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# taz.de -- Serie „Juan Carlos“ über Monarchie: Spanien als Failed State
> Die Serie „Juan Carlos – Liebe, Geld, Verrat“ behandelt
> Korruptionsvorwürfe gegen den ehemaligen spanischen König. Der hat das
> Land längst verlassen.
Bild: Der Spanische König Juan Carlos
Natürlich ließe sich mit hochgezogener Augenbraue auf die Mitteilung
reagieren, die Gebrüder Beetz hätten für Sky ein Stück über [1][Spaniens
König Juan Carlos] gedreht. Und dann gleich auch noch eine vierteilige
Miniserie! Doch dass der mit diversen Grimme- und anderen Preisen
ausgestattete [2][Christian Beetz] und sein Team jetzt auf den Spuren der
Goldenen Blättchen mit Herz wandeln, muss zum Glück niemand ernsthaft
befürchten.
Wer Beetz („Cleaners“, „Rohwedder“) kennt, weiß: Da steckt noch viel m…
dahinter. Wobei die deutsche [3][Affinität fürs Royale] und die wenig
investigative Ausprägung der hiesigen Adelsfachpresse die eine oder den
anderen Mitmischer*in in der königlichen Saga um den abgestürzten
Thronhelden aus dem Hause der Bourbonen schon in trügerische Sicherheit
gewiegt haben dürfte.
Beetz, sein Showrunner Georg Tschurtschenthaler und Creative Producerin
Anne von Petersdorff liefern mit „Juan Carlos – Liebe, Geld, Verrat“ aber
keinen Adelskitsch, sondern knallhartes Dokutainment. Das international
(„Juan Carlos – The Fall of a King“) natürlich einen viel besseren Titel
trägt.
Bei der Berlinale 2020 hatte Beetz den spanischen Autor und Regisseur Pedro
Bardillo kennengelernt. „Der sprach mich an, ob ich nicht Interesse hätte,
mich mit Juan Carlos zu beschäftigen. Ich habe höflich geantwortet, dass
ich keine Royal-Filme mache und mich so was nicht interessiert. Aber als er
dann mehr von der dunklen Seite von Juan Carlos erzählte, war ich
gefangen“, sagt Beetz.
## Faible für Luxus und Großwildjagd
Denn da ist der einstige Reform-Monarch, der zwar unter Franco ausgebildet
wurde, aber dann eine Kehrtwende machte und Spanien erfolgreich in eine
parlamentarische Demokratie führte. Ein Liebling der Frauen mit tapferer
Gattin, einem Faible für Luxus und Großwildjagd bei vergleichsweise
schmalem Salär als König. Aber dafür mit einem an Patricia Schlesinger
gemahnenden Habitus des „Jetzt steht mir auch mal etwas zu!“.
Was dazu führte, dass Juan Carlos laut New York Times über die Jahre rund
1,8 Milliarden an höchst fragwürdigen Geldern zusammengesammelt hat.
Außerdem war er über viele Jahre mit einer Deutschdänin liiert, die er wohl
wirklich liebte. Doch daraus wurde nichts. Heute ist Corinna zu
Sayn-Wittgenstein die Kronzeugin der Doku.
„Juan Carlos – Liebe, Geld, Verrat“ ist ein rasanter Lauf durch die jüng…
Geschichte Spaniens, das fast als Failed State daherkommt. „Der König
genießt laut Verfassung totale Immunität. Deswegen ist Juan Carlos ja auch
nie etwas passiert. Jeder Ansatz ist sofort im Keim erstickt worden, weil
er als König auch die Chefs der Geheimdienste einsetzte“, sagt Beetz. „Und
die waren dafür da, hinter ihm aufzuräumen.“
Einer von ihnen packt am Ende des Films aus. José Manuel Villarejo saß im
Gefängnis, weiß mehr, als er sagt, und schützt sich durch Information. „Das
ist sein Prinzip. Wir haben ein Treffen gehabt, mussten alle Handys
abgeben, und dann ging es in abhörsichere Räume in einem Madrider
Restaurant“, so Beetz: „Und er sagte, er hat da noch mehr.“
## Geheimnisse in schwarzen Koffern
Villarejo hatte Corinna zu Sayn-Wittgenstein Details über Juan Carlos’
Finanzgebaren entlockt. Als 2018 die Aufnahmen des Gesprächs publik wurden,
half Juan Carlos nicht mal mehr, dass er schon 2014 abgedankt und das
Zepter an Sohn Felipe weitergereicht hatte. 2020 ging er ins Exil in die
Vereinigten Arabischen Emirate. Auch Sayn-Wittgenstein schützt ihr Wissen.
Sie hortet in den vor ihr so genannten „Black Boxen“ vermutlich noch weit
mehr als nur Juan Carlos’ einstige Liebesbriefe.
Dass prompt im Film große schwarze Koffer zu sehen sind und es auch die ein
oder andere gestellte Szene gibt – geschenkt. Wir sind bei Sky, und dass
der deutsche Zweig des Pay-Imperiums sich dieses Stoffs als investigativer
True-Crime-Doku annimmt, ist alle Achtung wert. „Die Geschichte ist aus
Spanien nicht erzählbar“, sagt Christian Beetz.
Ein anderer großer Streamer hatte aus Rücksicht auf „Government Relations“
seine Begeisterung für den Stoff schnell wieder verloren. Und bei den
Öffentlich-Rechtlichen hierzulande scheint weiterhin eher die heile Welt
der blaublütigen Konjunktur zu haben, wie sich bei der Thronbesteigung von
Charles III. zeigte. „Dabei ist das spanische Königshaus viel interessanter
und politischer als der Winkeonkel aus UK“, kommentiert Beetz trocken.
So politisch übrigens, dass Sky im Vereinigten Königreich den Serienstart
aus juristischen Bedenken erst mal verschoben hat. In Spanien läuft die
Serie, die übrigens als einziger deutscher Beitrag Premiere beim
internationalen Serienfestival Cannesseries im April hatte, dagegen seit
Montag bei SkyShowtime.
In einer früheren Version des Beitrags hieß es, Corinna zu
Sayn-Wittgenstein habe sich schon als neue spanische Königin gesehen. Wie
uns die PR-Berater von Corinna zu Sayn-Wittgenstein, die aktuell vor dem
Londoner High Court gegen Juan Carlos I vorgeht, mitteilen, trifft dies
nicht zu. Corinna zu Sayn-Wittgenstein sei vielmehr der Auffassung, der
König eines katholischen Landes hätte sich nie scheiden lassen.
24 May 2023
## LINKS
[1] /Ex-Monarch-Juan-Carlos-I-in-Spanien/!5852293
[2] /Einigkeit-und-Mord-und-Freiheit-von-Netflix/!5716680
[3] /Monarchie-in-Spanien/!5851232
## AUTOREN
Steffen Grimberg
## TAGS
Spanien
Juan Carlos
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Dokumentation
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