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# taz.de -- Deutsche China-Strategie: Blick nach Osten
> Das Gezänk zwischen SPD und Grünen über Baerbocks Asienreise war
> unwürdig. Immerhin erhöhte es die öffentliche Aufmerksamkeit für die
> Krisen in Asien.
Bild: Anstecker am Revers eines Delegationsteilnehmers, der Außenministerin Ba…
Eine Sternstunde deutscher Debattenkultur war das nicht. Rund um die
[1][Asien-Reise der Außenministerin] beharkten sich SPD und Grüne zu Hause
mal wieder mit Leidenschaft. Ausgezeichnet hat sich ihr Streit um den
richtigen Umgang mit China dadurch, dass er kilometerweit an den eigentlich
anstehenden Detailfragen vorbeiging.
Dabei gäbe es davon doch genug: Bei welchen Produkten sollte Deutschland
die Abhängigkeit von China besonders schnell abbauen? Wie stark soll der
Staat Unternehmen fördern, die andernorts alternative Fabriken aufbauen?
Wie stark soll er dagegen überhaupt noch private Investitionen in China
absichern? Eine konstruktive Debatte über all diese Punkte überdeckten vor
allem die Sozialdemokrat*innen mit so pauschalen wie falschen
Behauptungen, die Grünen wollten alle Brücken nach China abreißen.
Positiv lässt sich der Polemik aber immerhin eines zuschreiben: Reibung
erzeugt Aufmerksamkeit. Die Öffentlichkeit beschäftigt sich zunehmend mit
der krisenhaften Entwicklung in Asien und der Frage, was sie für
Deutschland bedeutet. Dafür gibt es verschiedene Faktoren: die Lage in der
Region an sich, die Ballung von Politiker-Besuchen nach der langen
Corona-Pause, die durch den Ukraine-Krieg erhöhte Sensibilität für
Großkonflikte, aber eben auch der Streit innerhalb der Koalition und jener
[2][in der EU].
Diese neue Aufmerksamkeit ist wichtig. Ohne ein Bewusstsein für die Region
in der deutschen Bevölkerung wird die Politik im Umgang mit der neuen
Großmacht China an Grenzen stoßen. Sie braucht den Rückhalt der
Öffentlichkeit, weil allein schon der präventive Abbau von Abhängigkeiten
nicht ohne Kosten und Mühen vonstatten gehen wird. Und sollte der Ernstfall
eintreten, reden wir noch mal von einer ganz anderen Dimension.
Greift China in den nächsten Jahren [3][Taiwan] an, muss der Westen
reagieren. Ein direktes militärisches Eingreifen käme für Deutschland genau
wie beim Ukraine-Krieg aber hoffentlich nicht in Frage. Waffenlieferungen
aus mittlerweile ziemlich leeren Depots wären auch nicht mehr drin. Bliebe
also als einzige Möglichkeit einer ernsthaften Antwort:
Wirtschaftssanktionen.
Auch wenn bis dahin tatsächlich erste Abhängigkeiten reduziert sein
sollten: Wirtschaftlich würde auch Deutschland selbst dadurch in eine Krise
fallen. Die Folgen wären viel dramatischer als aktuell die der
Russland-Sanktionen. Gleichzeitig ist die geografische und kulturelle
Distanz zu Taiwan viel größer als die zur Ukraine. Während die Politik
schon jetzt Mühe damit hat, in der Bevölkerung die Unterstützung für ihre
Strafmaßnahmen aufrechtzuerhalten, stünde sie im Falle Chinas vor einer
noch viel größeren Herausforderung.
Wohlgemerkt: würde, wäre, stünde. Die Sätze müssen im Konjunktiv stehen.
Ausgemacht ist ein Krieg schließlich nicht. Und so richtig die neue
Aufmerksamkeit ist, bringt sie doch auch eine Gefahr mit sich: dass die
Situation in Ostasien in Deutschland ausschließlich vor der Folie des
russischen Angriffskriegs wahrgenommen wird. Falls es so kommt, würden sich
die Fenster für Entspannung und Deeskalation komplett schließen – obwohl
sie genauso wichtig sind wie die Prävention für den Worst Case.
17 Apr 2023
## LINKS
[1] /Annalena-Baerbock-besucht-China/!5928130
[2] /Ukrainekrieg-dominiert-Besuch-in-China/!5923383
[3] /China-uebt-Blockade-Taiwans/!5924944
## AUTOREN
Tobias Schulze
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