im vergangenen Dezember in Uruguay, treffen sich erneut | |
die Delegationen aus 175 Ländern und insgesamt rund 1.500 Teilnehmende von | |
Montag bis Freitag am Sitz der Unesco in Paris. Sie verhandeln über das | |
weltweite Problem der Entsorgung von Kunststoffen wie Plastik. | |
Das von der Umweltversammlung der UNO (Unea) im März 2022 definierte Ziel | |
ist es, bis 2024 [1][ein international rechtsverbindliches Abkommen zur | |
Bekämpfung der Verschmutzung] mit Plastik zu schaffen. | |
Kaum jemand stellt heute noch infrage, dass die weltweite Verschmutzung mit | |
[2][Plastikmüll] zusammen mit dem Klimawandel und dem Verlust der | |
Artenvielfalt eine der größten Herausforderungen im Umweltbereich | |
darstellt. Mikropartikel und andere Rückstände dieser aus Erdöl oder -gas | |
hergestellten Kunststoffe sind omnipräsent – im Wasser, im Regen und im | |
Nahrungszyklus und selbst in den entlegensten Gebieten wie dem Himalaja. | |
Erhebungen weisen in den meisten Ländern auf ein Problembewusstsein der | |
Bevölkerung hin. Das Ausmaß der Entsorgungsschwierigkeiten, der | |
Verschmutzung und ihrer Folgen aber wird immer noch stark unterschätzt. | |
## Doppelt so viel Plastik in 20 Jahren | |
An sich herrscht bei den UNO-Mitgliedern fast Einstimmigkeit über die | |
Notwendigkeit eines globalen Abkommens. Doch zur Verbindlichkeit, zum | |
Zeitplan, zur Definition von Zielsetzungen für bestimmte | |
Wirtschaftssektoren sowie zur Frage der Finanzierung und Überwachung der | |
Umsetzung bestehen enorme Differenzen. | |
Es überrascht nicht, dass die Hersteller und Verkäufer von Plastikflaschen | |
und anderen Kunststoffbehältern aus wirtschaftlichen Interessen bremsen, wo | |
immer sie das können. Sie sind dazu mit ihren Lobbyisten in Paris ebenfalls | |
sehr zahlreich vertreten. | |
Eine der Hauptaufgaben der zahlreichen NGOs in Paris ist daher die | |
Gegeninformation und das Einbringen von griffigen Zielsetzungen. | |
[3][Greenpeace fordert] beispielsweise, dass in der zukünftigen Konvention | |
nicht nur eine Obergrenze für die Produktion von neuem Plastik festgehalten | |
wird, sondern auch die Abschaffung der weiterhin massiven Subventionen für | |
die Erdöl- und -gasproduktion. | |
Zudem fordert die Organisation konkrete Zielvorgaben für einen | |
schrittweisen Ausstieg aus dem System der Einwegplastikflaschen sowie klare | |
Prozesse der Überwachung der versprochenen Fortschritte in den einzelnen | |
Ländern und Wirtschaftssektoren wie Landwirtschaft, Fischerei, Textil oder | |
Bau. | |
Für Greenpeace war es schon vor dem Beginn der Diskussionen am Montag | |
absehbar, dass es in Paris „ein zähes Ringen“ wird. Die Öl- und Gaslobby | |
kämpft verbissen um das Überleben einer Industrie, die wegen des | |
schrittweisen Verzichts auf fossile Energien in der Plastikproduktion | |
einen Rettungsanker sieht. Sie will darum die Verhandlungen bremsen, die | |
eventuellen Beschlüsse verwässern oder mit Pseudolösungen in iĥrem Sinne | |
beeinflussen. | |
Eine von Norwegen und Ruanda angeführte Koalition von 53 Ländern, zu der | |
auch die EU gehört, setzt sich für ein „ambitiöses Abkommen“ ein. Es eil… | |
denn laut Schätzungen könnte sich die Herstellung von neuem Plastik in den | |
kommenden 20 Jahren weiter verdoppeln. | |
Mehrere asiatische Staaten, die USA sowie die Erdölproduzenten am | |
Persischen Golf dagegen möchten sich darauf beschränken, das – bisher sehr | |
problematische – Recycling zu fördern, ohne die Plastikproduktion zu | |
begrenzen. Die nächste Verhandlungsrunde nach Paris ist im November in | |
Kenia geplant. | |
29 May 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://unesdoc.unesco.org/ark:/48223/pf0000266090 | |
[2] /Bundestag-beschliesst-Sonderabgabe/!5919649 | |
[3] https://greenpeace.at/presse/staaten-muessen-toxische-plastikproduktion-wel… | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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