# taz.de -- Spanisches Wohnungsgesetz: Mehrheit für Mietpreisdeckel steht | |
> Insgesamt 13 Monate Verhandlungen waren nötig, nun feiert die linke | |
> Minderheitsregierung einen großen Erfolg: Spanien wird | |
> mieterfreundlicher. | |
Bild: Pedro Sánchez kann sich mit seiner Minderheitsregierung über einen Meil… | |
Madrid taz | Nach über 13 Monaten intensiver Verhandlungen hat die in | |
Minderheit regierende spanische Linkskoalition die notwendige Unterstützung | |
kleinerer linker Parteien zusammen, um ein Wohnungsgesetz durchs Parlament | |
zu bringen. „Wir haben eine historische Einigung erzielt, um das erste | |
Wohnrechtsgesetz unserer Demokratie zu verabschieden“, machte der | |
sozialistische Ministerpräsident Pedro Sánchez auf Twitter öffentlich. „Wir | |
reagieren auf eines der Hauptanliegen der Bürger und stärken unseren | |
Sozialstaat“, fügte er hinzu. | |
In Spanien, wo „das Recht auf eine würdige und angemessene Wohnung“ in der | |
Verfassung festgeschrieben ist, steigen die Mieten, vor allem in den großen | |
Städten, seit Jahren unaufhörlich und haben längst Preise erreicht, die vor | |
allem für junge Menschen und Arbeitnehmer, die mit dem Mindestlohn von 1080 | |
Euro im Monat leben müssen, nicht mehr erschwinglich sind. | |
Das neue Gesetz will diese Preisspirale jetzt brechen. Für 2024 wird die | |
Mietsteigerung auf drei Prozent festgelegt. Damit schreibt das Gesetz eine | |
Dringlichkeitsmaßnahme aus dem Jahr 2022 fort. Damals wurde erstmals der | |
Mietpreise bei Neuvermietungen auf eine Steigerung von zwei Prozent | |
gedeckelt. Ab 2025 dürfen Mietersteigerungen nicht höher ausfallen als die | |
allgemeine Inflation. Dazu wird vom statistischen Amt ein Index | |
ausgearbeitet werden. | |
## Bis zu 90 Prozent der Mieteinnahmen sind dann steuerfrei | |
Für Stadtteile mit „angespannter Wohnungslage“ gelten besondere Regelungen. | |
Das sind Stadtteile, in denen die Mieter mehr als 30 Prozent ihres | |
Einkommens für die Miete aufbringen müssen und die Mietensteigerung in den | |
letzten fünf Jahren mehr als drei Prozent über der allgemeinen | |
Preissteigerung lag. Dort wird ein Mietpreisspiegel Pflicht, der sich an | |
den Mieten orientiert, die gültig waren, bevor die Mieten stärker als die | |
allgemeine Preissteigerung anzogen. Vermieter, die weniger als fünf | |
Wohnungen besitzen, können bei neuen Verträgen nur Mieten verlangen, die | |
auf der alten Miete vor der Preissteigerung beruhen – plus die zwei Prozent | |
pro Jahr seit 2022, drei Prozent für 2024 und ab dann plus dem neuen Index. | |
Vermieter von weniger als fünf Wohnungen bekommen Steuerermäßigungen, wenn | |
sie in „angespannter Wohnungslage“ bei einer Neuvermietung fünf Prozent | |
weniger Miete verlangen, als bisher. Bis zu 90 Prozent der Mieteinnahmen | |
sind dann steuerfrei. Für Großvermieter mit mehr als fünf Wohnungen können | |
die Regionen einen speziellen, strikteren Mietdeckel ausarbeiten. Bei | |
Neuvermietungen darf der Eigentümer die Maklerkosten nicht mehr auf den | |
Mieter abwälzen. Um leerstehende Wohnungen dem Mietmarkt zuzuführen, | |
ermöglicht das neue Gesetz den Gemeinden, die Immobiliensteuern für | |
ungenutzte Wohnungen um bis zu 150 Prozent zu erhöhen. | |
Das Gesetz hat allerdings ein Problem. Wohnungspolitik ist Ländersache, | |
also die der autonomen Regionen. Die Zentralregierung steckt nur den Rahmen | |
ab. Die konservative Partido Popular (PP) hat bereits jetzt angekündigt, | |
dass in den von ihnen regierten Regionen nicht automatisch alle Maßnahmen | |
umgesetzt werden. So kündigte [1][bereits 2022], als die Regierung begann, | |
Unterstützer für das Wohnungsgesetz zu suchen, der konservative | |
Bürgermeister von Madrid an, die Immobiliensteuern für leerstehende | |
Wohnungen auf keinen Fall erhöhen zu wollen. | |
## 50.000 Sozialwohnungen von der „Bad Bank“ Sareb | |
Der spanische Ministerpräsident will am kommenden Dienstag im Rahmen des | |
Ministerrats 50.000 zusätzliche Wohnungen als Sozialwohnungen anbieten. | |
Aktuell gehören sie der sogenannten „Bad Bank“ Sareb. Seit der | |
Bankenrettung und der Gründung der „Bad Bank“ musste ein Jahrzehnt | |
vergehen, damit die Regierung in einer Wohnungsnotsituation wie der | |
jetzigen endlich beschließt, die Sareb-Wohnungen in den öffentlichen | |
Mietbestand einzugliedern. 21.000 Wohnungen werden Gemeinden und Autonomen | |
Gemeinschaften zur Verfügung gestellt; 14.000 weitere Wohnungen, die | |
derzeit von Familien bewohnt werden, werden in das Sozialmietsystem | |
überführt und 15.000 werden auf Grundstücken gebaut, die Sareb gehören. | |
15 Apr 2023 | |
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[1] /Preissteigerungen-in-Staedten/!5801691 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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