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# taz.de -- Geflüchtete an Übergängen zu Österreich: Weiter Grenzkontrollen
> Innenministerin Faeser lässt Grenzen nach Österreich weiter
> kontrollieren. Grund sei die Zunahme unerlaubter Einreisen.
Bild: Menschen am Grenzübergang in Salzburg-Freilassing während der „Flüch…
Berlin taz | An diesem Freitag ändert sich nichts an der Grenze zwischen
Deutschland und Österreich. Denn Deutschland hat die 2015 eingeführten
Grenzkontrollen [1][erneut verlängert]. Der Weiter-so-Beschluss des
Innenministeriums tritt an diesem Freitag in Kraft. Es ist schon lange
fraglich, ob diese permanente Verlängerung mit EU-Recht vereinbar ist. Ein
Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom April 2022 [2][verstärkte
diese Zweifel aber massiv].
Dass die EU im Prinzip ein Raum ohne Binnengrenzen und Grenzkontrollen ist,
gilt als eine der zentralen europäischen Errungenschaften. Nur
ausnahmsweise und vorübergehend können Grenzkontrollen wieder eingeführt
werden. Die Voraussetzungen sind derzeit im Schengener Grenzkodex geregelt,
einer EU-Verordnung von 2016. So können bei Gefahren für die innere
Sicherheit Grenzkontrollen bis zu 30 Tagen eingeführt werden, maximal bis
sechs Monate. Bei Problemen mit den Kontrollen an den EU-Außengrenzen
können sechsmonatige Grenzkontrollen an den EU-Binnengrenzen eingeführt
werden, verlängerbar bis maximal zwei Jahre.
Die Grenzkontrollen an der Grenze nach Österreich haben alle Fristen längst
überschritten. Kontrolliert wird dabei vor allem an den drei
Autobahnübergängen Kiefersfelden, Walserberg und Suben. Nach Angaben des
ADAC finden allerdings nur Stichprobenkontrollen statt. Die Wartezeit
beträgt oft weniger als fünf Minuten, deshalb halten sich die Proteste der
Autofahrer:innen im Rahmen.
Allerdings hat im April letzten Jahres ein EuGH-Urteil die ständig
wiederholte Verlängerung der Grenzkontrollen erschwert. Konkret ging es um
einen Fall aus Österreich, doch die Grundsätze gelten für die ganze EU.
Auch in Österreich gelten schon seit 2015 an den Grenzen zu Ungarn und
Slowenien immer wieder verlängerte Grenzkontrollen. Der Vorarlberger Jurist
Stefan Salomon hielt diese Grenzkontrollen für illegal und weigerte sich
2019, bei der Einreise aus Slowenien seinen Pass zu zeigen. Gegen die
Strafe von 36 Euro klagte er, weshalb der Fall letztlich in Luxemburg beim
EuGH landete.
## Eigentlich keine Auswirkungen?
Der EuGH entschied, dass die Obergrenze von sechs Monaten bei Gefahren für
die öffentliche Sicherheit streng zu verstehen ist. Nach Ablauf von einem
halben Jahr können Grenzkontrollen nur dann aufrechterhalten werden, wenn
sie auf eine „neue ernsthafte Bedrohung“ für die öffentliche Sicherheit
gestützt werden, „die sich von der ursprünglich festgestellten
unterscheidet“.
Innenministerin Nancy Faeser (SPD) betont, dass sie das EuGH-Urteil bei
der Verlängerung der deutschen Grenzkontrollen zu Österreich jeweils
berücksichtigt habe. Im Oktober 2022 führte sie die laxe Visavergabe durch
Serbien als „neue Bedrohung“ an. In diesem April verwies sie auf die
„erhebliche Zunahme“ von unerlaubten Einreisen (92.000 Fälle in 2022 nach
57.600 Fällen in 2021).
In der aktuellen Flüchtlingskrise können die Grenzkontrollen eigentlich
keine Auswirkung haben. Denn wer an der Grenze Asyl beantragt, kann laut
Schengen-III-Verordnung der EU einreisen, damit anschließend das zuständige
Asylland festgestellt wird. Laut Innenministerium wird dennoch pro Monat
eine vierstellige Zahl von Ausländern an der Einreise gehindert, im Sommer
2022 waren es jeweils rund 1.250 Personen. Gegenüber der Bundespolizei
haben sie angeblich kein Schutzgesuch erwähnt.
Die Linken-Abgeordnete Clara Bünger, die solche Zahlen regelmäßig abfragt,
ist misstrauisch. Sie kann nicht glauben, dass selbst Syrer, die in
Deutschland immer Schutz erhalten, keinen Antrag gestellt haben sollen.
Nicht erfasst ist allerdings, wie viel der Zurückgewiesenen beim nächsten
Mal einen Asylantrag stellen oder wie viele dann einfach über die grüne
Grenze einreisen.
12 May 2023
## LINKS
[1] /Deutsch-oesterreichische-Grenze/!5928139
[2] /EuGH-Urteil-betrifft-auch-Deutschland/!5851244
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Nancy Faeser
Schwerpunkt Flucht
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Geflüchtete
Schengen-Raum
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