Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Razzia in Bad Bramstedt: Reichsbewegter Querdenker in U-Haft
> Das LKA nimmt einen Unterstützer der „Vereinten Patrioten“ fest. Er
> gehört wohl zu der Gruppe, die geplant hatte, Karl Lauterbach zu
> entführen.
Bild: Elisabeth R., wohl die Anführerin der Gruppe, steht mit fünf weiteren B…
Hamburg taz | Das Landeskriminalamt (LKA) hat am Mittwoch einen 66-jährigen
Mann im schleswig-holsteinischen Bad Bramstedt festgenommen. Der
Verdächtige sitzt nun in Untersuchungshaft. Er soll [1][den „Vereinten
Patrioten“], einer Gruppe von Reichsbürger:innen, angehören, die geplant
hatte, an einem sogenannten Tag X Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach
zu entführen. Die Mitglieder der Gruppe hätten „billigend in Kauf
genommen“, dabei die eingesetzten Personenschützer:innen des
SPD-Ministers zu töten, sagt Liddy Oechtering, Sprecherin der
Generalstaatsanwaltschaft Hamburg.
Dem Beschuldigten aus Schleswig-Holstein hält die Generalstaatsanwaltschaft
vor, mutmaßlicher Unterstützer einer terroristischen Vereinigung zu sein,
da er seine Bereitschaft zur Mitwirkung versichert und auch an einem
Gruppentreffen teilgenommen haben soll. Ihm wird auch vorgeworfen, im
Oktober 2023 einen scharfen Revolver mit zugehöriger Munition besessen zu
haben.
Am Mittwoch hatte das LKA sowohl die Wohnung als auch das Wohnmobil des
Verdächtigen durchsucht. Beweise seien sichergestellt worden, eine Waffe
hätten die Ermittelnden bisher aber nicht gefunden, sagt Oechtering. Auch
am Donnerstag seien die Ermittlungen weitergelaufen.
Die Gruppe, der er angehören soll, hatte geplant, mit der Entführung des
Ministers und Sprengstoffanschlägen auf die Energieversorgung einen Umsturz
herbeizuführen. Der bundesweite Stromausfall sollte über Wochen andauern,
um eine Reaktion der Sicherheitsbehörden zu erschweren und
Berichterstattung durch die Medien zu verhindern. In der Zeit wollten sie
ein autoritär geprägtes Regierungssystem nach dem Vorbild der Verfassung
des Deutschen Reiches von 1871 errichten.
## Großer Gerichtsprozess läuft seit Mai in Koblenz
Das Netzwerk „Vereinte Patrioten“ soll Elisabeth R. aus dem sächsischen
Flöha anführen. Seit dem 17. Mai steht die pensionierte Lehrerin und
habilitierte Theologin [2][mit vier weiteren Beschuldigten vor dem
Oberlandesgericht Koblenz]. Die Beschuldigten bewegen sich im
Reichsideologie- und Querdenken-Spektrum. Elisabeth R. selbst sprach von
„Corona-Weltkrieg“ und „Krypto-Juden“.
[3][Im Oktober war die Generalstaatsanwaltschaft erneut gegen die Gruppe
vorgegangen]: In Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Hessen,
Bayern und Baden-Württemberg fanden zeitgleich Razzien statt. Einen
52-jährigen Mann und eine 32-jährige Frau nahmen die Ermittelnden in
Rheinland-Pfalz fest. Der Mann steht unter Verdacht, Hochspannungsleitungen
ausgekundschaftet zu haben, die Frau soll über Chatgruppen versucht haben,
neue Mitglieder zu akquirieren.
Das Ermittlungsverfahren gegen den Mann aus Bad Bramstedt wurde – wie
weitere Verfahren gegen Verdächtige der Gruppe – gesondert von dem Prozess
geführt, erklärt Oechtering.
Diese neue Mischszene, der die Verdächtigen wohl angehören, etablierte sich
mit der Pandemie und bewegt sich zwischen Reichsideologie, Querdenken und
Rechtsextremismus. Einzelne radikalisierten und organisierten sich weiter –
bis zur Militanz. Nachdem die „Vereinten Patrioten“ im April 2022
aufgeflogen waren, folgte am 7. Dezember die „Patriotische Union“.
## Auch die „Patriotische Union“ spricht von „Tag X“
Dieses Netzwerk um Heinrich XIII. Prinz Reuß wollte – ebenfalls an einem
Tag X – den Bundestag stürmen, Abgeordnete festsetzen und Stromanlagen
zerstören, um einen Umsturz herbeizuführen. Reuß sollte eine neue Regierung
anführen. Auch die Mitglieder dieser Gruppe gingen davon aus, dass Menschen
dabei zu Tode kommen könnten. Auf die Gruppe stieß man durch die
Ermittlungen zu den „Vereinten Patrioten“.
Die Ermittelnden gehen von 69 Mitgliedern oder Unterstützer:innen der
„Patriotischen Union“ aus. Im Norden sind ein Ex-Polizeibeamter, der für
die Partei „Die Basis“ zur Bundestagswahl 2021 kandidierte, eine
Heilpraktikerin und ein Holocaust-Relativierer involviert.
Die „Vereinten Patrioten“ scheinen außer dem 66-Jährigen nicht mehr
Mitglieder zu haben – nach bisherigen Ermittlungen.
30 Nov 2023
## LINKS
[1] /Geplante-Lauterbach-Entfuehrung/!5933504
[2] /Geplante-Lauterbach-Entfuehrung/!5935362
[3] /Terrorgruppe-Vereinte-Patrioten/!5965854
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
Reichsbürger
Razzia
Untersuchungshaft
"Querdenken"-Bewegung
Verschwörungsmythen und Corona
Karl Lauterbach
Schwerpunkt Rechter Terror
Kolumne Der rechte Rand
Kolumne Der rechte Rand
Schwerpunkt Rechter Terror
Reichsbürger
Reichsbürger
## ARTIKEL ZUM THEMA
Geplante Entführung von Karl Lauterbach: Mitverschwörer angeklagt
Fünf Mitglieder der Gruppe, die den Bundesgesundheitsminister entführen
wollten, stehen bereits Gericht. Nun ist eine weitere Anklage erhoben
worden.
Querdenker*innen vor Gericht: Videobotschaft an die Fangemeinde
Einige Stars der Querdenken-Bewegung müssen sich vor Gericht verantworten.
Sie machen daraus ein neues Thema für ihre Anhänger*innen.
Linken-Anfrage zu Rechtsextremismus: Rechtsterroristen legal bewaffnet
Die Reichsbürgergruppe um Heinrich Prinz Reuß besaß mindestens 62 Waffen
legal. Sie planten, den Bundestag gewaltsam zu stürzen.
Geplante Lauterbach-Entführung: „Russlandfreund“ statt „Reichsbürger“
Im Prozess gegen die „Vereinten Patrioten“ spricht ein Angeklagter über
Umsturzpläne. Der Regierungswechsel sollte unblutig sein.
Geplante Lauterbach-Entführung: Wirrer Auftritt der Angeklagten
In Koblenz stehen Coronaleugner wegen eines gescheiterten Staatsstreichs
vor Gericht. Die Angeklagten zählen zum sogenannten Reichsbürgermilieu.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.