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# taz.de -- Oppositionspartei HDP in der Türkei: Demirtaş will nicht mehr
> Die kurdisch-linke HDP ist eine wichtige Stimme der türkischen
> Opposition. Ihr populärster Politiker will sich nun aus der Politik
> zurückziehen.
Bild: Noch populär, obwohl er im Gefängnis sitzt: Demirtaş, hier auf einem P…
Berlin taz | Selahattin Demirtaş will sich aus der Politik in der Türkei
zurückziehen. Dies kündigte der frühere Co-Chef der kurdisch-linken
Oppositionspartei HDP in einem am Donnerstag erschienenen Interview auf der
Internetplattform Arti Gercek an. Demirtaş war 2016 als damaliger
Co-Vorsitzender der HDP verhaftet worden; er sitzt seitdem in einem
Gefängnis im Westen der Türkei.
Aus der Haft hinaus hat er immer wieder politisch interveniert. Durch
schriftlich geführte Interviews, Briefe und Mitteilungen, die er über seine
Anwälte der Öffentlichkeit zugänglich machte, versuchte er, am
Diskussionsprozess innerhalb der HDP und der türkischen Linken insgesamt
weiter teilzunehmen.
Auf die Frage des Spiegel in einem [1][Interview] vor den [2][Wahlen im
Mai], ob er nach einem möglichen Sieg der Opposition beabsichtige, wieder
in die Politik zu gehen, hatte er noch geantwortet: „Ich war nie aus der
Politik raus.“ Jetzt will der mit Abstand populärste Politiker der HDP aber
nicht mehr weitermachen. In dem Interview mit Arti Gercek kritisiert
Demirtaş die aktuelle HDP-Parteiführung, die im Wahlkampf eine schlechte
Performance gezeigt habe.
Das Wahlbündnis mit anderen türkischen sozialistischen Parteien sei nicht
mit Leben gefüllt worden und die Basis der HDP zu wenig in die
Entscheidungen der Partei einbezogen, kritisiert Demirtaş. Die HDP brauche
eine grundsätzliche Erneuerung.
Es mag sein, dass auch der neuerliche Sieg Recep Tayyip Erdoğans und seiner
AKP – und damit die fortdauernde Haft für Demirtaş – zu der Entscheidung
beigetragen hat, sich aus der Tagespolitik zurückzuziehen. Ausschlaggebend
ist aber wohl sein Dissens mit der aktuellen HDP-Führung. Demirtaş, ein
Anwalt aus Diyarbakır, stand und steht für eine verstärkte Öffnung der HDP
für nichtkurdische Wähler und für eine Entwicklung hin zu einer allgemeinen
linken Partei. Er ist überzeugt, dass nur so eine politische Lösung der
Kurdenfrage in der Türkei möglich ist.
## Stimmenverluste bei der Wahl
Nach seiner Festnahme 2016 und zunehmendem politischen Druck auf die
Partei, trat die HDP-Führung allerdings mehr und mehr den Rückzug ins
ethnische Lager an. Die Quittung dafür war ein Wahlergebnis von nur 8,8
Prozent der Stimmen bei der Parlamentswahl vor zweieinhalb Wochen. Zu
Zeiten von Demirtaş hatte die HDP noch mehr als 13 Prozent bekommen.
Der Kurs der aktuellen HDP-Führung um Pervin Buldan und Mithat Sancar hat
auch die mit der HDP verbündeten linken Parteien frustriert. Yeşil Sol –
[3][die Gruppe, auf deren Liste die HDP-Kandidaten wegen eines drohenden
HDP-Parteiverbots bei der Parlamentswahl im Mai kandidierten] – fühlte sich
bei der Listenaufstellung übergangen. Sie will jetzt diskutieren, wie es
weitergeht.
Die Türkische Arbeiterpartei (TIP) mit ihrem populären jungen Vorsitzenden
Erkan Baş hatte es gleich vorgezogen, mit einer eigenen Liste anzutreten.
Zu diesen Verwerfungen kommt hinzu, dass das [4][Verbotsverfahren gegen die
HDP] nicht zu Ende ist: Wird die Partei in den nächsten Wochen tatsächlich
verboten, droht ihrem gesamten aktuellen Führungspersonal ein jahrelanges
Politikverbot.
Verglichen mit der HDP und der türkischen Linken ist es in der
Oppositionskoalition mit ihrem gescheiterten Kandidaten Kemal Kılıçdaroğlu
noch ruhig. Kılıçdaroğlu hat angedeutet, dass er als Vorsitzender der
sozialdemokratisch-kemalistischen CHP, der größten Partei des
Oppositionsbündnisses, weitermachen möchte. Auch von den Vorsitzenden der
anderen fünf am Bündnis beteiligten Parteien hat bislang niemand einen
Rückzug angekündigt.
1 Jun 2023
## LINKS
[1] https://www.spiegel.de/ausland/selahattin-demirtas-ueber-tuerkei-wahl-erdog…
[2] /-Nachrichten-zur-Tuerkei-Wahl-/!5937084
[3] /Wahl-in-der-Tuerkei/!5924917
[4] /Opposition-in-der-Tuerkei/!5911598
## AUTOREN
Wolf Wittenfeld
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