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# taz.de -- Gewalt in der Filmbranche: Und wieder schweigen die Mitwisser
> Wenn übergriffiges Verhalten von Promis ans Tageslicht kommt, heißt es
> fast immer: Das war ein offenes Geheimnis. Warum sagt niemand etwas?
Bild: Jonathan Majors gewalttätiges Verhalten sei schon lange bekannt gewesen,…
Jonathan Majors, David Choe, F. Murray Abraham, zuletzt Til Schweiger: In
den vergangenen Wochen überschlugen sich die Meldungen über prominente
Männer, die sich gewalttätig verhalten haben sollen. Diese Art von Meldung
wird oft mit dem Hinweis begleitet, dass es sich dabei um ein „offenes
Geheimnis“ handele.
Über Jonathan Majors (Marvel) etwa hieß es auf [1][Twitter], sein brutales
Verhalten gegenüber Frauen sei bekannt gewesen. Und David Choe (aus dem
[2][Netflix]-Hit „Beef“) hatte im Jahr 2014 in einem [3][Podcast] sogar
detailliert beschrieben, wie er eine Masseurin vergewaltigt haben soll
(später bezeichnete er das als Witz). Wenn das Verhalten dieser Männer seit
Jahren bekannt ist – warum sagt dann niemand was?
Ich meine damit übrigens nicht die Opfer. Dass sie schweigen, wundert mich
[4][seitdem Amber Heard im vergangenen Jahr durch den Dreck gezogen wurde],
noch viel weniger. Aber dass gewalttätige Männer jahrelang mit ihrem
Verhalten durchkommen, bedeutet nun mal, dass viele Menschen weggucken oder
sie sogar decken. Durch ihr Schweigen tragen sie eine Mitschuld. Sie
stützen dadurch unsere Rape Culture, die sexualisierte Gewalt nicht
sanktioniert, was wir spätestens seit dem System Harvey Weinstein wissen.
Und make no mistake: Auch wenn ich über die Filmindustrie schreibe, kommt
das in jeder Branche vor.
## Auch Rassismus spielt eine Rolle
Schauen wir uns den Fall David Choe an. „Beef“ ist eine unglaublich
erfolgreiche und wirklich gute Serie, die angenehm klischeefrei von Asian
Americans erzählt. Entsprechend haben gerade (aber nicht nur!) Asian
Americans „Beef“ direkt nach Veröffentlichung hart abgefeiert. Dann kam
heraus, dass David Choe diesen, nun, „Witz“ gemacht hatte. Und dass die
Hauptdarsteller*innen Ali Wong und Steven Yeun mutmaßlich davon
wussten aber trotz der massiven Kritik hartnäckig schweigen. Viele sind
enttäuscht und kritisieren den Nepotismus, der hinter dem Casting stand.
Denn seien wir ehrlich: Choes Rolle hätte locker jemand anderes spielen
können.
Die Geschichte ist aber komplexer, denn dass der Aufschrei beim Schwarzen
Jonathan Majors und dem Asian American David Choe so groß war, [5][während
Weiße trotz bekannt gewordenem gewalttätigen Verhalten] (Ezra Miller oder
Brad Pitt) ohne Konsequenzen durch Hollywood spazieren, fügt dem eine
rassistische Komponente hinzu. Das bedeutet nicht, dass man mit Majors oder
Choe Mitleid haben sollte. Aber dass unsere Rape Culture auch rassifiziert
ist, ist nicht von der Hand zu weisen.
Was also sind die Konsequenzen? Majors wurde aus mehreren Projekten
geschmissen. Doch solange immer wieder herauskommt, dass Täter jahrelang
gedeckt werden, glaube ich nicht an ernsthafte gesellschaftliche
Veränderungen, sondern nur an einen punktuellen Aufschrei, wenn zufällig
mal Fehlverhalten publik wird. MeToo hat frustrierend wenig verbessert.
1 May 2023
## LINKS
[1] /30-Jahre-World-Wide-Web/!5928953
[2] /Hype-um-Dokuserien/!5926350
[3] /taz-Podcast-klima-update/!5931267
[4] /Depp-gegen-Heard-vor-Gericht/!5850663
[5] /Cancel-Culture/!5925986
## AUTOREN
Isabella Caldart
## TAGS
Filmbranche
Schwerpunkt Rassismus
Machtmissbrauch
Gewalt
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