# taz.de -- Investitionen in Erneuerbare in Kenia: Andere Seite des Vorzeigepro… | |
> Bundeskanzler Scholz lobt Kenia als Klimavorreiter. Die Zivilgesellschaft | |
> berichtet jedoch auch über Menschenrechtsverletzungen bei den Projekten. | |
Bild: Bundeskanzler Olaf Scholz lässt am Samstag im kenianischen Olkaria den B… | |
taz | BERLIN Einiges hat [1][Olaf Scholz bei seinem Besuch von Afrikas | |
größtem Geothermiewerk in Olkaria, Kenia], am Samstag nicht gesehen. Etwa, | |
dass beim Bau von Olkaria auch Menschenrechte der indigenen Gemeinde der | |
Maasai verletzt wurden. Während der deutsche Bundeskanzler Kenia als | |
„inspirierenden Klimachampion“ lobte, kritisieren zivilgesellschaftliche | |
Organisationen nicht nur, dass ihre Arbeit und die der Presse durch die | |
politische Führung eingeschränkt wird. | |
Sie sagen auch, dass Investitionen in erneuerbare Energien nicht immer | |
„gerecht“ verlaufen. Dabei betonen Deutschland und die EU immer wieder, im | |
Kampf gegen den Klimawandel eine „gerechte Energiewende“ unterstützen zu | |
wollen, etwa mit den Just Energy Transition Partnerships und Energie- und | |
Entwicklungspartnerschaften, wie auch mit Kenia. | |
Purity Nyaguthii verbindet mit dem Geothermiewerk Olkaria, das auch von | |
Deutschland finanziert wird, viel Frust. Die Anwältin engagiert sich bei | |
der Menschenrechtsorganisation Impact für die Rechte von indigenen Völkern | |
und leitet dort die Abteilung für verantwortungsvolle Investitionen, | |
Wirtschaft und Menschenrechte. „Olkaria ist eine sehr traurige Geschichte“, | |
sagt sie der taz am Telefon. | |
## Lebensraum der Maasai durch Umsiedlung verschlechtert | |
Diese Geschichte beschäftigt die Organisation schon viele Jahre. Für den | |
Bau des Werks wurden zwischen 2012 und 2014 über 1.000 Maasai von ihrem | |
Land vertrieben. Die Anwohner kritisieren, dass sie über die Pläne vorher | |
nicht ausreichend informiert worden seien. Dabei hätten die Regelungen bei | |
den größten Investoren des Projekts – der Weltbank und der Europäischen | |
Investment Bank – dies auch damals schon vorgesehen. | |
Zudem sei das Land für den Bau nicht rechtmäßig erworben worden, so die | |
Maasai. Anwohner, die nach einer ersten Einigung umgesiedelt wurden, hätten | |
nun nur noch die Hälfte der Fläche zur Verfügung. Zudem sei der Boden in | |
den neuen Gebieten auch weniger fruchtbar, was die Ernährungssicherheit der | |
Gemeinde bedrohe. Auch der Weg zur nächsten Stadt sei weiter. Viele der | |
Hirten seien aber auf Nebeneinkünfte angewiesen, die sie dort | |
erwirtschaften. Die Maasai kritisieren außerdem, dass die Anlage die Luft | |
verschmutze, was negative Auswirkungen auf ihre Viehbestände habe. | |
## Auch die Weltbank stellte Verstöße fest | |
Mittlerweile gibt es einige Dokumente, die den Fall beleuchten. 2015 | |
bestätigte [2][ein Bericht der Weltbank], dass Rechte der Maasai verletzt | |
worden seien, darunter nicht ausreichende Konsultation und Umsiedlung „in | |
Ländereien, die weniger geeignet waren als ihre alten Lebensräume“. 2016 | |
gab es [3][eine formale Einigung] zwischen dem staatlichen | |
Energieunternehmen KenGEN, welches das Geothermiewerk Olkaria betreibt, und | |
der Maasai-Gemeinde. | |
Doch [4][einige der Punkte seien bis heute nicht erfüllt], kritisiert | |
Nyaguthii. 2019 verloren die Maasai ein Gerichtsverfahren zu den | |
Landtiteln. [5][Im Kampf um ihr Landrecht hoffen sie nun auf Hilfe der | |
Vereinten Nationen]. | |
„Die Prozesse dauern zu lange“, sagt Nyaguthii, „diese Investitionen | |
zwingen die Gemeinden immer wieder, vor Gericht zu gehen, und die | |
Gerichtsverfahren in diesem Land sind sehr langwierig, sehr mühsam und sehr | |
teuer“, kritisiert sie. „In den meisten Fällen ist der Schaden bereits | |
angerichtet, selbst wenn ein Urteil ergeht, kommt es zu spät. | |
## Indegene Völker sollten von den Projekten profitieren | |
Ein [6][Bericht des Business & Human Rights Resource Centre von 2022] | |
zeigt, dass Olkaria kein Einzelfall in Kenia ist. Der Bericht stellt sechs | |
grüne Energieprojekte vor, in denen Menschenrechtsverletzungen dokumentiert | |
wurden. Häufig geht es um die Rechte indigener Völker, unzureichende | |
Konsultation und negative Auswirkungen auf Ernährungssicherheit und | |
Lebensumstände der Gemeinde. | |
„Wir wollen auch, dass wir auf saubere Energie umsteigen, aber die | |
Energiewende sollte gerecht sein“, sagt Nyaguthii. Investoren von | |
erneuerbaren Energien sollten nicht die Fehler der fossilen Industrie | |
wiederholen. Ein gerechter Übergang bedeute, dass Gemeinden schon bei | |
Beginn der Projekte miteinbezogen werden und auch davon profitieren. | |
9 May 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Bundeskanzler-in-Afrika/!5932564 | |
[2] https://documents1.worldbank.org/curated/en/302011468001152301/pdf/100392-I… | |
[3] https://www.eib.org/attachments/complaints/sg-e-2014-07-olkaria-i-iv-mediat… | |
[4] https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/14678802.2021.2000806 | |
[5] https://spcommreports.ohchr.org/TMResultsBase/DownLoadPublicCommunicationFi… | |
[6] https://media.business-humanrights.org/media/documents/2022_Renewable_Energ… | |
## AUTOREN | |
Leila van Rinsum | |
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