# taz.de -- Rekommunalisierung in Braunschweig: Vorerst gescheitert | |
> Der Braunschweiger Rat will den Vertrag mit der Firma Alba zur | |
> Stadtreinigung verlängern. Eine Minderheit findet das riskant und teuer. | |
Bild: Hier geht nie die Arbeit aus: Müllentsorgung | |
HAMBURG taz | Die „Fraktion.BS“ im Rat der Stadt Braunschweig, die aus | |
Vertretern der Linken, der Partei und von Volt besteht, will die | |
Stadtreinigung in Braunschweig rekommunalisieren. Das sei besser für die | |
Stadt als der gegenwärtige Vertrag mit der privaten Entsorgungsfirma Alba. | |
Dabei verweist die Fraktion auf ein Gutachten, das die Stadtverwaltung zur | |
anstehenden Vertragsverlängerung hat anfertigen lassen. „Neu ist, dass | |
selbst die Gutachten zur Betrachtung der Wirtschaftlichkeit der | |
verschiedenen Handlungsoptionen inzwischen zu dem Ergebnis kommen, dass | |
eine Rekommunalisierung wirtschaftlich die günstigste Form sei“, heißt es | |
in einer Pressemitteilung der Fraktion.BS. | |
Die Stadt hat die Stadtreinigung – und damit die Zuständigkeit für die | |
[1][Abfallwirtschaft], die Straßenreinigung und den Winterdienst – im Zuge | |
einer Privatisierungswelle ab dem Jahr 2002 verkauft. Der [2][damalige | |
Oberbürgermeister Gert Hoffmann (CDU) verkaufte reihenweise städtische | |
Betriebe], um die Schuldenlast zu drücken und einen ausgeglichenen Haushalt | |
vorlegen zu können. Allerdings ergab ein [3][Gutachten, das Hoffmann selbst | |
in Auftrag gegeben hatte,] dass das auf lange Sicht ein schlechtes Geschäft | |
war. | |
Braunschweig hat einen Minderheitsanteil an der Stadtreinigung bereits im | |
Jahre 2000 verkauft, den Rest dann 2004. Alle fünf Jahre kann die Stadt den | |
Leistungsvertrag mit zwei Jahren Vorlauf kündigen, das nächste Mal zum Ende | |
diesen Jahres. | |
Am heutigen Dienstag soll der Rat eine Vorlage beschließen, nach der auf | |
eine Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt verzichtet werden soll. Der | |
Beschluss soll aber nur wirksam werden, wenn sich die Stadt mit Alba über | |
die Grundstücke einig wird, die sie an die Alba Braunschweig für den | |
Betrieb der Stadtreinigung überlassen hat. | |
Im Finanz- und Personalausschuss hat nur Udo Sommerfeld von der Fraktion.BS | |
gegen die Vorlage gestimmt. Ihm ist der Beschluss zu unkonkret. „Da steht | |
nur drin, wir machen irgendwas“, kritisiert er. Das könne alles oder nichts | |
heißen. | |
„Der Beschluss beinhaltet, dass bis Ende des Jahres einiges zu klären ist“, | |
räumt Frank Flake (SPD), der Vorsitzende des Finanz- und | |
Personalausschusses, ein. Das sei aber nach 20 Jahren Vertragslaufzeit auch | |
kein Wunder. | |
Sommerfeld stimmt sorgenvoll, [4][dass die Alba Braunschweig, die | |
Grundstücke an eine andere Gesellschaft im Alba-Konzern verkauft hat], ohne | |
die Stadt vorher darüber zu informieren. Dabei hatte die Stadt 2000 mit | |
Alba vereinbart, dass die Grundstücke nach Auslaufen des Leistungsvertrages | |
an die Stadt zurückfallen sollen. | |
Letzteres solle der zweite Teil des Beschlusses gewährleisten, indem das | |
Rückkaufsrecht im Grundbuch abgesichert wird, versichert Flake. Die | |
Stadtverwaltung will sich darüber im Grundsatz mit Alba bereits verständigt | |
haben. Das Gleiche gelte für die Übernahme der Lasten, die sich aus der | |
Alterszusatzversorgung der nach dem Tarif des öffentlichen Dienstes | |
beschäftigten Mitarbeiter ergeben. | |
Mit Blick auf das von der Fraktion.BS herangezogene Vergleichsgutachten | |
räumt Flake ein, dass ein kommunaler Eigenbetrieb aus steuerlichen Gründen | |
günstiger wirtschaften könnte als eine private Firma. Das sei jedoch mit | |
Blick auf das Jahr 2025 nicht relevant, weil die Stadt binnen zwei Jahren | |
keinen Eigenbetrieb auf die Beine stellen könnte, selbst wenn sie es | |
wollte. | |
Anders sehe das mit Blick auf das Jahr 2030 aus. Schon aus | |
vergaberechtlichen Gründen müssten die Leistungen der Stadtreinigung dann | |
neu ausgeschrieben oder eben in kommunaler Regie erbracht werden. | |
Auch Lisa-Marie Jalyschko von den Grünen kann die Kritik der Fraktion.BS | |
nachvollziehen. Eine Kündigung jetzt wäre aus ihrer Sicht aber riskant. | |
Eine grundsätzliche Weichenstellung brauche Zeit. „Für eine konzeptionelle | |
Neuausrichtung reichen zwei Jahre nicht aus“, warnt Jalyschko. | |
Sommerfeld dagegen kommt das arg bekannt vor. „Vor fünf Jahren war es das | |
gleiche Spiel“, sagt er. Fünf Jahre sei Zeit gewesen für eine fachliche | |
Vorbereitung. Aber offenbar wollten die anderen Fraktionen die | |
Zusammenarbeit mit Alba bis zum Ende ausreizen. Das Schlimmste für ihn wäre | |
eine Neuausschreibung in fünf Jahren. | |
16 May 2023 | |
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## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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