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# taz.de -- Die Verständnisfrage: Viel Knaster fürs Kicken?
> Warum verdienen Fußballer eigentlich so viel mehr als Ärzte, fragt ein
> Schüler. Ein Ex-Profifußballer antwortet.
Bild: Ex-Spitzenfußballer Neven Subotic
In der Verständnisfrage geht es jede Woche um eine Gruppe, für deren
Verhalten der Fragesteller_in das Verständnis fehlt. Wir suchen eine
Person, die antwortet.
Florian (16), Schüler einer 10. Klasse aus Hamburg fragt:
Liebe Profifußballer, warum verdient ihr mehr als Ärzte?
Neven Subotić, 34, Ex-Profi bei Borussia Dortmund und in der serbischen
Nationalelf, antwortet:
Als Profi habe ich diese hohen Gehälter bekommen. [1][Als ich jünger war,
war es schwierig für mich, damit umzugehen.] Ich habe schnell viel Geld
ausgegeben, mir teure Autos gekauft und viel Party gemacht. Irgendwann habe
ich mich aber gefragt, woher dieses Geld kommt und wie fair das eigentlich
alles ist.
Das Geld im Fußball kommt aus mehreren Quellen. Zum einen sind es die
Verkäufe, also Tickets, Trikots und anderes Merchandise. Zum anderen sind
es [2][Sponsoren] und [3][Fernsehrechte]. Durch die globale Vermarktung der
Clubs gibt es auch immer mehr Investoren, die am Fußball mitverdienen
wollen und Geld in die Vereine pumpen. So etwas gibt es im Gesundheitswesen
nicht, Ärzt*innen verkaufen keine Trikots und kriegen auch keine
Werbedeals.
Nach außen rechtfertigen die öffentliche Aufmerksamkeit, der hohe
Konkurrenzkampf und der Leistungsdruck die riesigen Gehälter. Diese Aspekte
treffen aber nicht nur auf Fußballer zu. Eine Freundin von mir ist
Stabhochspringerin, lebte mit 30 noch bei ihren Eltern und kassierte nie
solche Gehälter, obwohl sie als Olympia-Athletin unter noch größerem
Konkurrenzdruck steht und auch mehr Zeit in den Sport investiert hat als
ich. Im Profisport sind also hohe Gehälter keine Selbstverständlichkeit.
Der Fußball ist allerdings so durchkommerzialisiert, dass es sich schnell
so anfühlt.
Auch durch Kontakt zu Mitarbeitenden aus meinem Verein ist mir aufgefallen,
dass mein Gehalt absurd hoch ist. Wir als Spieler sind, im Gegensatz zu den
Angestellten, für den Club und damit für die Geldgeber unentbehrlich und
werden übermäßig bezahlt, während andere im selben Verein für Mindestlohn
arbeiten. Diese Debatte konnte ich allerdings nicht im Verein führen, da es
ein klares Abhängigkeitsverhältnis zu den Investoren und Sponsoren gibt.
Sie sollen nicht verärgert werden. Gesellschaftskritische Diskussionen und
das Konzept des Profifußballs in Frage zu stellen kommen da gar nicht gut
an. Das habe ich auch gespürt, wenn ich mich mal kritisch geäußert habe.
Allein diese Frage hier öffentlich zu beantworten, wäre in meiner aktiven
Zeit riskant gewesen.
Für mein Arbeitsumfeld waren all diese Gegebenheiten völlig normal. Wir
wurden nicht dafür bezahlt, um etwas zu hinterfragen. Es geht den meisten –
nicht allen – Aktionären um Fußball als Instrument zur Gewinnmaximierung
und nicht um den Fußball als Sport.
Es gibt nämlich Konzepte, wie das Geld aus den Profiligen für die
[4][Förderung des Amateur- und Frauenfußballs] genutzt werden kann. Vereine
müssten auf Geld verzichten, damit sich der gesamte Fußball
weiterentwickeln kann. Diese Vision hat im Profifußball aber keine Chance.
Zu meiner aktiven Zeit habe ich versucht, ein Spielerbündnis zu bilden, um
über genau diese Ansätze und [5][Probleme im Fußball] mit Fußballspielern
zu reden. Es bestand großes Interesse bei den Spielern, da es im
Profibereich in Deutschland noch nie so eine Plattform gegeben hat.
Ich war also nicht allein mit meiner Haltung, es besteht Gesprächsbedarf
und der Wille, etwas am System Profifußball zu ändern. Allerdings habe ich,
nachdem ich diese Initiative gegründet habe, keine Angebote mehr aus
Deutschland erhalten und musste deshalb ins Ausland wechseln. Das System
des Profifußballs zu verändern ist also schwierig, wenn man noch mittendrin
steckt.
Häh? Fragen Sie sich auch manchmal: Warum, um alles in der Welt, machen
diese Leute so was? Wir helfen bei der Antwort. Schicken Sie Ihre Frage an
[6][[email protected]].
27 May 2023
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## AUTOREN
Tim Kemmerling
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