| # taz.de -- Geplante Lauterbach-Entführung: „Russlandfreund“ statt „Reic… | |
| > Im Prozess gegen die „Vereinten Patrioten“ spricht ein Angeklagter über | |
| > Umsturzpläne. Der Regierungswechsel sollte unblutig sein. | |
| Bild: Ein mutmaßliches Mitglied der Terrorgruppe wird am Dienstag in den Verha… | |
| Koblenz taz | Fünf Angeklagte aus der Reichsbürger- und Conronaleugnerszene | |
| müssen sich seit [1][vergangener Woche vor dem Oberlandesgericht Koblenz] | |
| verantworten. | |
| Die Anklage der Bundesanwaltschaft lautet auf Gründung einer | |
| Terroristischen Vereinigung und den Versuch, mit einer schweren | |
| staatsgefährdenden Gewalttat in Deutschland einen Umsturz herbeizuführen. | |
| Unter anderem sollte den Plänen nach [2][Bundesgesundheitsminister Karl | |
| Lauterbach (SPD) mit Gewalt entführt] werden. | |
| Die Pläne und Vorbereitungen waren [3][im April 2022 aufgeflogen], als der | |
| Angeklagte Thomas O. in Neustadt an der Weinstraße auf dem Parkplatz eines | |
| Baumarkts Waffen übernehmen wollte. Die „Patrioten“ waren auf einen | |
| verdeckten Ermittler des rheinland-pfälzischen Landeskriminalamts | |
| hereingefallen. | |
| ## Ausschweifende Polemik | |
| Zum Prozessauftakt hatten mehrere Verteidiger deshalb die Einstellung des | |
| Verfahrens beantragt. Mit seinem Waffenangebot habe „Mark“ vom LKA die Tat | |
| provoziert; bis zum Zeitpunkt der Übergabe der Waffen sei noch gar keine | |
| Vereinigung gegründet gewesen, so die Argumentation der Verteidiger. | |
| Diese Lesart wies der Senat am Mittwoch entschieden zurück. Eine | |
| „rechtswidrige Tatprovokation“ könne sie nicht erkennen, sagte die | |
| Vorsitzende Richterin Anne Kerber. Auch die übrigen Anträge, die | |
| Verhandlung in einen größeren Saal zu verlegen und die Sitzungen | |
| aufzuzeichnen, lehnte sie ab. Der Prozess habe keine herausragende | |
| zeitgeschichtliche Bedeutung, „da [4][die Umsturzpläne] nicht in die Tat | |
| umgesetzt worden sind“, stellte sie fest. | |
| Doch der Angeklagte B, ein Fachmann für Buchhaltung mit NVA- Vergangenheit, | |
| der das Kommando „Klabautermann“ gegen Bundesminister Lauterbach führen | |
| sollte, sieht sich offenbar doch als Person der Zeitgeschichte. Er nutzte | |
| den zweiten Verhandlungstag für ein stundenlanges Klagelied über die | |
| Zumutungen seines Lebens: Der lieblose und prügelnde Adoptivvater, die | |
| verlorene schöne Zeit bei der Oma in der DDR, dann die Unzulänglichkeiten | |
| der politischen Alltags im Westen, von der Verschwendung von Lebensmitteln | |
| über die misslungene Integration in einer „Multi-Kulti-Welt“ bis zum | |
| Drogenkonsum. Es gab kaum ein Thema, das er nicht kommentierte. | |
| Ausschweifend polemisierte er gegen die Institutionen von Deutschland, der | |
| EU und deren Akteure. Zu seiner politischen Haltung gab er eher vage zu | |
| Protokoll. „Ich bin ein Russlandfreund“, die Bundesregierung bezichtigte er | |
| der „Kriegstreiberei“. Ein „Reichsbürger“ sei er jedenfalls nicht, sag… | |
| und wies die Zuordnung zu diesem Milieu als „Diffamierung“ zurück. „Wir | |
| haben Wege gesucht, die nach unserer Meinung einzig gültige Verfassung | |
| wieder in Kraft zu setzen“. Laut Anklage wollten er und seine | |
| Mitangeklagten die Verfassung des Kaiserreichs von 1871 wieder in Kraft | |
| setzen, allerdings ohne Kaiser. „Kaiserreichsgruppe“ treffe die Sache | |
| deshalb schon eher, so B. vor Gericht. | |
| ## Urteil noch nicht absehbar | |
| Der Verteidiger des redseligen Angeklagten, Philipp Grassl, ergänzte, dass | |
| sein Mandant niemanden habe verletzten oder töten wollen. Er habe aber | |
| keinen anderen Ausweg mehr gesehen, so Grassl. Wegen illegaler | |
| Einwanderung, „Zwangsimpfung unter Führung eines Bundeswehrgenerals“ sei B. | |
| verzweifelt gewesen. Sein Ziel sei ein unblutiger Regierungswechsel | |
| gewesen, „wie beim Mauerfall in der DDR“, so Anwalt Grassl. Ob sich B., wie | |
| sein Verteidiger meint, tatsächlich auf ein „Recht auf Widerstand nach Art | |
| 20 Art. 4“ berufen kann, wird der Senat am Ende des Verfahrens entscheiden. | |
| Thomas K., der laut Anklage mit [5][Anschlägen das Stromnetz] ausschalten | |
| und mit dem „Blackout“ die Bevölkerung auf den Umsturz vorbereiten sollte, | |
| wurde in Koblenz von Rechtsanwalt Patrick Schladt weniger offensiv | |
| vertreten. Der Verteidiger erinnerte den Senat vorsichtshalber daran, dass | |
| in diesem Verfahren die Tatanteile und die individuelle Schuld jedes | |
| einzelnen Angeklagten nachgewiesen und bewertet werden müssten, trotz „der | |
| großen Töne, die nach Gewalt klingen“. | |
| Bis Januar 2024 sind weitere Verhandlungstermine angesetzt. Wann es ein | |
| Urteil geben wird, ist derzeit noch nicht absehbar. | |
| 24 May 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christoph Schmidt-Lunau | |
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