| # taz.de -- Waffenlieferungen an die Ukraine: Schneller, höher, weiter | |
| > Auf seiner Europareise wurde Wolodymyr Selenskyj umfangreiche | |
| > Militärhilfe zugesagt. Sein Wunsch nach Kampfjets bleibt bislang aber | |
| > unerfüllt. | |
| Bild: Wolodymyr Selenskyj beim Treffen mit dem britischen Premier Rishi Sunak a… | |
| Berlin taz | Unter dem Titel „Waffen, Geld, Nato – Was Wolodymyr Selenskyj | |
| auf seiner Europatournee erreicht hat“ bilanzierte der Kyjiwer Politologe | |
| Wladimir Fesenko dieser Tage in einem Kommentar für das Webportal focus.ua | |
| die Kurzbesuche des ukrainischen Präsidenten in vier europäischen | |
| Hauptstädten. | |
| Sein Fazit fällt positiv aus, vor allem im Hinblick auf die bevorstehende | |
| ukrainische Gegenoffensive sowie den G7-Gipfel in Hiroshima an diesem | |
| Wochenende. Fesenko erwähnt [1][das Rekordrüstungspaket der Bundesregierung | |
| in Höhe von 2,7 Milliarden Euro], die Bildung einer „Kampfjetkoalition“ | |
| sowie die Unterstützung für Selenskyjs Friedensformel. | |
| Besagten Plan hatte Selenskyj im vergangenen November vorgelegt. In | |
| Ergänzung dazu machte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba unlängst | |
| klar, was nicht zur Disposition steht: jegliche territoriale Zugeständnisse | |
| der Ukraine an Russland sowie die Akzeptanz eines eingefrorenen Konfliktes. | |
| Zumindest für Kyjiw ist die Bedeutung der Floskel „As long as it takes“ | |
| damit einmal mehr geklärt. „Intensive Diplomatie ist zu Selenskis | |
| Markenzeichen geworden“, schreibt Fesenko. „Mindestens genauso wichtig ist, | |
| dass diese auch konkrete Ergebnisse erbringt.“ | |
| Mit leeren Händen ist Selenskyj von seiner Rundreise nicht in die Ukraine | |
| zurückgekehrt, doch der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Auf den ersten | |
| Blick liest sich zum Beispiel Berlins Liste beeindruckend: weitere 20 | |
| Marder, 30 Leopard-1-Panzer, 18 Radhaubitzen, 200 Aufklärungsdrohnen, vier | |
| Iris-T-SLM-Flugabwehrsysteme samt Munition sowie zwölf | |
| Iris-T-SLM-Startgeräte mit Hunderten Lenkflugkörpern, Artilleriemunition | |
| sowie 100 gepanzerte Gefechtsfahrzeuge. Doch die alles entscheidende Frage | |
| ist: Bis wann könnte was beschafft oder produziert und geliefert werden? So | |
| ist von mindestens mehreren Monaten die Rede – Zeit, die die Ukraine nicht | |
| hat. | |
| ## Erwartungen zurückschrauben | |
| Auch was die [2][„Kampfjetkoalition“] angeht, sollte Kyjiw, das schon | |
| länger entsprechende Forderungen stellt, seine Erwartungen wohl | |
| zurückschrauben. Noch am vergangenen Dienstag hatte die britische Regierung | |
| angekündigt, im Verbund [3][mit den Niederlanden eine internationale | |
| Koalition zu schmieden], um die Ukraine in der Beschaffung von | |
| F-16-Kampfjets zu unterstützen. Einen Tag später klang das bei einem | |
| Berlinbesuch des britischen Verteidigungsministers Ben Wallace schon | |
| anders. Großbritannien könne allenfalls in der Ausbildung ukrainischer | |
| Piloten helfen, sagte er. Ähnlich hatte sich kurz zuvor auch Frankreichs | |
| Präsident Emmanuel Macron geäußert. | |
| Laut einem offiziellen ukrainischen Vertreter, den die New York Times | |
| zitiert, hätten die Niederlande vorsichtig signalisiert, F-16-Jets an Kyjiw | |
| liefern zu wollen. Schlössen sich Dänemark und Belgien an, könnten es laut | |
| der britischen Denkfabrik International Institute for Strategic Studies | |
| (IISS) mindestens 125 F-16 sein. | |
| Doch dafür braucht es grünes Licht aus den USA. Am Freitag meldete die | |
| US-Nachrichtenagentur CNN, dass Washington bereit sei, eine Exporterlaubnis | |
| zu erteilen, sollten seine europäischen Verbündeten darum ersuchen. Kurz | |
| darauf hieß es, US-Präsident Joe Biden habe auch Unterstützung für die | |
| Schulung ukrainischer Piloten an F-16-Kampfjets aus amerikanischer | |
| Produktion bekundet. Diese Entscheidung sei am Freitag bei privaten | |
| Unterredungen mit Staats- und Regierungschefs der sieben führenden | |
| Industrieländer [4][auf dem G7-Gipfel in Hiroshima] gefallen. | |
| ## Rote Linien | |
| Was die Frage eigener Lieferungen von F-16-Kampfjets angeht, hat Washington | |
| für sich eine rote Linie gezogen. Doch derer gab es, zu Beginn des Krieges | |
| vor allem auch in Berlin, in der Vergangenheit schon so einige. Die | |
| US-Tageszeitung Politico will aus dem Umfeld der Biden-Administration von | |
| Planspielen erfahren haben, wonach sich Washington auf das Szenario eines | |
| eingefrorenen Konfliktes vorbereite – ein politisch durchaus | |
| erstrebenswertes Ziel. | |
| Denn es würde bedeuten, dass die Zahl der militärischen | |
| Auseinandersetzungen genauso sinken würde wie die Kosten der Unterstützung | |
| für Kyjiw. Auch die öffentliche Aufmerksamkeit für den Krieg ginge zurück, | |
| was zu weniger Rechtfertigungsdruck bei politischen Entscheidungen führen | |
| könnte. | |
| Michael F. Oppenheimer, Professor für internationale Beziehungen an der | |
| Universität in New York, mahnt mehr Klarheit der US-Politik gegenüber der | |
| Ukraine an. Washington müsse sich entscheiden: sich nicht zufriedengeben, | |
| bis Russland die Ukraine verlässt und für seine Verbrechen zur | |
| Verantwortung gezogen wird, oder sich mit einem fragilen Übergangsfrieden | |
| und einem anhaltenden Patt begnügen, was Russland weiter schwächen, jedoch | |
| nicht unbedingt zu einem klaren Sieg der Ukraine führen würde. | |
| Was die USA wollen, fragen sich auch viele Ukrainer*innen. Sie sind | |
| zusehends verunsichert. Dieses Gefühl dürfte auch Selenskyj zum Ausdruck | |
| bringen, der jetzt doch am Sonntag zum G7-Gipfel nach Japan reisen will. | |
| Und er wird wieder insistieren: auf der Lieferung von F-16-Kampfjets. | |
| 19 May 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Barbara Oertel | |
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