| # taz.de -- Urteil gegen ehemaligen Grünen-Politiker: Kinderkopfhörer auf Fra… | |
| > Ehemaliger Bezirkspolitiker und Ex-Lebensgefährte der Justizsenatorin | |
| > wird in Hamburg wegen Untreue, Betrug und Urkundenfälschung verurteilt. | |
| Bild: „Politisch in Sippenhaft genommen“: Senatorin Gallina mit Ex-Lebensge… | |
| Hamburg taz | Rosen zum Muttertag, rosa Kinderkopfhörer, reichlich EDV und | |
| Restaurantbesuche – all das und noch viel mehr hat der Lokalpolitiker | |
| Michael Osterburg [1][auf Kosten der grünen Bezirksfraktion Hamburg-Mitte | |
| abgerechnet]. Das Hamburger Landgericht hat ihn dafür in 113 Fällen zu | |
| einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. | |
| Osterburg muss sich zwei Jahre bewähren, die Prozesskosten tragen und | |
| 10.000 Euro Schadenersatz bezahlen. Die Staatsanwaltschaft hatte eine | |
| Bewährungsstrafe von zwei Jahren gefordert. | |
| In der am Mittwoch vorgetragenen Urteilsbegründung wurde noch einmal | |
| deutlich, mit welcher Konsequenz, Nonchalance und Dreistigkeit Osterburg | |
| als damaliger Vorsitzender in die Kasse seiner Fraktion gegriffen hat. Das | |
| betrifft den Charakter der Anschaffungen, die zum Teil ganz offensichtlich | |
| nichts mit der Fraktionsarbeit zu tun hatten. Es setzt sich fort in den zum | |
| Teil prominenten Gesprächspartnern, mit denen er Essen gewesen sein will, | |
| und [2][gipfelt in fiktiven Abrechnungen zur Kinderbetreuung, | |
| einschließlich] gefälschter Unterschriften. | |
| „Wir haben es mit einem zutiefst ambivalenten Verfahrensgegenstand zu tun“, | |
| sagte der Richter André Hienzsch einleitend. Einerseits gehe es um eine | |
| Provinzposse, bei der ein Lokalpolitiker seine Mettbrötchen als | |
| Geschäftsessen habe abrechnen lassen, andererseits um eine ungewöhnlich | |
| hohe Anzahl von Fällen über den ungewöhnlich langen Zeitraum von vier | |
| Jahren. | |
| Osterburg habe vielen Menschen geschadet: Seiner Fraktion, die zum Teil die | |
| Gehälter ihrer Mitarbeiter nicht habe bezahlen können; sich selbst, weil er | |
| zum Symbol einer angeblich korrupten Politikerkaste geworden sei; | |
| [3][seiner Lebensgefährtin, der Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne)], die | |
| politisch in Sippenhaft genommen worden sei. Dazu komme der emotionale | |
| Schaden: Wie es sich wohl anfühle, wenn man ein Weihnachtsgeschenk aus | |
| veruntreuten Geldern bekommen habe, fragte der Richter. | |
| ## Skandal Hummeressen | |
| Mit einem gewissen Sinn für Humor fasste Hienzsch die Zeugenaussagen über | |
| die Geschäftsessen zusammen, die sich in sechs Kategorien fassen ließen: | |
| „Ich kenne Herrn Osterburg nicht. Ich habe Herrn Osterburg niemals | |
| getroffen. Ich habe dieses Restaurant nie betreten. Osterburg hat mein | |
| Essen nicht bezahlt. Das Treffen war rein privater Natur.“ | |
| Zum Teil ergebe sich aus der Natur der Belege, dass es kein Geschäftsessen | |
| hätte sein können, etwa wenn ein Kinderteller oder nur eine einzige Portion | |
| und ein Getränk bestellt worden sei. „Ich habe meine Pizza mit Herrn | |
| Osterburg nicht geteilt“, gab der Richter eine Zeugenaussage wieder. Der | |
| höchste Einzelposten war ein später öffentlich skandalisiertes Hummeressen | |
| auf der Insel Malta, bei dem es um das Thema Seenotrettung gegangen sein | |
| sollte. | |
| Bei einem Teil der von Osterburg beschafften Computer und Drucker gestand | |
| ihm der Richter zu, dass er sie wohl auch für die Fraktionsarbeit verwendet | |
| habe. Osterburg müsse aber gewusst haben, dass [4][jedem Bezirkspolitiker | |
| eine IT-Pauschale zustehe]. „Ein Bezirkspolitiker muss technisch nicht | |
| besser ausgestattet sein als ein hauptamtlicher Richter am Landgericht“, | |
| sagte Hienzsch. Auch sei Kinderbetreuung schon an sich nur in engen Grenzen | |
| erstattungsfähig. | |
| Bei den 113 Fällen, die der Richter Osterburg zur Last legte, ging es | |
| 51-mal um Untreue, 51-mal um Untreue in Verbindung mit Betrug, sechsmal um | |
| Untreue und Urkundenfälschung, fünfmal um Untreue, Betrug und | |
| Urkundenfälschung. | |
| Strafmildernd wertete der Richter Osterburgs Geständnis. Zumindest beim | |
| zweiten Versuch habe er sich „klipp und klar zu seiner Verantwortung | |
| bekannt“. Osterburgs Kooperation habe das Verfahren mit 11.000 Blatt Akten | |
| und 160 Zeugen verkürzt. Er sei bisher völlig unbestraft; die jüngste Tat | |
| liege bereits vier Jahre zurück und er habe bereits 16.000 Euro an die | |
| Fraktion zurückgezahlt. Zudem sei seine Sozialprognose günstig. Gegen das | |
| Urteil sei eine Revision möglich. | |
| 17 May 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Gernot Knödler | |
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